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Plakatmotiv: Catch Me If You Can (2002)

Spiel-Film mit Spaß-Faktor
von Steven Spiel-Berg

Titel Catch me if you can
(Catch me if you can)
Drehbuch Jeff Nathanson
nach dem Buch "Catch Me If You Can: The Amazing True Story of the Youngest and Most Daring Con Man in the History of Fun and Profit" von Frank Abagnale & Stan Redding
Regie Steven Spielberg, USA, Kanada 2002
Darsteller

Leonardo DiCaprio, Tom Hanks, Christopher Walken, Martin Sheen, Nathalie Baye, Amy Adams, Jennifer Garner, Brian Howe, Frank John Hughes, Chris Ellis u.a.

Genre Drama, Komödie
Filmlänge 141 Minuten
Deutschlandstart
30. Januar 2003
Inhalt

So richtig glücklich war er als Kind wohl nicht. Frank W. Abagnale war stolz auf seinen Vater, der in den Rotary-Club aufgenommen wurde und von den beiden Mäusen in der Sahne erzählte – „Die eine ertrank, hatte aufgegeben. Die andere strampelte so heftig gegen das Ertrinken an, bis aus der Sahne Butter wurde und sie entkommen konnte.” Frank hörte die Geschichte gerne, wie Dad als Soldat in Frankreich seine Frau kennenlernte und – ohne ein Wort der fremden Sprache zu können – sie heiratete.

Jetzt hat Mom Dad verlassen, weil dessen Geschäfte den Bach runtergingen. Mom hat sich dem Präsidenten des Rotary-Clubs an den Hals geschmissen und er – Frank jr. – soll sich nun entscheiden, zu welchem Elternteil er ziehen möchte. Frank haut ab. Er will so viel Geld verdienen, dass Dad ein neues Geschäft aufmachen und Mom wieder heimführen kann.

Wir schreiben die 1960er Jahre. Im großen New York merkt Frank sehr rasch, dass niemand auf ihn gewartet hat; er merkt aber auch sehr rasch, was zählt. Uniformen zum Beispiel verleihen Autorität und Schlag bei den Frauen. Also besorgt sich Frank eine Pilotenuniform und lernt: Kleider machen Leute, Leute machen Geld, Geld macht unantastbar.

Frank W. Abagnale wurde nicht nur Ko-Pilot der Pan Am, er wurde auch Arzt und Rechtsanwalt. Nichts hatte er studiert; aber er hatte gelernt, die menschlichen Schwächen für sich zu nutzen. Er ist ein Meister der Täuschung, aber auch ein brillanter Fälscher. Durch geschickte Scheckbetrügereien ist er zu einem Vermögen von mehreren Millionen Dollar gekommen – bevor er 21 ist. FBI-Agent Carl Hanratty hat ihn schon länger im Visier und macht sich zur Aufgabe, Frank zu fassen und vor Gericht zu bringen.

Frank ist ihm jedoch immer einen Schritt voraus und macht sich einen Spaß daraus, seinem Verfolger kleine Köder vorzuwerfen, damit die Jagd weiter geht …

Was zu sagen wäre

Es ist Zeit für den leidenschaftlichen Regisseur, sich einem neuen Genre zuzuwenden. Nach Creature-Feature, Alien-Pick, Melodram und History-Channel findet Steven Spielberg augenscheinlich in den sophisticated Agentenfilmen aus den 60er Jahren neue Inspiration. Ein Trickbetrüger, Zauberer, ein brillanter Fälscher mit Charme ist sein Held. Und ein FBI-Mann mit schlecht setzendem Anzug und nächtlichen Sonderschichten; dem wir nichts Böses wünschen. Er macht ja nur seinen Job – und sich an die Gesetze halten ist ein so viel mühsamerer Job, als Gesetzen einfach zu umgehen und die Leute mit einem charmanten Lächeln zu überzeugen.

Plakatmotiv: Catch Me If You Can (2002)Frank Abagnale Jr. ist eine Art Steven Spielberg der Kriminalgeschichte. Abagnale kann den Leuten leicht lächelnd ein X für ein U vormachen, so wie Spielberg seinen Zuschauern gestern einen grob gezimmerten Kunststoff-Hai als maximale Bedrohung, heute eine mechanische Puppe als liebenswerten Außerirdischen und gleich hinterher ein schwerblütiges Sklavendrama als Friday-Night-Movie verkaufen kann. Wenn dann der X-für-U-Verkäufer so unwiderstehlich rüberkommt, wie Leonardo DiCaprio in dieser bunten Sixties-Party, glauben wir gerne alles. Dabei wäre das alles nicht passiert, wenn seine Mutter seinen Vater so bewundert hätte, wie er, Frank, das stets getan hat.

