Jack Beauregard war einmal der berühmteste Revolverheld im Wilden Westen. Doch mittlerweile er ist in die Jahre gekommen, seine Augen werden immer schlechter, mit der neu angebrochenen und schnelllebigen Zeit kurz vor der Jahrhundertwende kommt er nicht mehr zurecht. Alle seine früheren Weggefährten sind tot.
Eigentlich ist es Beauregards einziger Wunsch, nach Europa zu ziehen und dort in Frieden zu leben. Doch er bekommt Gesellschaft von einem namenlosen Fremden, der Beauregard als Helden verehrt. "Nobody" will nicht zulassen, dass sein Idol vergessen wird. Um zur Legende zu werden, müsse er sich in einer letzten Schlacht mit der "wilden Horde" messen, einer Gangstertruppe von 150 Männern.
Doch eine echte Legende kann man erst nach seinem Tod werden …
Der Westen um die Jahrtausendwende. Zwei Männer stehen sich gegenüber. Verkniffene Blicke. Es läuft nicht. Im Pissoir gelingt es dem Zugführer nicht, es laufen zu lassen, solange ihm dieser Nobody gegenüber steht. Und dann kann er doch, aber Nobody ist weg. Und der Zug auch.
Ein Film nach einer Idee von Sergio Leone. Der hier offenbar mal seine eigenen Ikonen veralbern will. Leones Ikone ist der Mann ohne Namen (Spiel mir das Lied vom Tod – 1967; Zwei glorreiche Halunken – 1966; Für ein paar Dollar mehr – 1965; Für eine Handvoll Dollar – 1964; "Der Koloss von Rhodos" – 1961). Terence Hill gibt die Karikatur dieses Mannes mit strahlend blauen Augen und sehr losem Mundwerk (dem Rainer Brand auf die deutschen Kalauer-Hufe hilft): „Du siehst gut aus. Heute schon gekotzt?“ „Deine Witzchen vergehen Dir gleich!“ „Du musst mir mal was verraten, ganz ehrlich: Wie ist es dir als Kind damals gelungen, aus dem Mülleimer rauszukommen?“ Dieser Mann ohne Namen läuft hier meist in wenig mehr als seiner Unterwasche herum mit durchgelaufenen Stiefeln, durchgeschwitztem Hut und einem Sattel, den er (flügelgleich) über der Schulter trägt und ihn aussehen lässt wie einen Engel. Er nennt sich selbst Nobody, wie seine namenlosen Idole, von denen er eines in diesem Film rettet. Denn eigentlich ist Jack Beauregard die zentrale Figur dieses Films; einer dieser Men without a name, ein Revolverheld par excellence. Der nur überhaupt nicht mehr in die Zeit passt. Wir schreiben das Jahr 1899, demnächst bricht das neue Jahrtausend an und die Revolvermänner, auch die schweigsamen unter Leones Regie, haben echt ausgedient. Nobody wird ihnen einen Abgang schenken, der zu alten Herren passt – an Bord eines Luxusliners in der ersten Klasse.
