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Plakatmotiv: True Grit (2010)

Klassischer Western, nichts
Neues, Gute Schauspieler

Titel True Grit
(True Grit)
Drehbuch Richard Curtis
nach dem gleichnamigen Roman von Charles Portis
Regie Ethan Coen + Joel Coen, USA 2010
Darsteller

Jeff Bridges, Hailee Steinfeld, Matt Damon, Josh Brolin, Barry Pepper, Dakin Matthews, Jarlath Conroy, Paul Rae, Domhnall Gleeson, Elizabeth Marvel, Roy Lee Jones, Ed Corbin, Leon Russom, Bruce Green, Candyce Hinkle u.a.

Genre Western
Filmlänge 110 Minuten
Deutschlandstart
24. Februar 2010
Inhalt

Der Vater der 14-jährigen Mattie Ross ist erschossen worden. Das junge Mädchen reist nach Fort Smith in Arkansas, um ihren Vater zu identifizieren und anschließend jemanden zu finden, der für sie den Mörder, einen gewissen Chaney, jagt und tötet. Also wendet sie sich an Marshall Rooster Cogburn, ein Revolverheld, der zum Trinker mutiert ist. Gemeinsam mit dem jungen Texas Ranger La Boeuf, der sich ihnen anschließt, machen sie sich auf den Weg.

Nachdem Cogburn und LaBoeuf die Jagd schon aufgegeben haben und LaBoeuf sich nach einem Streit verabschiedet hat, kommt es zu einer Begegnung zwischen Mattie Ross und Chaney. Es gelingt Mattie, Chaney zu verwunden. Trotzdem wird sie von ihm überwältigt und zu seinen Kumpanen verschleppt …

Was zu sagen wäre

Die alten Helden sind müde und die neuen Helden Maulhelden. Der neue Film der Coen-Brüder ist eine Neuverfilmung des gleichnamigen Romans von Charles Portis, den Henry Hathaway schon 1969 mit John Wayne als True Grit – Der Marshal verfilmt hat. Portis hat seinen Roman 1968 veröffentlicht. Im Kino war die Zeit der glatten Westernhelden mit den rasierten Gesichtern lange vorbei. Der Italowestern hatte dem Genre ein böses, zynisches Uplift verpasst.

Aus den gebrochenen Helden der großen John-Ford-Western waren schweigsamer Killer geworden. Entsprechend kaputt war auch der Marshall in Portis' Romanvorlage, die John Wayne dann zu einer seiner großen Spätrollen inspirierte. Jetzt hat sich Jeff Bridges die Augenklappe des versoffenen Marshalls übergestreift. Aber die erste Viertelstunde des Films ruht allein auf den Schultern einer 14-jährigen Newcomerin. Und es hat nicht den Anschein, als ob Hailee Steinfeld das sonders beeindruckt hätte. Sie ist glaubhaft und der Zuschauer folgt ihr wie selbstverständlich auf ihrer Suche nach einem Mann, der den Mord an ihrem Vater rächen könnte. Da wirkt die verkaterte Was-geht's-mich-an-Attitüde, mit der Jeff Bridges in den Film einsteigt fast so, als wolle der – oder die Produzenten – rasch ein Gegengewicht schaffen; schließlich ist Steinfeld nur eine Nebenrolle. Das gelingt nicht.

Jeff Bridges spielt den versoffenen Marshall als dauerbrabbelnden Zyniker (TRON: Legacy – 2010; Männer, die auf Ziegen starren – 2009; Iron Man – 2008; The Door in the Floor – 2004; Rufmord – Jenseits der Moral – 2000; Arlington Road – 1999; The Big Lebowski – 1998; Liebe hat zwei Gesichter – 1996; White Squall – Reißende Strömung – 1996; Spurlos – 1993; König der Fischer – 1991; "Die fabelhaften Baker Boys" – 1989; Tucker – 1988; Starman – 1984; Tron – 1982; Heaven's Gate – 1980; King Kong – 1976; Mr. Universum – 1976; Die Letzten beißen die Hunde – 1974; Die letzte Vorstellung – 1971). Aber die Zeit gebrochener Helden in gebrochenen Western scheint ähnlich vorbei wie die von fröhlichen Abenteurern in Westernkulisse etwa in Silverado. Vielleicht hat der Western als solches keine Kraft mehr?

Ich schaue Bridges zu und es bleibt Jeff Bridges, er wird nie Rooster Cogburn. John Wayne vor 42 Jahren war insofern Rooster Cogburn, als dass John Wayne mit Augenzwinkern und Augenklappe einen alternden John-Wayne-Helden spielte. Das war damals ein alternder Westernheld, der sein Image karikierte. Heute ist das ein großartiger Schauspieler, der einen versoffenen alten Mann spielt. Das Kino hat mittlerweile aber so viele versoffene Cowboys/Gambler/Hustler/Männer/Frauen mit dem Herz am rechten Fleck ausgespuckt, dass eine verkaterte Säufer-Rolle keine innovative Eigenleistung mehr erfordert. Was Jeff Bridges für den Film bedeutet, zeigt er in wenigen Momenten, in denen er – plötzlich – nicht mehr der alte Buckel ist, bei dem man sich fragt „Kann der das?“, sondern der stahlkalte Mörder, der schon lange keine Fragen mehr vorweg schickt; Bridges beherrscht das mit links.

Bedauerlich ist, dass Matt Damon ungefähr zur Hälfte des Films einiger Zähne und nahezu seiner Zunge verlustig geht, nur um fünf Minuten später schon wieder manierlich sprechen zu können und dabei eine makellose Reihe weißer Zähne präsentiert. Unabhängig davon schafft es auch Damon nicht, seinem Großmaultexaner LaBoef mehr zu geben als eben das (Hereafter – Das Leben danach – 2010; Invictus – 2009; Ocean's Thirteen – 2007; Departed – Unter Feinden – 2006; Ocean's Twelve – 2004; Geständnisse – Confessions of a Dangerous Mind – 2002; Die Bourne Identität – 2002; Ocean's Eleven – 2001; All die schönen Pferde – 2000; Forrester – Gefunden! – 2000; Die Legende von Bagger Vance – 2000; Der talentierte Mr. Ripley – 1999; Dogma – 1999; Der Soldat James Ryan – 1998; Good Will Hunting – 1997; Der Regenmacher – 1997; Chasing Amy – 1997). Dass Matties Pferd nach einer für die Charakterisierung von Mädchen und Pferd ungemein wichtigen Flussdurchquerung nach dem nächsten Bildschnitt schon wieder eine trockene Mähne präsentiert … das gilt als Kritik sicher nicht; sind doch die Coen-Brüder auf dem Regie-Stuhl, die großen Genre-Disruptoren, die aus den Klassikern des Golden Hollywood neue Glanzstücke schaffen. Dem Western aber haben sie nicht hinzuzufügen.

Alles, was einen Western ausmacht, ist versammelt: selbst die Nebenrollen sind mit Kopfgeburten besetzt, die einfach zum Genre gehören – der feiste Händler mit dem Backenbart, der ungewaschene Gunslinger. "True Grit" bleibt ein gebauter Western, der sein Ziel, einen verzauberten Zuschauer, nicht erreicht. Die Coens präsentieren gekonntes Handwerk für den abgebrühten Zuschauer, den Handwerk mehr reizt als Story. Es sind schöne Bilder, genretypisch weitläufige Landschaften, es sind ausgesuchte Schauspieler, aber da ist kein Funke, der überspringt und gutes Handwerk zu einem großem Film verschmilzt.

Wertung: 4 von 7 €uro
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