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Plakatmotiv: A Rainy Day in New York (2019)

Woody Allen schwebt verträumt
durch sein altes New York

Titel A Rainy Day in New York
(A Rainy Day in New York)
Drehbuch Woody Allen
Regie Woody Allen, USA 2019
Darsteller

Timothée Chalamet, Elle Fanning, Liev Schreiber, Suzanne Smith, Olivia Boreham-Wing, Ben Warheit, Griffin Newman, Selena Gomez, Gus Birney, Elijah Boothe, Will Rogers, Annaleigh Ashford, Jude Law, Frank Marzullo, Kirby Mitchell u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 92 Minuten
Deutschlandstart
5. Dezember 2019
Website woodyallen.com
Inhalt

Mit seiner College-Liebe Ashleigh plant Gatsby ein romantisches Wochenende in New York. Ashleigh soll für die College-Zeitung den berühmten Regisseur Roland Pollard interviewen, in der verbleibenden Zeit möchte Gatsby ihr seine Stadt zeigen – und das ist vor allem das alte New York mit Klassikern wie der Bemelmans Bar und einer Kutschfahrt durch den Central Park.

Doch Ashleigh wird von Roland Pollard nach dem Interview zu einem Screening seines neuesten Films eingeladen. Während sie mit ihm, seinem Drehbuchautor Ted Davidoff und dem gefeierten Filmstar Francisco Vega von einer unerwarteten Situation in die nächste schlittert, muss sie Gatsby immer wieder vertrösten. Auf sich allein gestellt lässt dieser sich im Regen durch die Straßen New Yorks treiben. Und trifft dabei nicht nur auf Chan, die schlagfertige jüngere Schwester seiner Ex-Freundin, er hat auch ein Gespräch mit seiner Mutter, das für ihn alles verändert.

So ist am Ende eines regnerischen Tages für beide, Gatsby und Ashleigh, nichts mehr so, wie sie es zuvor erwartet hatten …

Was zu sagen wäre

Die Story ist hier gar nicht so entscheidend. Sie dient Woody Allen offenbar dazu, mit der Kamera seine Heimatstadt zu durchstreifen, auf der Suche nach den alten Plätzen in der Stadt, die noch nicht vom globalen Big Business untergepflügt und gegen gesichtslose Glaspaläste ausgetauscht worden sind. Also sind da der in New York aufgewachsene Gatsby und die Landpomeranze Ashleigh, die gemeinsam die Stadt in Allens Sinne erkunden sollen.

Ashleigh kommt ursprünglich aus Kentucky, ihr Vater besitzt da mehrere Banken und "Landpomeranze" trifft es eigentlich nicht. Aber sie ist eben nicht aus New York. Und für die Einwohner New Yorks ist alles andere plattes, lustloses Land. Ashleigh taucht gleich ein in die Filmszene der Stadt – ein berühmter Regisseur, sein kongenialer Drehbuchautor, ein berühmter Star („Meine Mitbewohnerin hält Sie für das Tollste seit der Erfindung der Pille danach.“) – und sie ist hin und weg, auch, weil die feudalen Herren alle so angetan sind von ihr. Der eine bittet sie, seine „Muse“ zu werden, der zweite freut sich über die anregenden Gespräche mit ihr. Der dritte will sie vor allem ins Bett kriegen. Am Ende dieses Wochenendes hat Ashleigh genug Stoff zusammen notiert, um ihrer Uni-Zeitung einen Artikel zu liefern, wie es ihn dort wahrscheinlich noch nie zu lesen gab. Ob sie wirklich verstanden hat, was die Männer von ihr wollten, lässt der Film offen; auf jeden Fall hat sie viel mehr, als sie wollte. Elle Fanning spielt Ashleigh ("Teen Spirit" – 2018; Die Verführten – 2017; Jahrhundertfrauen – 2016; The Neon Demon – 2016; Trumbo – 2015; Maleficent – Die dunkle Fee – 2014; Ginger & Rosa – 2012; Wir kaufen einen Zoo – 2011; Super 8 – 2011; Der seltsame Fall des Benjamin Button – 2008; Déjà Vu – Wettlauf gegen die Zeit – 2006). Fanning hat in ihrer schon erstaunlich langen Karriere – erste Filmauftritte hatte sie 2001 im Alter von drei Jahren – schon einige beeindruckende Auftritte gehabt, der schönste wohl als Jung-Teenie Alice Dainard in J.J. Abrams' Super 8. Unter Woody Allens Regie platzt das Spielen aus ihr heraus. Allen dreht häufig in langen Einstellungen und folgt seinen Protagonisten durch die Straßen, durch Museen oder nur durchs Wohnzimmer. Das erfordert von den Akteuren mehr, als bloß einen text auswendig lernen. Als schüchterne Nicht-New-Yorkerin, großer Filmfan und unsichere Jungreporterin gegenüber großen Filmstars ist sie hinreißend, gestikuliert wild, trinkt zu viel, brabbelt dummes Zeug, tobt sich vor der Kamera ordentlich aus. Vielleicht nachvollziehbar, wenn man bedenkt, das die Regisseure Fanning schon als junges Mädchen gerne als kühle Blonde inszenierten.

