Die "Geier", eine berüchtigte Banditenarmee, beherrschen das Grenzgebiet zwischen New Mexico und Texas, den Llano Estacado. Skrupellos fallen sie über alle Reisenden her, deren Weg in den goldenen Westen durch dieses wilde Felsengebirge führt.
Selbst vor den Schoschonen, den rechtmäßigen "Herren" des Llano, schreckt die Bande nicht zurück – immer wieder gibt es neue, blutige Auseinandersetzungen. Als die "Geier" Surehands alten Freund, den Bärenjäger Baumann, und dessen Familie überfallen, eskaliert die Situation: Baumann hält in seiner Verzweiflung die Schoschonen für schuldig und beleidigt Häuptling Wokadeh.
Winnetous und Old Surehands Vermittlungsversuche scheitern: Die Indianer wollen sich um ihrer Ehre willen an Baumann rächen. Und dann schlagen die "Geier" wieder zu ...
"Unter Geiern" ist eine ungewöhnlich lebendige Karl-May-Verfilmung. Das hängt mit der Wahl des Hauptdarstellers zusammen. Ursprünglich war für den Film unter dem Arbeitstitel "Winnetou und der Bärenjäger" wieder Lex Barker an der Seite Pierre Brice geplant, aber dann konnte Produzent Horst Wendlandt den Briten Stewart Granger gewinnen, der in Hollywood in Western-, Kriegs- und Abenteuerfilmen (Land der 1000 Abenteuer – 1960) eine große Nummer war. Kurzerhand ließ Wendlandt den Old Shatterhand im Drehbuch auf eine andere Karl-May-Figur umschreiben und präsentiert dem überraschten Publikum Old Surehand.
Stewart Granger passt nun als Old Surehand gar nicht. In Karl Mays Vorlage ist er nicht nur viel jünger, May beschreibt ihn als einen Riesen von Mann mit braunen langen Haaren, dessen „Muskeln und Sehnen in völliger Harmonie zueinander stehen“. Granger ist mehr der Typ Grau gewordener Filou. Dem Kinokosmos des Karl May tut er gut, weil er frischen Wind in die Kulisse bringt. Wo Barker und Brice bei höchster Freude, einander zu sehen, sich steif gegenüber stehen und steife Drehbuchsätze aufsagen, knallt Granger seinem Apachenfreund zur Begrüßung die Pranke auf die Schulter. Weil Brice weiter den steifen Edel-Indianer spielt, gibt das den Szenen noch mehr Würze. Granger nimmt seine Trapperfigur so ernst, wie Karl May seine Figuren stets genommen hat, die er erfand und mit Wesensmerkmalen ausstaffierte, die mit echten Trappern im echten Wilden Westen eher zufällig Gemeinsamkeiten aufwiesen. Grangers Old Surehand ist eine unbesiegbare, charmante, Sprüche klopfende Comicfigur.
Die Storyline ist angenehm überschaubar gehalten: Es gibt eine Gangsterbande, die alle terrorisiert, es gibt Indianer, die unter Verdacht geraten – diesmal aber nicht nach großem Plan eines großen Bandenbosses, sondern durch einen blöden Zufall – und es gibt ein paar Aufrechte, die den Ganoven das Handwerk legen wollen, um einen Siedlertreck zu schützen. Drei große Westernmotive auf 98 Minuten Filmlänge. Auf einem der Pferde sitzt und springt Götz George, der schon im Schatz im Silbersee seine Physis angedeutet hat. Hier nun gibt es kein Gatter, das er nicht überspringt, kein Pferd, das er nicht behende bespringt und dann in elegantem Galopp pfeilschnell über die Prairie jagt. Kein Zweifel, Götz Georges Körperbeherrschung ist phänomenal; schade, dass ihm die Stuntleute nicht eine bessere Prügelpraxis antrainiert haben; Georges Prügelszenen verblassen hinter großen Actionszenen mit brennenden Häusern, im Galopp angreifenden Gangstern, scharf schießenden Gewehren und lauten, stolzen Indianern.
Am Boden harrt bangend und immer wieder selbst zum Gewehr greifend Elke Sommer, die hier mitspielt, weil sie Teil eines Deals zweier mächtiger Filmproduzenten wurde. Artur Brauner hatte für seinen Old Shatterhand von Horst Wendlandt die Freigabe von Pierre Brice erbeten, der bei Wendlandt exklusiv unter Vertrag stand. Dafür ließ sich Wendlandt die Dienste der bei Brauner unter Exklusivvertrag stehenden Elke Sommer zusichern (Ein Schuss im Dunkeln – 1964). Sie spielt Annie, eine junge Frau, die – wie so oft in Karl-May-Geschichten – zu ihrem Vater (in anderen Geschichten zum Onkel) gebracht werden soll. Die Rolle verlangt ihr nicht viel ab, aber sie ist zwischen all den schmutzverkrusteten Kerlen eine raffinierte wie sympathische Dreingabe.
