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Plakatmotiv: König der Fischer (1991)

Überladener Film über Liebe, Lust, Frust,
Schuld, Unschuld, Erlösung und den Rest

Titel König der Fischer
(The Fisher King)
Drehbuch Richard LaGravenese
Regie Terry Gilliam, USA 1991
Darsteller
Jeff Bridges, Robin Williams, Amanda Plummer, Mercedes Ruehl, Michael Jeter, Tom Waits, Christian Clemenson, Kathy Najimy, John de Lancie, Adam Bryant, Paul Lombardi, David Hyde Pierce, Ted Ross, Lara Harris, Warren Olney, Frazer Smith, Kathy Najimy, Harry Shearer, Melinda Culea, James Remini, Mark Bowden, John Ottavino u.a.
Genre Komödie, Drama, Fantasy
Filmlänge 137 Minuten
Deutschlandstart
31. Oktober 1991
Inhalt

Der Radiomoderator Jack Lucas ist auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Er ist bekannt für seine scharfe Zunge und sein loses Mundwerk. Dennoch rufen Hörer in seiner Sendung an und lassen sich von ihm beraten. Eines Tages ruft Edwin an, und ausgelöst durch eine zynische Bemerkung von Jack über Yuppies läuft er in einer angesagten Bar Amok und richtet ein Blutbad an. Geplagt von Schuldgefühlen, versinkt Lucas in den folgenden Jahren in Selbstmitleid und stürzt in Alkohol und Schulden ab. Einzig die aufopfernde Liebe der Videothekenbesitzerin Anne, die verzweifelt gegen Jacks Launen kämpft, hat ihn nicht völlig abgleiten lassen.

Eines Abends lernt er den Obdachlosen Parry kennen, der ihm gemeinsam mit anderen Obdachlosen eher zufällig das Leben rettet. Jack stellt bald fest, dass Parry der ehemalige Literaturprofessor Henry Sagan ist, der seine Frau bei dem Massaker in der Bar verloren hat, an dem Jack sich schuldig fühlt. Davon überzeugt, er könne sein eigenes Leben nur dann wieder in geordnete Bahnen lenken, wenn er Parry hilft, fasst Jack den Plan, genau dies zu tun.

Damit beginnt die Suche nach dem heiligen Gral, mitten in New York. Parry hat ihn auf einem Foto in einem Architekturmagazin entdeckt: Der "Gral" steht im Bücherregal des Millionärs Langdon Carmichael, der in einem burgähnlichen Haus in Manhattan lebt. Jack hält diese Gralssuche für einen Scherz. Aber Parry begegnet immer wieder dem roten Ritter. Parry bildet sich ein, der rote Ritter, den außer ihm niemand sieht, meide ihn, solange Jack an seiner Seite ist. Jack hält das für Humbug, für den Wahnsinn eines aus dem Leben abgedrifteten Mannes. Jedenfalls werde nicht in das Haus irgendeines Mannes in New York eindringen und einen Pokal aus dem Regal klauen.

Also will er den Gral auf andere Weise zu Parry bringen. Parry hat sich auf der Straße in die Büroangestellte Lydia verliebt, eine unbeholfene, schüchterne Frau mit festem Tagesablauf. Jack beschließt, Parry ein Date mit Lydia zu verschaffen …

Was zu sagen wäre

Die Seele des Films ist weder der schnöselige Jack noch der lustige Parry. Die Seele des Films ist Anne, die Videothekenbesitzerin, der einzige echte Mensch in diesem überladenen Film. Jack Lucas, der Radiomoderator, ist ein seelenloser Idiot, der nach seinem Absturz in Selbstmitleid und Jack Daniels ersäuft, seiner Freundin, besagter Anne, auf der Tasche liegt und, als er seine Gralsmission erkannt hat, auf die Nerven geht, indem er ihr Parry ins Haus schleppt und ihr eine Aktion aufzwingt, in der Parry und Lydia sich in Annes Videothek kennenlernen sollen. Gefragt hat Jack nicht. Anne soll einfach spuren. Nach dem Treffen in Annes Videothek liegen aufgrund Lydias Tapsigkeit sämtliche Videokassetten auf dem Boden und die Kunden sind weg. Anne findet das zwar ätzend, aber sie liebt Jack, den Idioten, und also nimmt sie sich abends die schüchterne Lydia zur Brust, um mal von Frau zu Frau mit ihr zu reden. Als Jack und Parry auf der Bildfläche erscheinen, liegen beide Frauen kreischend vor Lachen auf dem Fußboden.

Mercedes Ruehl spielt diese Seele von einem Menschen ("Das andere Ich" – 1991; Die Mafiosi-Braut – 1988; Big – 1988; Das Geheimnis meines Erfolges – 1987; Radio Days – 1987; Sodbrennen – 1986). Terry Gilliam kleidet sie in enge Leopardenprint-Klamotten, aber selbst dieses etwas nuttige Outfit überspielt Ruehl mit der Grandezza einer Königin. Ohne sie würde dieses Monster von einem Film auseinanderfliegen. Denn neben Schnösel Jack haben wir noch Parry, der seit der Schießerei in der Bar, bei der er seine Frau verloren hat, eine andere Identität hat, Erinnerungssperren und die Vision eines feuerroten Ritters, der ihn durch die Straßen von New York hetzt. Und wir haben Lydia, gespielt von der entzückenden Amanda Plummer (Joe gegen den Vulkan – 1990; Garp und wie er die Welt sah – 1982), deren Auftreten auch eher nach Hilfe schreit, als Beständigkeit auszustrahlen.