Die Motivation dieses Films ist ein Mutter-Sohn-Konflikt – eigentlich ein Vater-Sohn-Konflikt, aber weil Frank Jr. seinen Dad vorbehaltlos bewundert, ist die Mutter schuld, dass ihre ehe in die Brüche gegangen ist. Die hat sich irgendwann, als Dad geschäftlich aus der Kurve flog wegen einer Steuersache beim Finanzamt, einen neuen Mann gesucht, einen reichen Anwalt aus dem Rotary Club, anstatt ihrem Mann bedingungslos zur Seite zu stehen. Dads Erfolge sind schnell aufgezählt: Er hat Frank Juniors Mutter in Frankreich bei Kriegsende von sich überzeugen können. Danach kam nicht mehr viel. Er war immer mehr Blender als Macher. Sein Sohn tritt in seine Fußstapfen, will Dad und Mom wieder zusammenbringen, indem er mit seinem ergaunerten vermögen Dad mit den Insignien des Reichtums ausstattet – ein schicker Anzug, ein knallrotes Cadillac Cabriolet. Aber irgendwann muss er seinem Sohn doch sagen, das Mom längst wieder geheiratet hat, nämlich jenen reichen Anwalt. Dad stürzt später eine Treppe hinunter. Genickbruch. Unspektakulär. Da ist Frank Jr. aber schon in Polizeigewahrsam. Irgendwie war ihm die Motivation flöten gegangen, die Fehler häuften sich. Der größte war sicher, dass er sich verliebt hatte in diese Anwaltstochter, die in ihm den großen Arzt sah.

Der Drang des Juniors, seinem Senior auf die Füße zurück zu helfen, ist überdeutlich und irgendwann habe ich es längst verstanden. Irgendwann bieten diese Szenen Gelegenheit, mal zu schauen, was noch im Popcorn-Eimer übrig ist. Wobei das schade ist. Der Film ist ja keine deutsche Autorenfilmer-Psychostudie eine traumatisierten Scheidungskindes. Es ist ein Steven Spielberg-Film, den man zwischen den Eckpfeilern Indiana Jones und der Tempel des Todes (1984), Always (1989), Hook (1991), Schindlers Liste (1993) und eben "Catch me if You can" sicher auch familienpsychologisch zerpflücken könnte. Aber das wären dann Ferndiagnosen ohne real belastbare Evidenzen, daher möchte ich behaupten: Bei "Catch me …" hat Spielberg in erster Linie die Anmutung des Sechziger-Jahre-Kinos gereizt, "Arabesque" (1966) oder Charade (1963), aber nicht die komischen Agentenstorys, die heute ein wenig durch sind, sondern Farbe, Design, Score. Was all das angeht, ist Spielberg wieder ein Meisterhandwerk gelungen.

Spielberg verlässt sich auf sein dramaturgisches Können. Und auf seine beiden Hauptdarsteller, die ihn nicht enttäuschen. Denn was bleibt, wenn der Zuschauer von Anfang an weiß, wo die Reise enden wird? Es macht Spaß, Leonardo DiCaprio (Gangs of New York – 2002; The Beach – 2000; Celebrity – Schön, reich, berühmt – 1998; Titanic – 1997; William Shakespeares Romeo & Julia – 1996; Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa – 1993) dabei zuzusehen, wie er immer gerissener seine Betrügereien durchzieht und furchtlos weiterzieht, wenn er als Pan-Am-Pilot nicht mehr weiter kommt.

Es macht noch viel mehr Spaß, Tom Hanks dabei zuzusehen, wie er als FBI-Mann den Kürzeren zieht und wie er seinem Widerpart die großen Szenen lässt, wohl wissend, dass ihm die kleinen reichen – Hanks ist eine Klasse für sich (Road to Perdition – 2002; Cast Away – 2000; The Green Mile – 1999; e-m@il für Dich – 1998; Der Soldat James Ryan – 1998; That Thing You Do! – 1996; Apollo 13 – 1995; Forrest Gump – 1994; Philadelphia – 1993; Schlaflos in Seattle – 1993; Eine Klasse für sich – 1992; Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990; Joe gegen den Vulkan – 1990; Scott & Huutsch – 1989; Meine teuflischen Nachbarn – 1989; big – 1988; Schlappe Bullen beißen nicht – 1987; Nothing in Common – 1986; Geschenkt ist noch zu teuer – 1986; Alles hört auf mein Kommando – 1985; Bachelor Party – 1984; Splash – Jungfrau am Haken – 1984)!

Der Film selbst ist eine Dramödie ohne Höhepunkte – die auch nicht nötig sind. Das ist so, wie bei Harry und Sally und Folgeprodukten: Du weißt, wie es ausgeht, hast aber Spaß an der Entwicklung. Spielberg beherrscht sein Handwerk und hält seine Zuschauer bei der Stange, ohne auf altbekannte Spielbergismen zurück zugreifen. Das ist die eigentliche Überraschung: keine überraschenden Einsprengsel – wie etwa noch die Spinnen in Minority Report – keine Sternschnuppen. Statt dessen genau beobachtetes 60er-Jahre-Kino – modern interpretiert.

Flott, fröhlich dahin plätschernd, aber nicht aufregend.

Wertung: 4 von 6 €uro
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