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Plakatmotiv: Red River (1948)

Großartiger Western über die
Epoche einer Zeitenwende

Titel Red River aka Panik am roten Fluss
(Red River)
Drehbuch Borden Chase & Charles Schnee
nach einem Artikel von Borden Chase in der "The Saturday Evening Post"
Regie Howard Hawks (und Arthur Rosson), USA 1948
Darsteller

John Wayne, Montgomery Clift, Joanne Dru, Walter Brennan, Coleen Gray, Harry Carey, John Ireland, Noah Beery Jr., Harry Carey Jr., Chief Yowlachie, Paul Fix, Hank Worden, Mickey Kuhn, Ray Hyke, Hal Taliaferro, John Bose, Buck Bucko, Roy Bucko u.a.

Genre Western, Drama
Filmlänge 133 Minuten
Deutschlandstart
9. Februar 1951
Inhalt

Der Westen Amerikas im Jahr 1951. Thomas Dunson zieht mit einem Siedlertrek von St. Louis nach Kalifornien, als er unterwegs spontan entscheidet, Richtung Süden abzubiegen, um auf fruchtbarem Land in Texas an der Grenze zu Mexiko eine Ranch zu errichten. Fan, die Frau, die er liebt, lässt er im Treck zurück. Was vor ihm liege, sei „zu hart für eine Frau“. Als er mit seinem alten Freund und Gehilfen Groot viele Stunden später den Red River überquert, sieht er in der Entfernung große Rauchwolken. Kein Zweifel: Die Indianer haben den Trek überfallen. Später taucht ein verstörter Junge, Matt, mit einer Kuh auf. Er konnte dem Massaker entkommen, nach dem es außer ihm keine Überlebenden gibt.

Am Rio Grande erklärt Dunson ein großes Stück Land zu seinem Eigentum und schwört, in zehn Jahren eine große Herde aufgebaut zu haben und die größte Ranch in Texas zu besitzen.

14 Jahre später hat Dunson seinen Traum verwirklicht. Und ist so gut wie pleite. 

Das Land hat eben erst den Sezessionskrieg überstanden. In Texas, teil der unterlegenen Südstaaten, hat niemand mehr das Geld, ihm die Rinder abzukaufen. Er und der inzwischen erwachsene Matt wollen daher eine Herde mit über 9000 Rindern von Texas über den Red River nach Missouri bringen. Die Reise von rund 1000 Meilen wird zu einer ungeheuren Strapaze für Mensch und Tier, zumal auch Gefahren wie Indianer oder Räuberbanden am Wegesrand warten. Und Dunson sich zunehmend in einen Despoten verwandelt, dessen Methoden, Männer und die Herde zusammenzuhalten, so brutal sind, dass sich sein Ziehsohn Matt schließlich gegen ihn stellt und ihm die Herde abnimmt. Er will sie, anders als ursprünglich geplant, nach Abilene in Kansas bringen, wo es mittlerweile eine Eisenbahnstation geben soll – Grundvoraussetzung, um Leute zu finden, die einem 9000 Rinder abkaufen.

Tom Dunson schwört Matt Rache. Irgendwann. Irgendwo …

Was zu sagen wäre

Der knurrige Chef, der keine Schwachheiten duldet. Sein Ziehsohn, ein liberaler Querdenker. Und eine Frau, die den Laden rettet und zusammenhält. Dies ist die Geschichte, wie der Westen gewonnen wurde. Mit harten, entschlossenen Männern („Ich hasse Leute, die aufgeben!“), die unbeirrt ihren Weg gehen und am Ende Erfolg haben, das Land urbar machen und den Siedlern Lohn und Brot ermöglichen. Unter Howard Hawks' Regie geht das nur mit Männern, die auch mal zur Peitsche greifen, um undisziplinierte Männer zurück ins Glied zu kriegen, Plakatmotiv: Red River (1948) in der nächsten Szene aber warmherzig einem verängstigten Jüngling zuhören, der bei dem gefährlichen, schweißtreibenden Unterfangen nur mitmacht, weil er den Lohn braucht, um seiner Frau eine Ranch zu bauen und ihr rote Schuhe zu kaufen. Das ist Tom Dunson, Typ Hart, aber fair. So baut man eine Nation.

Jedenfalls bis zu einem bestimmten Punkt. Irgendwann zünden die Funken des Alten nicht mehr. Der Aufbau kommt ins Stocken, die Leute beginnen zu murren, sich gegen den mittlerweile verzweifelt um sich schlagenden Alten aufzulehnen. So übernimmt sein Sohn, ein aufgeschlossener, aufgeweckter, lernbegieriger junger Mann, der seinen – um im Bild zu bleiben – Nationenerbauern auch mal eine Nacht Rast bei Whisky und Huren gönnt und sie am Ende mit gewaltfreier Kommunikation sicher ans Ziel führt. Da stehen sich also zwei Generationen, Jin und Yang, unversöhnlich gegenüber. Der Erfolg beider gerät in Gefahr, weil den Männern ein Gegengewicht fehlt. Hier kommt die Frau ins Spiel. Sie stöhnt nicht einmal vor Schmerz, wenn ein Indianerpfeil ihre Schulter durchbohrt und ist es am Ende, die allein in der Lage ist, den Konflikt der beiden Alphamänner zu schlichten; ihr rationaler Habitus überzeugt die Männer, beendet den Streit, woraufhin sie sich ins Haus zurückzieht, auf das die Männer draußen gemeinsam die noch bessere Welt bauen können.

