Der Herr der Finsternis will die letzten beiden Zauber-Einhörner vernichten. Diese Wesen garantieren als Einzige Tageslicht und Wärme und die fürchtet der Herr der Finsternis wie der Teufel das Weihwasser. Verletzen aber kann man diese Tiere nur, wenn sie stehen bleiben.
Und so kommt es dem Bösen und seinen Helfern sehr gelegen, dass der junge Waldläufer Jack der Prinzessin Lili die Fabeltiere vorführen will. Ein Fehler! Das vorletzte Einhorn stirbt. Die Welt droht in die Dunkelheit zu stürzen …
Die Märchenwelt ist erotisch aufgeladen. Das ist keine neue Erkenntnis, schon der Kuss, mit dem Dornröschen aus dem ewigen Schlaf erweckt wird, gilt als so etwas wie die Erweckung der Frau aus der Jungfernschaft, und immer ist es ein holdes Antlitz, das den Zauber der Liebe in diesen Geschichten beschwört. In Ridley Scotts Märchenfilm steht der Eros im Mittelpunkt: Der Herr der Finsternis mit seinen zwei mächtigen Hörnern und dem gigantischen, feuerroten Brustkorb, dessen imposantes Kinn überdimensionierten Hoden gleichen, will nicht nur die Welt in ewige Dunkelheit tauchen. Er träumt auch Ewigkeiten, dass die Prinzessin, die als reine Unschuld gefeiert wird, sich ihm hingeben möge und eine kurze Zeit ist die auch bereit dazu; da wandelt sich ihr blütenweißes Kleid in ein schwarzes, knapp geschnittenes Gewand und ihr Antlitz strahlt in dunkler, schwarz geschminkter Lust. Aber nur kurz, es ist ja ein Märchen.
Ridley Scott hat rund 25 Millionen Dollar ausgeben dürfen, um seine Märchenwelt zum Leben zu bringen. Das Geld sieht man in jedem Bild. Nach der Uniformwelt der napoleonischen Kriege in Die Duellisten (1977), der dunklen Schreckenskammer eines Raumschiffs in Alien (1979) und einer trostlosen Zukunftsvision in Blade Runner (1982) hat er jetzt einen prachtvollen grün, blau, rot, gelb und weiß blühenden Märchenwald erschaffen, an dessen Rand der bedrohliche "Große Baum der Finsternis" steht, unter dessen Wurzelwerk sich ein gigantischer Tempel mit mächtigen Säulen und großen Standbildern von Dämonen mit grausigen Fratzen.
Durch den Wald tobt das Leben. Ein junge Prinzessin, von der unklar bleibt, welches eigentlich ihr Königreich ist. Auch einen König gibt es nicht, aber ein gar freundliches Bauernpaar, das im Wald lebt und die Prinzessin gerne beherbergt, aber schon immer öfter mahnt, sie müsse sich nun bald einen Prinzen suchen und ein eigenes Leben beginnen. Das hat sie längst. Der junger Waldläufer Jack reizt sie, mit dem sie zwischen Farnen und Bäumen neckisches Hasch mich spielt und der ihr dafür zwei Einhörner zeigt, was, wie sich rasch zeigt, ein Riesenfehler ist. Beide haben ihre Leidenschaft nur mäßig unter Kontrolle und prompt droht die ewige Dunkelheit über die Welt zu brechen. Tom Cruise (Der richtige Dreh – 1983; Die Outsider – 1983; Lockere Geschäfte – 1983; Die Kadetten von Bunker Hill – 1981), der mit seinem Unterhosentanz in Lockere Geschäfte eine erste Duftmarke als selbstbewusster Schauspieler mit Ideen gesetzt hat, zeigt als Jack Talent für physisches Kino und gewinnt mit seinem charmanten Lächeln. Newcomerin Mia Sara, die bisher nur einen Auftritt einer TV-Serienepisode hatte, wirkt noch überfordert von der gewaltigen Technik, die so ein Fantasy-Dreh mit sich bringt. Tim Curry, der den Herrn der Finsternis mit dem Testikel-Kinn spielt, ist unter seiner Maske nicht zu erkennen. Während Curry unter dem Make-Up blass bleibt, wirkt die Maske selbst angemessen bedrohlich. Zu diesen Hauptfiguren gesellen sich ein paar Zwerge, Gnome, ein Naturmagier und eine Elfe, die zwar als von Schauspielern gespielt werden – der Naturmagier von dem Deutschen David Bennett (Die Blechtrommel – 1979) – aber aussehen, als sei Jim Henson mit seinen Muppets an Bord.
Die Story ist eine klassische Märchengeschichte. Zwei reine Helden müssen das Ende der Welt verhindern und dafür gegen die geballten Kräfte der Finsternis antreten. Dabei bekommen sie Hilfe von unerwarteter Seite, aber schaffen schließlich das schier Unmögliche und retten die Welt. Jack und die Prinzessin spazieren am Ende Hand in Hand in einen furiosen Sonnenuntergang.
