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Plakatmotiv: Land der Pharaonen (1955)

Giftige Frauen und maßlose Schätze
in einer beeindruckenden Kulisse

Titel Land der Pharaonen
(Land of the Pharaohs)
Drehbuch William Faulkner & Harry Kurnitz & Harold Jack Bloom
Regie Howard Hawks, USA 1955
Darsteller
Jack Hawkins, Joan Collins, Dewey Martin, Alexis Minotis, James Robertson Justice, Luisella Boni, Sydney Chaplin, James Hayter, Kerima, Piero Giagnoni, Ferruccio Amendola, Gianfranco Bellini, Valérie Camille, Diego Carlisi, Carlo D'Angelo, Cyril Delevanti, Vittoria Febbi, David Muss u.a.
Genre Abenteuer, Drama
Filmlänge 106 Minuten
Deutschlandstart
23. Dezember 1955
Inhalt

Ägypten, um 2.600 vor Christus: Pharao Cheops kehrt als siegreicher Feldherr in sein Land zurück. Durch seine Triumphe ist er zu großem Wohlstand gekommen. Komplett besessen von all seinem Gold wünscht er sich nach seinem Tod, mit dem Schatz begraben zu werden, um ihn auch in seinem nächsten Leben bei sich zu haben.

Große Sorge bereitet ihm dabei die Tatsache, dass bis jetzt jede Pyramide, egal wie aufwendig sie geschützt war, von Räubern geplündert worden ist. Daher beauftragt er Vashtar, den besten Architekten eines unterworfenen Landes, den er auf seinem letzten Kriegszug gefangen genommen hat, ihm ein prachtvolles und absolut sicheres Grab zu errichten – die größte Pyramide der Welt. Sollte Vashtar dies gelingen, verspricht der Pharao ihm als Gegenleistung, sein zu Sklaverei verurteiltes Volk zu befreien.

Vashtar entwirft eine Pyramide nach einem genialen System: Wenn der Leichnam des Pharaos eines Tages in das Grab gebracht wird, soll die Pyramide von innen verschlossen werden, so dass es nicht mehr möglich sein wird, sie wieder zu betreten. Der Bau beginnt; es vergehen mehr als 15 Jahre, in denen der Pharao Abgaben von den von Ägypten beherrschten Ländern fordert, um genügend Arbeiter für den Bau der Pyramide zu gewinnen.

Als Zypern den Tribut nicht aufbringen kann, kommt stattdessen die Prinzessin des Landes – Prinzessin Nellifer – nach Ägypten und stellt sich dem Pharao entgegen. Beeindruckt von ihrem Stolz nimmt der Pharao sie sich zur zweiten Frau – nicht ahnend, dass die Prinzessin heimlich plant, den Schatz und die Macht Cheops' an sich zu reißen …

                                        Plakatmotiv: Land der Pharaonen (1955)

Was zu sagen wäre

Es ist vollendet. In diesem Bau ruht ein Mann und der größte Schatz aller Zeiten. (…) Sein Andenken wird bestehen. Durch die Pyramide wird sein Name fortleben. Er hat sich ein ewiges Denkmal gesetzt.

Die Entstehungsgeschichte der Cheops-Pyramide, der größten der drei Pyramiden vor Kairo, ist eine Geschichte über meisterhafte Architekten und bewundernswerte Arbeiter, die, obwohl Sklaven, doch in Jahrzehnten dieses Bauwerk errichteten. Howard Hawks (Blondinen bevorzugt – 1953; Liebling, ich werde jünger – 1952; Das Ding aus einer anderen Welt – 1951; Ich war eine männliche Kriegsbraut – 1949; Red River – 1948; Tote schlafen fest – 1946; Haben und Nichthaben – 1944; Sergeant York – 1941; Sein Mädchen für besondere Fälle – His Girl Friday – 1940; S.O.S. – Feuer an Bord – 1939; Leoparden küsst man nicht – 1938) erzählt in "Land der Pharaonen", an dessen faszinierend morbidem Finale eben jene Cheops-Pyramide steht, dennoch nicht deren Geschichte. Dichterische Freiheit, weil man wenig über die wahren Vorgänge von damals weiß, gleichzeitig die ewigen Zeugen dieser Tat, die Pyramiden, aber wirklich in der Wüste stehen sieht.

Große Baukunst also in Ägypten. Howard Hawks wollte 1954 eigentlich vom Bau einer Fliegerbasis in China im Zweiten Weltkrieg erzählen, wo nach nur drei Wochen die Startbahn fertig war – Tausende Männer, Frauen und Kinder hatten mit Körben die Steine dafür herangeschafft. Als China keine Dreherlaubnis gab, wich Hawks ins antike Ägypten aus, wo ein Herrscher seine Goldschätze über seinen Tod hinaus für sich haben möchte und wegen des dafür errichteten Geldschranks unsterblich wird. Die beeindruckenden Außenaufnahmen von "Land der Pharaonen" wurden in Ägypten gedreht. Die Innenaufnahmen fanden in den römischen Titanus-Studios statt.

