Zu Zeiten des amerikanischen Bürgerkriegs ist Cord McNally Colonel auf Seiten der Nordstaaten. Als ein Zug mit Gold an Bord überfallen wird, gelingt es Cord, die beiden Südstaaten-Soldaten, die den Raub durchführen wollen, Cordona und Tuscarora, dingfest zu machen. McNally ist überzeugt: Es muss einen Verräter in den eigenen Reihen geben, der den Transport an die Konföderierten ausgeplaudert hat.
Deshalb kommt McNally kurz nach Ende des bewaffneten Konflikts in jenes Kriegsgefangenen-Lager, aus dem Cordona und Tuscarora gerade entlassen werden. Die Beiden können dem Colonel zwar nicht die Namen der in die Überfälle involvierten Blauröcke nennen, versprechen aber, sich bei McNally zu melden, sobald sie etwas erfahren; hilfreich dabei ist, dass die einstigen Gegner in der gleichen texanischen Gegend beheimatet sind.
So kommt es dann auch: McNally, inzwischen Zivilist, erhält einen Brief und begibt sich nach Blackthorne, um Cordona zu treffen. Vorher aber haben er und der mit ihm befreundete Sheriff Cronin eine Begegnung mit der ebenso attraktiven wie hitzigen Shasta Delaney, deren väterlicher Arbeitgeber – ein reisender Medizin-Verkäufer – soeben in Rio Lobo ermordet worden ist. Kurze Zeit später treffen vier Deputys aus jener Ortschaft ein, um Shasta wegen angeblichen Diebstahls zu verhaften, doch Cronin verhindert das. Bei der anschließenden Schießerei, an der sich auch der in seinem Hotelzimmer beim Sex gestörte Cordona beteiligt, sterben die vier Deputys. In dem weißhaarigen Wortführer des Quartetts erkennt Cordona einen der gesuchten Verräter, und es wird klar, dass in Rio Lobo Kriminelle das Sagen haben.
McNally, Cordona und Shasta reiten nun in diese Kommune, auch weil der dort mit seinem Vater namens Phillips einen Pferde-Handel betreibende Tuscarora in großer Gefahr schwebt.
In Rio Lobo angekommen, muss das Trio äußerste Vorsicht walten lassen, weil Ketcham, der Herrscher über das Territorium, und sein willfähriger Sheriff Hendricks samt Deputys diktatorische Zustände installiert haben, um sich alles Land der Umgebung unter den Nagel zu reißen …
Haben wir das nicht schon mal gesehen? John Wayne und eine kleine Gruppe hoffnungslos unterlegener Aufrechter stellen sich gegen einen großen Viehbaron und verschanzen sich zu diesem Zweck im Sheriffs-Office. Und auf dem Regiestuhl sitzt Howard Hawks, mittlerweile 74 Jahre alter Regieveteran, der ein letztes Mal seine Gäule von der Leine lässt.