Dieser Film ist auf so vielen Ebenen großartig. Sein Alter sieht man ihm – klar: Schwarz-Weiß, Mono-Ton, Seitenverhältnis 1.37:1 (4:3) – zwischen all der Faszination und Aufregung nicht an. Ein Porträt des amerikanischen Pioniergeistes mit all seinen Schwächen, das eine Epoche beschreibt, in der die einfache Viehwirtschaft zur arbeitsteiligen Produktionsweise überging (Aufzucht, Versand, Verkauf), die Feudalherrschaft zu Ende ging und den Stab an die bürgerliche Herrschaft übergab; auf der Metallene: Durch den symbolischen Vatermord des Sohnes kann die entwickelte Gesellschaft einen entscheidenden Schritt nach vorne machen.

Es ist der Amerikanische Traum, den Howard Hawks hier in seinem ersten Western in großartigen Bildern erzählt (Tote schlafen fest – 1946; Haben und Nichthaben – 1944; Sergeant York – 1941; Sein Mädchen für besondere Fälle – 1940; S.O.S. – Feuer an Bord – 1939; Leoparden küsst man nicht – 1938). Der Film singt das Hohelied auf all die Cowboys, die seit Jahren durch unzählige Western reiten. Hawks zeigt, was das für Strapazen sind, die die Männer zu bestehen haben, welche Entbehrungen sie für ein paar Dollar und heißen Kaffee erdulden. Er jagt seine Cowboys durch weite, karge Landschaften, treibt Siedlertreks durch reißende Flüsse und lässt eine gewaltige Rinderhorde in Panik ausbrechen und alles platt walzen, was sich ihr in den Weg stellt – Hawks' Kameramann Russell Harlan hat Kameras im Wüstenboden unter einer Panzerglaskuppel eingegraben. Plakatmotiv: Red River (1948) Zum ersten Mal sind die Kinozuschauer mitten drin in so einer "Stampede". Für die Prügelei im großen Finale nutzt er eine Handkamera, die eine ungeheure Dynamik in den Bildern erzeugt. Es war das erste mal, dass es sowas in einer Hollywood-Produktion gab. Alles zusammen – Story, Kamera, Schnitt, Schauspiel, kurz: die Regie – erzeugt ein Bild, in dem man den Pioniergeist jener Zeit im Kinosessel riechen kann.

Eine beeindruckende Vorstellung als knurriger Eroberer, als Sinnbild des konservativen Nationbuilder liefert John Wayne (Die Freibeuterin – 1942; Ringo – 1939; Westwärts! – 1935). Der 1,93 Meter große Mann ist absolut überzeugend in seiner Furchtlosigkeit, seinem Vorwärtsdrang, auch darin, im Fall der Fälle auf nackte Gewalt zu setzen; und ebenso überzeugend in stillen Momenten, in denen er sich von seinem Faktotum Groot – herrlich: Walter Brennan (Faustrecht der Prärie – 1946; Haben und Nichthaben – 1944; Sergeant York – 1941) – die Leviten lesen lässt oder von seinem Ziehsohn Matt Kritik anhört; oder, wenn er vollkommen hilflos dem fremden Wesen Frau gegenüber aufgibt und seinem Sohn nach deren Standpauke sprachlos rät, sie unbedingt sofort zu heiraten. Großartig besetzt ist Ziehsohn Matt, der gleichzeitig Wärme, Vernunft sowie Härte und Skrupellosigkeit ausstrahlen muss. Montgomery Clift macht das in seiner ersten Filmrolle (nach einem TV-Auftritt), als verfüge er über jahrelange Erfahrung

Mit einem Budget von mehr als drei Millionen Dollar war der Film zu seiner Zeit enorm teuer. Hawks hat das Geld sinnvoll und sichtbar eingesetzt; fast die Hälfte des Budgets gab er für ganze Landstriche sowie 5000 die Rinder aus, die wir den Film über begleiten. Die Ausgaben haben sich nicht nur künstlerisch und visuell gelohnt, sondern auch wirtschaftlich. "Red River" spülte mehr als 9 Millionen Dollar in die Kinokassen. Er erhielt jeweils eine Oscar-Nominierung in den Kategorien Original-Drehbuch und Schnitt. 1990 wurde "Red River" in das National Film Registry aufgenommen. 2008 wurde der Film in einer Umfrage des American Film Institute auf Platz fünf der besten amerikanischen Western gewählt.

Wertung: 6 von 6 D-Mark
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