Im Mittelpunkt steht hier ein arroganter Herrscher. Der ägyptische Pharao Cheops hat die ganze bekannte Welt unterworfen, er kennt keine Niederlage, er ist es gewohnt, dass ihm jede und jeder zu Füßen liegt und manchmal einem Sklaven für den kümmerlichen Rest seines Lebens einen Palast mit Gold und Geschmeide anzubieten, weil der ihm gerade das Leben gerettet hat. Jack Hawkins spielt ihn als stolzen Mann, der sogar einen Nebensatz noch mit dem Impetus eines Shakespeare-Textes deklamiert. Das Drehbuch hat der gefeierte Romancier und Literaturnobelpreisträger William Faulkner geschrieben. Aber Filmdialoge sind augenscheinlich doch etwas anderes, als Dialoge im Roman. Geschriebene Dialoge lesen wir im Roman mit, modulieren vielleicht im Kopf ein wenig die Sprachmelodie, aber Filmdialoge muss am Ende einer aufsagen, richtig sprechen. Das ist in "Land der Pharaonen" nicht gelungen, die Dialoge wirken hölzern – gehen aber unter in prächtigen Schauwerten.

In seinem ersten Cinesmascope-Film lässt sich Hawks Zeit mit der eigentlichen Geschichte. Zunächst schwelgt die Kamera in der Heimkehr des Pharao aus einem seiner vielen erfolgreichen Feldzüge. Es sind Massenszenen in der Wüste. Hawks dirigierte bis zu 12.000 Statisten und hat damit einen Rekord aufgestellt (der freilich bereits im Jahr darauf von Cecil B. DeMille für Die zehn Gebote schon wieder überboten wurde). Wir sehen den immer noch vor Testosteron bebenden Pharao, wie er mit kindlicher Freude in seinem Gold herumspielt und gar nicht genug von seinen Schätzen bekommen kann; und wie er schließlich befiehlt, ihm ein Grabmal zu errichten, das sowohl seinen Leichnam als auch seine Schätze auf ewig vor Grabräubern sichern möge – und damit sein Land ins Unglück stürzt.

Der Film erzählt von der Hybris eines Mannes, der von seinen Untertanen als Gott verehrt wird, die er dann zu seinem Gefallen leiden und sterben lässt. Seine Motivation ist eine Religion, die erzählt, dass der Tod nur der Übergang in ein neues Leben sei. In diesem möchte der Pharao ungerne mittellos dastehen, wenn er mit Sonnengott Ra übers Firmament galoppiert. Anstatt also diesen unermesslichen Reichtum mit dem Volk, das auf seinen Feldzügen für ihn kämpft und auf den Feldern Nahrung für ihn aussäht, zu teilen oder in ein wie auch immer geartetes Staatswesen zu investieren, das Schulen errichtet, behält er seine Schätze in Form blankpolierter Armreife, goldener Diamanthalsbänder und güldener Kelche für sich und sein Grab, das die Sklaven ihm errichten. Einziger Nutznießer dieses Baus wird am Ende jenes Volk sein, das Pharao auf dem Feldzug erobert hat, von dem er zu Filmbeginn heimkehrte. Unter denen lebt nämlich der geniale Baumeister Vashtar. Wenn der dem Pharao ein Grabmal errichtet, das vor Grabräubern sicher bleibt, darf sein ganzes Volk zurück in die Freiheit ziehen.

In der zweiten Hälfte des Films, der sich bislang ausgiebig – und visuell sehr ansprechend – mit Gold, gottgleicher Hybris und vor allem den Problemen des Pyramidenbaus beschäftigt hat, taucht endlich ein Problem auf, welches die Schätze des Pharaos in jene Gefahr bringen, vor die sie die Pyramide schützen soll: eine Frau. Eine Sklavin, die dem Pharao frech die Stirn bietet und so jung ist, dass dem alterndenden Pharao die Spucke wegbleibt. Seine Erstfrau ist eine gehorsame Freundliche. Diese Sklavin, eine Prinzessin aus Zypern, strahlt Sex aus und Gier. Erst wickelt sie den Herrscher um den Finger, wird Zweitfrau des Pharao und heckt dann einen Plan aus, wie sie möglichst rasch Erstfrau anstelle der Erstfrau werden kann, um Schätze und Herrschaft an sich zu reißen. Wir erleben hier eine zu jener Zeit und auch heute noch (ich sehe den Film zum ersten mal Mitte der 1970er Jahre im Fernsehen) gängige Form des intergeschlechtichen Austausches: Eine über ein gewisses Aussehen verfügende junge Frau und ein steinreicher, alter Mann – sie verspricht ihm Liebe, er verspricht ihr materielle Sicherheit auf immer.

William Faulkner und Howard Hawks bedienen sich in ihrem 1955er-Film aus der Gegenwart des Geschlechterkriegs und aus der Zukunft des Pyramidenbaus. Vashtars Methode, das Grabmal mittels rinnendem Sand zu verschließen, gab es tatsächlich – aber längst nicht so ausgefuchst – erst bei Pyramiden der späten 12. Dynastie (Cheops aber war der zweite Pharao der altägyptischen 4. Dynastie), aber der Sand-Mechanismus im Film ist so raffiniert, dass wir dem Fließen des Sandes fasziniert zuschauen.

Zumal, weil der Sand die Träume einer mörderischen Sklavin unter sich begräbt, die auf grausame Weise lernen muss, dass man alten Männern zwar Liebe vorgaukeln darf, aber niemals versuchen sollte, ihnen ihren Reichtum zu stehlen, auch nicht nach ihrem Tod.

Wertung: 6 von 7 D-Mark
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