Die Story, die Hawks hier erzählt, variiert seine Erzählungen aus Rio Bravo (1959) und aus El Dorado (1967). Sie unterscheidet sich lediglich im materiellen Aufwand. Der Film startet mit einem fulminant inszenierten Eisenbahnraub, der sowohl pfiffig ausgedacht als auch clever inszeniert ist. In dessen direkter Folge kann Hawks ein großes Trauma der US-Amerikaner befrieden, indem er Nord- und Südstaatler – Colonel McNally sowie Captain Cordona und Sergeant Tuscarora – nach dem verheerenden Bürgerkrieg für eine gerechte, gänzlich unpolitische Sache zusammenbringt und damit das benötigte Zusammenwachsen einer Nation vorweg träumt; eigentlich Ausweis für einen großen Western. Zumal Howard Hawks Regie führt. Aber ach …
Weil dies die beginnenden 70er Jahre im Filmbusiness sind, spielen in diesem Film der Männerfreunde Hawks und Wayne gleich drei attraktive Frauen entscheidende Rollen. Wo vor zehn Jahren noch Angie Dickinson die taffe Feather spielte, die ihrem John T. Chance alle Freiheiten ließ, spielen heute Jennifer O'Neill, María Carmen und Sherry Lansing die drei sehr attraktiven, cleveren und tatkräftigen Love Interests für McNally, Cordon und Tuscarora. Der traditionelle Pferdefuß dabei: Sherry Lansing, Jahrgang 1944, hängt sich an John Wayne, Jahrgang 1907 (Chisum – 1970; Die Unbesiegten – 1969; Der Marshal – 1969; Die grünen Teufel – 1968; El Dorado – 1967; Die vier Söhne der Katie Elder – 1965; Held der Arena – 1964; McLintock – 1963; Der längste Tag – 1962; Hatari! – 1962; Der Mann, der Liberty Valance erschoss – 1962; Das war der Wilde Westen – 1962; Die Comancheros – 1961; Land der 1000 Abenteuer – 1960; Alamo – 1960; Rio Bravo – 1959; Der letzte Befehl – 1959; Der schwarze Falke – 1956; Der See-Fuchs – 1955; Man nennt mich Hondo – 1953; Rio Grande – 1950; Der Teufelshauptmann – 1949; Red River – 1948; Die Freibeuterin – 1942; Ringo – 1939; Westwärts! – 1935). Den mit 37 Jahren deutlich sichtbaren Altersunterschied moderiert der Film mit einer großen Narbe in ihrem Gesicht weg, die sie sich im Laufe des Dramas eingefangen hat. Sie werde mit dieser Narbe leben müssen und immer an die schrecklichen Dinge erinnert werden, sagt sie und meint aber, dass sie auf immer für Männer unattraktiv erscheint. Da darf der Galan, der sie vor der befürchteten Einsamkeit bewahrt, dann auch 37 Jahre älter sein; weil er in seiner Altersweisheit über diesen Makel hinwegsehen kann.
Der Besetzungsplan verdeutlicht, wie gestrig dieser Film im Grunde ist. Er macht Spaß, jedenfalls für Männer. Wir sehen den kernigen, unüberwindbaren, nie um eine Lösung verlegenen John Wayne, der das Kind schon schaukeln wird, und um ihn herum lauter Charakterschablonen – Frauenschablonen, Schurkenschablonen, Heldenschablonen – die ihn schießend und/oder sterbend dabei unterstützen.
Howard Hawks hat einst wegweisendes Kino gemacht (El Dorado – 1967; Rio Bravo – 1959; Land der Pharaonen – 1955; Blondinen bevorzugt – 1953; Liebling, ich werde jünger – 1952; Das Ding aus einer anderen Welt – 1951; Ich war eine männliche Kriegsbraut – 1949; Red River – 1948; Tote schlafen fest – 1946; Haben und Nichthaben – 1944; Sergeant York – 1941; Sein Mädchen für besondere Fälle – 1940; S.O.S. – Feuer an Bord – 1939; Leoparden küsst man nicht – 1938). Davon ist er heute weit entfernt.
Heute dreht sich der Western um das Konzept: Western, ohne noch Historisches zu erzählen. Heute, 1970, hangelt sich der Western an den Klischees seines Genres entlang. Heute bemühen sich alte Männer wie Hawks und John Wayne darum, die Fackel ihrer Bedeutung irgendwie am Lodern zu halten. Aber die Flamme lodert nicht mehr. Sie sprotzelt noch ein paar Funken vor sich hin. Das Filmplakat nimmt es eigentlich schon vorweg. Da steht wie ein Seufzer „O.K. John, mach sie fertig!“ und lädt den Kinobesucher zu der Ergänzung ein „aber dann bette Dich in allen Ehren als Rentner“
"Rio Lobo" war der letzte Film des Regisseurs Howard Hawks. Er starb 1977.