1924: In Danzig wird Oskar Matzerath geboren, ein frühreifes, hellhöriges Bürschchen. Zu seinem dritten Geburtstag bekommt Oskar eine Blechtrommel geschenkt. An diesem Tag beschließt er aus einer grundsätzlichen Verweigerungshaltung heraus, sein Wachstum einzustellen, indem er sich die Kellertreppe hinunterstürzt.
Geistig und männlich entwickelt er sich sehr wohl weiter, doch seine körperliche Erscheinung schafft von diesem Tag an automatisch eine gewisse Distanz zwischen Oskar und der Welt der „Erwachsenen“. Leidenschaftlich revoltiert der anarchische Zwerg auf seiner Blechtrommel gegen fanatische Nazis und deren feige Mitläufer …
Günther Grass‘ Romanvorlage zu verfilmen, gilt als unmöglich. Zu verschachtelt, zu aufgeladen mit bizarren Ereignissen, als dass sich daraus ein Struktur für ein Drehbuch machen ließe. Volker Schlöndorff (Die verlorene Ehre der Katharina Blum – 1975) beweist mit seinem Fim, dass das Buch nicht verfilmbar ist, es sich aber lohnt, Grass‘ Bilderwelten für das Kino dramaturgiwsch aufzuarbeiten.
Es ist aufregend, sich in dieser Welt vor, während und nach dem Nazi-Terror umzuschauen. Es ist lustig, den spinnerten Figuren aus Danzig zu folgen, dem tumben, aber liebenswerten Kolonialwarenhändler Alfred Matzerath, dem der wuchtige Mario Adorf mit rheinischem Dialekt zu Leibe rückt. Der zerbrechlichen Agnes, die Alfred heiratet, die Beziehung zu ihrem Cousin aber weiterführt und der Angela Winkler gewohnt somnambul entrückt Gesicht und Stimme leiht. Diese Welt, beobachtet aus der Welt eines erwachsenen, Menschen mit kindlicher Perspektive. Was bei Grass ein geschickter Erzählkniff ist, wirkt im Film schwer bemüht. Nicht, dass David Bennent, der den schweren Part dieses jungen Erwachsenen spielen muss, nicht grandiose Szenen hätte. Aber seine Texte aus dem Off sind ob der nicht ausgebildeten Stimme schwer zu verstehen, und Szenen, in denen der tatsächlich 13-jährige Junge einen zärtichen Erwachsenen spielen soll, gleiten vollends ins Groteske.
Es bleibt unklar, inwieweit das geplant war, aber diese Groteske spiegelt sich in vielen Szenen und Bildern wider, die der Film aneinanderreiht; eine dramaturgisch begründete Handlung ist nicht festzustellen, die Entwicklung kommt von außen, ganz im Sinne des (auch) nur beobachtenden Jungen ist keine der Hauptfiguren handelnde Person; sie alle werden getrieben – Geschichte machen andere.
Schlöndorff hat die Romanvorlage auseinander genommen, nur zwei der drei Bücher filmisch übersetzt und auch die Rahmenhandlung, in der klar wird, dass Oskar, als er die Geschichte aus dem Off erzählt, in einer Heilanstalt sitzt, gestrichen. Die Frage, wie glaubwürdig der Junge ist, die sich im Buch durchaus stellt, stellt der Film nicht. Schlöndorff leistet sich die Freiheit, aus Grass‘ Schelmenroman das Zerrbild einer verzerrten Zeit zu entwerfen. Die gesellschaftlichen Vorgänge im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts mit zwei Weltkriegen sind bizarr genug, Schlöndorff malt die Bilder dazu und setzt das passende Personal hinein. Dabei schafft er Filmszenen für die Ewigkeit.
Wenn der kleine Oskar mit seiner Blechtrommel einen Nazi-Aufmarsch aus dem Takt bringt, bis die braun Uniformierten im Regen Walzer tanzen; wenn Oskar und Maria – die anbetungswürdige Katharina Thalbach – sich gegenseitig mit Brausepulver erotisieren; wenn der Junge mit irrem Blick und spitzem Schrei Glas zerspringen lässt. Das alles ist großes Kino. Es ist aber kein Kino für die Freunde von Geschichtenerzählern.
WIKIPEDIA über die verschiedenen Fassungen
- Die Kinofassung (24 fps) aus dem Jahr 1979 hatte eine Laufzeit von ca. 142 Minuten.
- Die aus dem Jahr 2001 stammende Kinowelt-DVD bietet eine andere Schnittfassung als eine im deutschen TV (ARD) gezeigte Version. Die PAL-DVD (25 fps) hat ohne Abspann eine Laufzeit von 133 Minuten 44 Sekunden (135 Min. 47 Sek. mit Abspann), die ARD-Ausstrahlung (25 fps) vom 2. April 2006 hatte ohne Abspann eine Laufzeit von 137 Minuten 5 Sekunden (139 Minuten 4 Sekunden mit Abspann). Woher die ARD-Fassung stammt, ist bisher unbekannt. Bei der DVD handelt es sich aber wahrscheinlich um die Kinofassung. Für das Master der DVD wurde unter Aufsicht von Volker Schlöndorff direkt vom Originalnegativ abgetastet.[5] Eine Umrechnung der DVD-Laufzeit (mit Abspann) von 25 fps auf die 24 fps der Kinoauswertung ergibt eine Laufzeit von ca. 142 Minuten.
- Am 15. Juli 2010 veröffentlichte Kinowelt einen neuen, ca. 20 Minuten längeren „Director’s Cut“.[6] Die DVD (25 fps) hat eine Laufzeit von 156 Minuten, die Blu-ray (24 fps) von ca. 163 Minuten. Das zusätzliche Material wurde nachsynchronisiert.
- 1998 erstellte Arte eine Fernsehfassung mit akustischer Bildbeschreibung, gesprochen von Christel Körner.