Diesem New York der arrivierten Kunst, in der es letztlich immer um Status und Geld geht, will Gatsby aus dem Weg gehen. Als Sohn wohlhabender Eltern ist er in diesem Milieu aufgewachsen und kann es sich leisten, hochnäsig darüber zu stehen. Er hat noch kein Ziel im Leben, pokert aber gut und verdient damit während der 90 Filmminuten insgesamt 35.000 Dollar. Vielleicht ist ja das sein Ding für die Zukunft, so ist seine Haltung. Gatsby, der immer leicht gebeugt mit den Händen in den Hosentaschen durch die Straßen schlurft, ist das Woody Allens Alter Ego; diese Rolle hätte Allen vor 50 Jahren selbst gespielt. Gatsby kommentiert aus dem Off und sagt in Dialogen all die kleinen Woody-Allen-Stand-Up-Comedy-Sätze, die bei Timothée Chalamet nur nicht so gekonnt beiläufig kommen. Er hat die Gram gebeugte Statur, die Allen so schätzt, wird bei Bildern von Hieronymus Bosch romantisch und küsst seine erste Liebe. Ausstrahlung aber hat Chalamet die eines gelangweilten Blumentopfes.

Dabei spielt er die wichtige Figur in diesem Film, mit dem Woody Allen Abstand nimmt von jenen arrivierten New Yorkern, die in ihren obszönen Stadtvillen Empfänge geben, auf denen sie dann ununterbrochen mit Geld, Jobs und Verbindungen zu wichtigen Menschen prahlen. Deren Nähe sucht Ashleigh, die es noch nicht besser weiß. Gatsby flieht vor diesen Leuten und schlägt den Weg des unorthodoxen Lebenskünstlers ein, der seiner Mutter erst wieder näher kommt, als erfährt, wo diese eigentlich wirklich herkommt. Denn in der New Yorker Gesellschaft aufgewachsen ist auch sie nicht. Der titelgebende Regen in New York fällt immer dann, wenn Allein es besonders romantisch, warmherzig, liebenswert braucht. Allens Regen umflort sein New-York-Porträt mit dem melancholischen Hauch des Abschieds.

"A Rainy Day in New York" ist nach vielen Jahren wieder ein 1-A-New York Film von Woody Allen. Prompt ist sein Zynismus verflogen, der viele seiner jüngeren Filme durchzog. Hier schaut er mit Sarkasmus, vielleicht ein bisschen Verachtung auf die Society seiner Stadt, deren Haltung Selena Gomez zusammenfasst: „Realität ist okay. Für Leute, denen nichts Besseres einfällt.

Wertung: 5 von 8 €uro
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