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Plakatmotiv: Das Geheimnis der grünen Stecknadel (1972)

Ein mäßiger Schulmädchenreport,
der sich als Wallace-Krimi tarnt

Titel Das Geheimnis der grünen Stecknadel
(Cosa avete fatto a Solange?)
Drehbuch Bruno Di Geronimo & Massimo Dallamano & Peter M. Thouet
nach Motiven des Romans "Das Geheimnis der Stecknadel" von Edgar Wallace
Regie Massimo Dallamano, Italien, BRD, UK 1972
Darsteller

Fabio Testi, Karin Baal, Cristina Galbó, Joachim Fuchsberger, Günther Stoll, Claudia Butenuth, Camille Keaton, Maria Monti, Giancarlo Badessi, Pilar Castel, Giovanna Di Bernardo, Vittorio Fanfoni, Marco Mariani, Antonio Casale, Emilia Wolkowicz, Daniele Micheletti, Antonio Anelli, Rainer Penkert u.a.

Genre Krimi, Mystery
Filmlänge 107 Minuten
Deutschlandstart
9. März 1972
Inhalt

Im Londoner Hyde Park wird die Schülerin eines katholischen Mädcheninternats ermordet aufgefunden. Das einzige Indiz, das die Polizei am Tatort vorfindet, ist eine grüne Stecknadel.

Inspektor Barth von Scotland Yard hat den Italienischlehrer Henry Rossini in Verdacht. Der hatte sich mit der Schülerin Elisabeth, mit der er ein Verhältnis hat, nahe dem Tatort aufgehalten und verwickelt sich bei seiner ersten Vernehmung in Widersprüche. Kurze Zeit später wird die Schülerin Janet ermordet. Nachdem Elisabeth das dritte Opfer des Mörders wird, versucht der Lehrer nun mit eigenen Nachforschungen das Verbrechen aufzuklären und stößt auf ein Mädchen namens Solange.

Solange ist ein ehemaliges Mitglied einer eingeschworenen Internats-Clique. Das Erkennungszeichen der beteiligten Mädchen ist eine grüne Stecknadel …

Was zu sagen wäre

Joachim Fuchsberger als ermittelnder Scotland-Yard-Beamter ist die einzige Verbindung zu den klassischen Edgar-Wallace-Verfilmungen aus den frühen 60er Jahren. Erzählt wird die Suche nach einem Mörder junger Schülerinnen im London, abseits von Themse, Nebel und bulligen Schreckfiguren.

Im Mittelpunkt steht ein Sport- und Italienisch-Lehrer, der mit einer seiner (minderjährigen) Schülerinnen ein intimes Verhältnis hat. Jeder an seinem College ahnt es, aber niemand findet es weiter fragwürdig. Auch seine Frau – Karin Baal in ihrem dritten Edgar-Wallace-Film – ist nicht sonderlich empört und als sie später erfährt, dass das mittlerweile ermordete Mädchen, mit dem ihr Mann ein Verhältnis hatte, noch Jungfrau war, da lächelt sie glücklich und steht ihrem Gatten fortan mit Rat und Tat zur Seite bei der Suche nach dem Mörder. DVD-Cover: Das Geheimnis der grünen Stecknadel (1972) Auch Inspector Barth nimmt den Lehrer bei seinen Ermittlungen selbstverständlich überall hin mit. Das ist ermittlungstechnisch zwar sehr fragwürdig, strafft aber das zu bezahlende und zu erzählende Filmpersonal. Mit irgendwem muss der Inspector ja seine Ermittlungsergebnisse diskutieren, damit die Zuschauer immer auf Stand sind; wenn da noch ein Sergeant herumlaufen würde, der diese Funktion üblicherweise übernimmt, wäre das nicht nur eine Sprechrolle mehr, auch ergäbe dann der Lehrer, der des Mordes nicht mehr verdächtig ist, im weiteren Film keinen Sinn mehr, der aber doch immerhin von dem italienische Star Fabio Testi gespielt wird ("Der Killer und der Kommissar" – 1972; "Todeskommando Tobruk" – 1969; Spiel mir das Lied vom Tod – 1968; Barbarella – 1968).

Die Mördersuche läuft nebenher. Inspector Barth kommt herein, stellt ein, zwei Fragen, nickt bedächtig, entschuldigt sich und tritt wieder ab. Seine Kollegen, die den Tatort sichern, finden die wichtigen Gegenstände – einen Kugelschreiber, die titelgebenden Stecknadeln –, die Barth dann in seine Fragen einbaut, deren Antworten er aber rätselhafterweise schon kennt. So wenig das Verhältnis eines Lehrers zu einer Schülerin skandalisiert wird, so wenig spielt das Geschlecht der Opfer bei den Ermittlungen eine Rolle – umso mehr in der Inszenierung. Regisseur Massimo Dallamano ist mehr an dem blutig-schlüpfrigen Grundthema interessiert: Junge Mädchen werden bestialisch gemordet. Das zeigt er in gekonnt kadrierten Bildausschnitten, in denen ein Messer zwischen gespreizten Frauenbeinen blitzt und mehr ahnen als sehen lässt. Der Sex auf der Leinwand ist dafür umso sichtbarer. Dallamano legt Wert auf die jungen Schauspielerinnen, die er ausgiebig nackt filmt – beim Sex, unter der Dusche, beim Herumalbern. Zusammen mit der sanft begleitenden Musik von Komponist Enno Morricone (Todesmelodie – 1971; "Das rote Zelt" – 1969; Der Clan der Sizilianer – 1969; Spiel mir das Lied vom Tod – 1968; Leichen pflastern seinen Weg – 1968; Für eine Handvoll Dollar – 1964) entsteht der Eindruck eines entschärften "Schulmädchenreports".

Der Edgar-Wallace-Film der 70er Jahre kommt ohne wabernden Nebel und gruselige Augenklappenträger aus. In "Das Geheimnis der grünen Stecknadel" geht es um zügellose junge Mädchen, die Sexparties feiern und – letztlich – dadurch ums Leben kommen. Die Jungs auf diesen Parties finden im Film nicht statt, nur die verzweifelten Väter, die ihren Kindern nachtrauern.

Nicht so schlimm, nackte Mädchen in Nahaufnahme zu filmen, nicht so schlimm, wenn notgeile Lehrer nackte Mädchen heimlich unter der Dusche anglotzen, nicht so schlimm, wenn Lehrer mit minderjährigen Schülerinnen ins Bett gehen. Aber Mädchen, die selbstbewusst auf Sexparties gehen? Fallen sadistischen Mördern zum Opfer. Wärt Ihr mal lieber brav geblieben! Willkommen in der Moral der 70er Jahre.

Wertung: 4 von 8 D-Mark
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