Erstmals auf dem Regiestuhl bei einem Wendlandt-Karl-May sitzt Alfred Vohrer, der sich in den Annalen der Edgar-Wallace-Verfilmungen verewigt hat (Der Hexer – 1964; Der Zinker – 1963; Das Gasthaus an der Themse – 1962; Die Tür mit den 7 Schlössern – 1962; Die toten Augen von London – 1961). Für Karl May tobt sich Vohrer in der ganzen Farbenpracht aus, die das jugoslawische Drehgebiet hergibt – blaue Himmel, heiße Steppen, grüne Hügel und weiße Felslandschaften, die schon in Winnetou, 1. Teil das Finale dekorierten. Ausgerechnet das große Finale ist Vohrer hier misslungen: Die Siedler bilden eine Wagenburg, die "Geier"-Bande rauscht im Galopp heran, wir sehen Großaufnahmen von Schützen innerhalb der Wagenburg, die Banditen außerhalb vom Pferd schießen, während Old Surehand lässig die Füße hochlegt und in Hängemattenmanier einen nach dem anderen vom Pferd holt; und als die eigentlich Arbeit getan ist, kommen die Schoschonen hinzu, um die letzten versprengten Geier zu verjagen. Das Timing dieser groß angelegten Actionszene stottert. Darüberhinaus aber ist "Unter Geiern" einer der unterhaltsameren Karl-May-Filme.
Karl-May-Verfilmungen im Kino
Erste Verfilmungen von Karl-May-Romanen erschienen bereits in den 1920er-Jahren als schwarz-weiße Stummfilme. Der erste Tonfilm war der Schwarzweißfilm Durch die Wüste von 1936, und der erste Farbfilm war 1958 Die Sklavenkarawane.
1962 begann der deutsche Filmproduzent Horst Wendlandt von der Rialto Film unter der Regie von Harald Reinl die Produktion des populärsten Romans der grünen Karl-May-Bände filmisch umzusetzen: Der Schatz im Silbersee. Die Filmmusik des deutschen Komponisten Martin Böttcher für diesen Film wurde prägend für die weiteren Karl-May-Verfilmungen. Er komponierte zu insgesamt 10 Karl-May-Filmen die Musik.
- Auf den Trümmern des Paradieses (Josef Stein, 1920) Stummfilm
- Die Todeskarawane (Josef Stein, 1920) Stummfilm
- Die Teufelsanbeter (Ertugrul Moussin-Bey, 1920) Stummfilm
- Durch die Wüste (Johannes Alexander Hübler-Kahla, 1936)
- Die Sklavenkarawane (Georg Marischka / Ramón Torrado, 1958)
- Der Löwe von Babylon (Johannes Kai / Ramón Torrado, 1959)
- Der Schatz im Silbersee (Harald Reinl, 1962)
- Winnetou, 1. Teil (Harald Reinl, 1963)
- Old Shatterhand (Hugo Fregonese, 1964)
- Der Schut (Robert Siodmak, 1964)
- Winnetou, 2. Teil (Harald Reinl, 1964)
- Unter Geiern (Alfred Vohrer, 1964)
- Der Schatz der Azteken (Robert Siodmak, 1965)
- Die Pyramide des Sonnengottes (Robert Siodmak, 1965)
- Der Ölprinz (Harald Philipp, 1965)
- Durchs wilde Kurdistan (Franz Josef Gottlieb, 1965)
- Winnetou, 3. Teil (1965)
- Old Surehand 1. Teil (Alfred Vohrer, 1965)
- Im Reiche des silbernen Löwen (Franz Josef Gottlieb, 1965)
- Das Vermächtnis des Inka (Georg Marischka, 1966)
- Winnetou und das Halbblut Apanatschi (Harald Philipp, 1966)
- Winnetou und sein Freund Old Firehand (Alfred Vohrer, 1966)
- Winnetou und Shatterhand im Tal der Toten (Harald Reinl, 1968)
- Die Spur führt zum Silbersee (Günter Rätz, 1990) Puppenfilm
- Winnetou (Csaba Bollok, 1995)
- WinneToons – Die Legende vom Schatz im Silbersee (Gert Ludewig, 2009) Zeichentrick