"The Fisher King" ist ein komplexes Filmwerk über Schuld und Sühne, die Suche nach Erlösung, den Sinn des Lebens und den Wert von Freundschaft, also, um es kurz zu sagen: ein Film über alles und die Frage, was so eine Geschichte mit einem erfolgreichen Angler zu tun hat, den alle den König der Fischer nennen – natürlich nichts. Plakatmotiv (US): The Fisher King (1991) Parry erzählt diese Geschichte, nachts nackt im Central Park liegend, dem genervten Jack. Es ist eine Gralssuchgeschichte, in der ein alter König – eben: der Fischerkönig – verbittert und krank nach Jahrzehnten der erfolglosen Suche nach dem Gral in seinem Schloss sitzt. Ein Mann kommt des Wegs, erkennt den König nicht, fragt, was ihm fehle und der König sagt, er habe Durst. Darauf gibt der Fremde ihm einen Becher, der König trinkt und, schwupps, hält er den Gral in den Händen. Die Moral dieser Geschichte so ungefähr: Den Gral kann man nicht suchen. Man kann ihn nur finden. Und weil der Gral ein Synonym für Erlösung ist und sowohl Jack als auch Parry erlöst werden müssen von ihren Traumata, Komplexen, Selbsthass und Ängsten, ohne das zu wissen, heißt der Film von Terry Gilliam nun "The Fisher King" ("Die Abenteuer des Baron Münchhausen" – 1988; Brazil – 1985; Time Bandits – 1981; Die Ritter der Kokosnuss – 1975).

So komplex der Film, so unterkomplex an manchen Stellen das Drehbuch. Literaturtheoretisch gefragt: Welche Motivation treibt Jack zu Parry? Warum will er ihm unbedingt helfen? Antwort: Weil er, Jack, sich schuldig fühlt für den Tod von Parrys Ehefrau. Deshalb macht er sich, nachdem er von Parrys wahrer Tragödie erfahren hat, auf die lange Suche nach Parry, um ihm zu helfen. Und dann drückt er ihm 70 Dollar in die Hand? Und Jack, der einst erfolgreiche Radiomann, soll allen Ernstes glauben, dass 70 Dollar Parry helfen und sein eigenes schlechtes Gewissen töten? Nicht zu glauben. Aber Jeff Bridges spielt ihn ("Die fabelhaften Baker Boys" – 1989; Tucker – 1988; Starman – 1984; Tron – 1982; Heaven's Gate – 1980; King Kong – 1976; Mr. Universum – 1976; Die Letzten beißen die Hunde – 1974; Die letzte Vorstellung – 1971). Das lässt ahnen, dass dieser Jack kein so ganz großer Idiot ist. Aber er bleibt enervierend lange einfach ein selbstverliebtes Arschloch.

Das eigentliche Zentrum besetzen soll die Figur von Parry, der Obdachlose mit dem tragischen Schicksal, der sein Leben in die Hand nimmt, es genießt und die 70 Dollar, die Jack ihm in die Hand drückt, einfach dem nächsten Obdachlosen schenkt – „Aber er braucht sie und ich kann damit nichts anfangen.“ Ein Lebenskünstler, ein Weiser, ein Art Merlin ohne Zauberkünste. Robin Williams spielt ihn (Schatten der Vergangenheit – 1991; Zeit des Erwachens – 1990; Cadillac Man – 1990; Der Club der toten Dichter – 1989; Good Morning, Vietnam – 1987; Garp und wie er die Welt sah – 1982). Und das bedeutet, man bekommt immer auch Robin Williams, den großen Clown. Den mögen alle, weil er so witzig ist und so irrwitzige Assoziationsketten bilden kann. Es macht nur aus der Figur von Parry eine Robin-Williams-Figur mit Zeit des Erwachens-Herz. Das hat bei Good Morning, Vietnam gut funktioniert, weil der Radiomoderator Adrian Cronauer eine passende Robin-Williams-Figur war. Bei Parry stören diese Maschinengewehr-Witz-Salven mehr, als dass sie helfen.

Eingebettet ist dieses Erlöser-Märchen in ein Manhattan des Gegenlichts. Nachts strahlen einem immer irgendwelche Scheinwerfer in die Augen, den fauchenden Roten Ritter umgibt eine strahlend weiße Aureole und die schönste Entdeckung: Mitten in Manhattan steht ein rotes Märchenschloss.

Auf ihren Kern reduziert erleben wir im "König der Fischer" eine sich in die Länge ziehende Liebesgeschichte mit ein paar schönen Bildideen, selten sieht man ein Dinner im Chinarestaurant so witzig inszeniert; und wenn Lydia ihre Lage auf dem Karussell der Liebe beschreibt und mit dem Satz „Und dann verwandele ich mich langsam in ein Stück Dreck.“ endet, ist diese Traurigkeit im Kinosaal allumfassend.

Mercedes Ruehls Anne dagegen liebt. Punkt. Das ist ihr und unser Fels in der Brandung. Sie hält diesen Film wirklich zusammen.

Wertung: 6 von 10 D-Mark
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