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Plakatmotiv: Unter Geiern (1964)

Der Brite Stewart Granger bringt
Lockerheit in die edel-steife Bude

Titel Unter Geiern
Drehbuch Eberhard Keindorff & Johanna Sibelius
nach einer Erzählung von Karl May
Regie Alfred Vohrer, BRD, Fr., It., Jug. 1964
Darsteller

Pierre Brice, Götz George, Elke Sommer, Stewart Granger, Sieghardt Rupp, Miha Baloh, Milan Srdoč, Walter Barnes, Renato Baldini, Mario Girotti, Gojko Mitić, Louis Velle, Stole Aranđelović, Ilija Ivezić, Mirko Boman, Davor Antolić, Mirko Kraljev, Boris Dvornik, Voja Mirić, Dunja Rajter, Vladimir Medar, Sime Jagarinec, Djordje Nenadović, Dusan Bulajić, Vladimir Bacić, Dragomir Bojanić, Milan Micić, Joza Seb, Marinko Cosić, Gordana Cosić, Nevenka Benković u.a.

Genre Western
Filmlänge 98 Minuten
Deutschlandstart
8. Dezember 1964
Inhalt

Die "Geier", eine berüchtigte Banditenarmee, beherrschen das Grenzgebiet zwischen New Mexico und Texas, den Llano Estacado. Skrupellos fallen sie über alle Reisenden her, deren Weg in den goldenen Westen durch dieses wilde Felsengebirge führt.

Selbst vor den Schoschonen, den rechtmäßigen "Herren" des Llano, schreckt die Bande nicht zurück – immer wieder gibt es neue, blutige Auseinandersetzungen. Als die "Geier" Surehands alten Freund, den Bärenjäger Baumann, und dessen Familie überfallen, eskaliert die Situation: Baumann hält in seiner Verzweiflung die Schoschonen für schuldig und beleidigt Häuptling Wokadeh.

Winnetous und Old Surehands Vermittlungsversuche scheitern: Die Indianer wollen sich um ihrer Ehre willen an Baumann rächen. Und dann schlagen die "Geier" wieder zu ...

Was zu sagen wäre

"Unter Geiern" ist eine ungewöhnlich lebendige Karl-May-Verfilmung. Das hängt mit der Wahl des Hauptdarstellers zusammen. Ursprünglich war für den Film unter dem Arbeitstitel "Winnetou und der Bärenjäger" wieder Lex Barker an der Seite Pierre Brice geplant, aber dann konnte Produzent Horst Wendlandt den Briten Stewart Granger gewinnen, der in Hollywood in Western-, Kriegs- und Abenteuerfilmen (Land der 1000 Abenteuer – 1960) eine große Nummer war. Kurzerhand ließ Wendlandt den Old Shatterhand im Drehbuch auf eine andere Karl-May-Figur umschreiben und präsentiert dem überraschten Publikum Old Surehand.

Stewart Granger passt nun als Old Surehand gar nicht. In Karl Mays Vorlage ist er nicht nur viel jünger, May beschreibt ihn als einen Riesen von Mann mit braunen langen Haaren, dessen „Muskeln und Sehnen in völliger Harmonie zueinander stehen“. Granger ist mehr der Typ Grau gewordener Filou. Plakatmotiv (DDR): Unter Geiern (1964) Dem Kinokosmos des Karl May tut er gut, weil er frischen Wind in die Kulisse bringt. Wo Barker und Brice bei höchster Freude, einander zu sehen, sich steif gegenüber stehen und steife Drehbuchsätze aufsagen, knallt Granger seinem Apachenfreund zur Begrüßung die Pranke auf die Schulter. Weil Brice weiter den steifen Edel-Indianer spielt, gibt das den Szenen noch mehr Würze. Granger nimmt seine Trapperfigur so ernst, wie Karl May seine Figuren stets genommen hat, die er erfand und mit Wesensmerkmalen ausstaffierte, die mit echten Trappern im echten Wilden Westen eher zufällig Gemeinsamkeiten aufwiesen. Grangers Old Surehand ist eine unbesiegbare, charmante, Sprüche klopfende Comicfigur.

Die Storyline ist angenehm überschaubar gehalten: Es gibt eine Gangsterbande, die alle terrorisiert, es gibt Indianer, die unter Verdacht geraten – diesmal aber nicht nach großem Plan eines großen Bandenbosses, sondern durch einen blöden Zufall – und es gibt ein paar Aufrechte, die den Ganoven das Handwerk legen wollen, um einen Siedlertreck zu schützen. Drei große Westernmotive auf 98 Minuten Filmlänge. Auf einem der Pferde sitzt und springt Götz George, der schon im Schatz im Silbersee seine Physis angedeutet hat. Hier nun gibt es kein Gatter, das er nicht überspringt, kein Pferd, das er nicht behende bespringt und dann in elegantem Galopp pfeilschnell über die Prairie jagt. Kein Zweifel, Götz Georges Körperbeherrschung ist phänomenal; schade, dass ihm die Stuntleute nicht eine bessere Prügelpraxis antrainiert haben; Georges Prügelszenen verblassen hinter großen Actionszenen mit brennenden Häusern, im Galopp angreifenden Gangstern, scharf schießenden Gewehren und lauten, stolzen Indianern.

Am Boden harrt bangend und immer wieder selbst zum Gewehr greifend Elke Sommer, die hier mitspielt, weil sie Teil eines Deals zweier mächtiger Filmproduzenten wurde. Artur Brauner hatte für seinen Old Shatterhand von Horst Wendlandt die Freigabe von Pierre Brice erbeten, der bei Wendlandt exklusiv unter Vertrag stand. Dafür ließ sich Wendlandt die Dienste der bei Brauner unter Exklusivvertrag stehenden Elke Sommer zusichern (Ein Schuss im Dunkeln – 1964). Sie spielt Annie, eine junge Frau, die – wie so oft in Karl-May-Geschichten – zu ihrem Vater (in anderen Geschichten zum Onkel) gebracht werden soll. Die Rolle verlangt ihr nicht viel ab, aber sie ist zwischen all den schmutzverkrusteten Kerlen eine raffinierte wie sympathische Dreingabe.

Erstmals auf dem Regiestuhl bei einem Wendlandt-Karl-May sitzt Alfred Vohrer, der sich in den Annalen der Edgar-Wallace-Verfilmungen verewigt hat (Der Hexer – 1964; Der Zinker – 1963; Das Gasthaus an der Themse – 1962; Die Tür mit den 7 Schlössern – 1962; Die toten Augen von London – 1961). Für Karl May tobt sich Vohrer in der ganzen Farbenpracht aus, die das jugoslawische Drehgebiet hergibt – blaue Himmel, heiße Steppen, grüne Hügel und weiße Felslandschaften, die schon in Winnetou, 1. Teil das Finale dekorierten. Ausgerechnet das große Finale ist Vohrer hier misslungen: Die Siedler bilden eine Wagenburg, die "Geier"-Bande rauscht im Galopp heran, wir sehen Großaufnahmen von Schützen innerhalb der Wagenburg, die Banditen außerhalb vom Pferd schießen, während Old Surehand lässig die Füße hochlegt und in Hängemattenmanier einen nach dem anderen vom Pferd holt; und als die eigentlich Arbeit getan ist, kommen die Schoschonen hinzu, um die letzten versprengten Geier zu verjagen. Das Timing dieser groß angelegten Actionszene stottert. Darüberhinaus aber ist "Unter Geiern" einer der unterhaltsameren Karl-May-Filme.

Wertung: 5 von 7 D-Mark
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