Anders ausgedrückt: Die Helden des klassischen Westerns tragen sich selbst zu Grabe und leben als ironisierte Form ihrer selbst fort. Denn die einstigen Revolvermänner haben offenbar kapiert, worum es geht: „Wie kommst Du nur darauf, dass man, nur weil man hier lebt, immer der große Rächer ist? Warum soll man alles mit dem Colt bereinigen? Ich hätte früher genauso gehandelt wie Du. Denken muss man, dann lässt sich Vieles vermeiden. Nevada war mein Bruder. Aber er war auch ein widerliches Schwein. Nicht eine Sekunde hätte er gezögert, um Dir in den Rücken zu knallen. Und skrupellos hat er jedem sein Geld abgenommen. Auch mir!“ „Fabelhaft, wie modern die Alten mit einem Mal geworden sind. Aber ein Held kann seinem Schicksal nun mal nicht entgehen.“ „Mein Schicksal ist es, lässig los zu trollen und ich bin verabredet mit einem Dampfer, der mich genauso lässig nach Europa bringt.“ „Oft trifft es einen gerade auf der Straße, auf der man vor seinem Schicksal flüchten will. Das ist doch nichts Neues für Dich.“
Terence Hill, bisher als Mario Girotti ein hübscher Bildfüller in europäischen Abenteuerproduktionen ("Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle" – 1972; "Vier Fäuste für ein Halleluja" – 1971; Der Ölprinz – 1965; Unter Geiern – 1964; Winnetou – 2. Teil – 1964; "Der Leopard" – 1963), startet hier durch als Mann mit dem unüberwindlichen Charme des Gewinners: „Nobodys wie mich gibt's viele, aber die meisten sind nur Schein. Nun rate mal, Du Mausezahn, welcher wird der echte sein?“
Sein Alter Ego ist Henry Fonda, der hier mitspielt, weil Sergio Leone ihn dazu überreden konnte – der ihm immerhin in Spiel mir das Lied vom Tod (1967) Fondas markanteste Rolle aufgeschrieben hatte (Sie möchten Giganten sein – 1971; Nur noch 72 Stunden – 1968; Höchster Einsatz in Laredo – 1966; Die Panzerschlacht in den Ardennen – 1965; Das war der Wilde Westen – 1962; Der längste Tag – 1962; Sturm über Washington – 1962; Warlock – 1959; Der Stern des Gesetzes – 1957; Die 12 Geschworenen – 1957; Der falsche Mann – 1956; Krieg und Frieden – 1956; Faustrecht der Prärie – 1946; Ritt zum Ox-Bow – 1942; Rache für Jesse James – 1940; Früchte des Zorns – 1940; Trommeln am Mohawk – 1939; Der junge Mr. Lincoln – 1939; Jesse James – Mann ohne Gesetz – 1939). Er trägt den schönen französischen Namen Beauregard, sowas wie Der Gutaussehende oder aber auch Der, auf den man wohlwollend schaut. Dessen Geschichte zu Ende geht. Weswegen Terence Hill als Nobody übernimmt – vorbei die Zeiten des strengen, strukturierten Western. Ab jetzt herrscht Ironie, muss man ja nicht alles so ernst nehmen, was man da auf der Leinwand sieht.
Der Film scheint mehrere Umschnitte durchgemacht zu haben. Deutlich wird die erzählte Zeit durcheinander geworfen. Auf einem Friedhof, auf dem Nobody über den Grabstein eines Sam Peckinpah stolpert (Pat Garrett jagt Billy the Kid – 1973; "Getaway" – 1972; Junior Bonner – 1972; Wer Gewalt sät – 1971; The Wild Bunch – 1969; Sierra Charriba – 1965), der eine Zusammenarbeit mit Sergio Leone zuvor abgelehnt hatte, schießt Beauregard Nobody mehrfach den Hut vom Kopf und schenkt ihm schließlich seinen eigenen Hut. Dann folgen Szenen, in denen Nobody wieder seinen eigenen, unzerschossenen Hut trägt und Beauregard den seinen. Das spielt aber nur eine untergeordnete Rolle auf der B-Ebene, auf der ein grauhaariger, elegant gekleideter Gauner irgendeinen Schmu mit einer angeblich ergiebigen Silbermine machen will, in den Beauregard über seinen Bruder verwickelt ist. Diese Geschichte wird eher angerissen als erzählt und es bleibt unklar, in wie weit sie eine echte Rolle in diesem Film über einen Revolverhelden spielt, der sich aus der Welt der Revolverhelden auf die französische Art verabschieden möchte.
Vielleicht sind das aber auch alles die Geschichten von Gestern, die heute egal sind. Heute, in den 1970er Jahren sind die Gangstergeschichten aus dem Wilden Westen auserzählt. Heute kommt man ihnen nur noch mit Ironie bei. Mit einem Mann, mit dem man alles erzählen kann, einem Mann namens Nobody.