Die Dreharbeiten fanden unter anderem den Pinewood Studios in Iver Heath, England statt. Die Bühnenbauten dort (die berühmte "007-Bühne") brannten während der Dreharbeiten vollständig ab. Dies erzwang die Fertigstellung des Films auf teilweise hastig improvisierten Einrichtungen. Wegen dieser Umgestaltungen kam der Film erst am 18. April 1986 in die US-Kinos und erwies sich als finanzieller Flop an den US-amerikanischen Kinokassen. Mit einem Budget von 25 Millionen US-Dollar spielte er nur 16 Millionen US-Dollar wieder ein. Erst mit Beginn der weltweiten Vermarktung spielte er seine hohen Kosten ein.
Das Online-Lexikon Wikipedia schreibt: Die ursprüngliche Fassung des Regisseurs wurde aufgrund schlechter Preview-Ergebnisse um 18 Minuten gekürzt (auf 94 Minuten) und präsentiert ein wenig plausibles Ende. Erst im Jahre 2002 erschien in den USA ein Director's Cut (englische Sprache), der die ursprüngliche Fassung wiederherstellt (113 Minuten). Es existieren insgesamt 3 veröffentlichte Versionen des Films, von denen der 2002 herausgegebene Director's Cut als endgültige Referenz gilt (derzeit nur auf Englisch).
- Version "DC" (Director's Cut) Länge 113 Minuten: Geschnitten von Terry Rawlings und von Ridley Scott im Jahre 1985 als endgültige Fassung seiner Intention bestätigt. Die Filmmusik ist von Jerry Goldsmith.
- Version "EV" (Europäische Version) Länge 94 Minuten: Geschnitten von Terry Rawlings und Ridley Scott im Jahre 1985 als Reaktion auf die schlechte Resonanz des Preview-Publikums. Bei dieser Version wurde versucht, den Gehalt des DC soweit wie möglich zu bewahren und lediglich eine kürzere Laufzeit zu erzielen. Auch bei dieser Version ist die Filmmusik von Jerry Goldsmith.
- Version "AV" (Amerikanische Version) Länge 89 Minuten: Geschnitten von Terry Rawlings und Ridley Scott im Jahre 1985/86 für den amerikanischen Markt. Diese Version zeigt bedeutende inhaltliche Änderungen gegenüber der EV. Es handelt sich um gravierende Kürzungen sowie Hinzufügungen. Die Vorgaben zu den Änderungen wurden vom damaligen Präsidenten der Universal Studios, Sidney Sheinberg, gegeben. Die Filmmusik wurde komplett ersetzt durch eine andere Komposition, um ein jugendliches Publikum anzusprechen. Für diese amerikanische Version der Filmmusik wurde die zur damaligen Zeit in den USA sehr erfolgreiche Elektronik-Gruppe Tangerine Dream engagiert, die unter anderem neben ihrer instrumentalen Musik einen Song mit Jon Anderson von der Gruppe Yes aufnahmen. Ein weiterer Song im Film wurde von Brian Ferry beigesteuert.
Regisseur Ridley Scott auf der Leinwand
Sir Ridley Scott (* 30. November 1937 in South Shields, England) ist ein britischer Filmregisseur und Filmproduzent. Er gilt als einer der renommiertesten und einflussreichsten Regisseure und hat die Erzählweisen mehrerer Filmgenres geprägt.
Scott ist Eigentümer der 1995 gegründeten Filmproduktionsfirma Scott Free Productions.
- Die Duellisten (The Duellists, 1977)
- Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt (Alien, 1979)
- Blade Runner (Blade Runner, 1982)
- Legende (Legend, 1985)
- Der Mann im Hintergrund (Someone to Watch Over Me, 1987)
- Black Rain (Black Rain, 1989)
- Thelma & Louise (Thelma & Louise, 1991)
- 1492 – Die Eroberung des Paradieses – (1492 – Conquest of Paradise, 1992)
- White Squall – Reißende Strömung (White Squall, 1996)
- Die Akte Jane (G.I. Jane, 1997)
- Gladiator (Gladiator, 2000)
- Hannibal (Hannibal, 2001)
- Black Hawk Down (Black Hawk Down, 2001)
- "Tricks" (Matchstick Men, 2003)
- Königreich der Himmel (Kingdom of Heaven, 2005)
- Ein gutes Jahr (A good Year, 2006)
- American Gangster (American Gangster, 2007)
- Der Mann, der niemals lebte (Body of Lies, 2008)
- Robin Hood (Robin Hood, 2010)
- Prometheus – Dunkle Zeichen (Prometheus, 2012)
- The Counselor (The Counselor, 2013)
- Exodus: Götter und Könige (Exodus: Gods and Kings, 2014)
- Der Marsianer (The Martian, 2015)
- Alien: Covenant (Alien: Covenant, 2017)
- Alles Geld der Welt (All the Money in the World, 2017)
- The last Duel (The last Duel, 2021)
- House of Gucci (House of Gucci, 2021)
- Napoleon (Napoleon, 2023)