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Plakatmotiv (US): Lifeboat – Das Rettungsboot
Die ganze Welt und ein Krieg
in einer Nusschale im Atlantik
Titel Das Rettungsboot
(Liveboat)
Drehbuch John Steinbeck + Jo Swerling
Regie Alfred Hitchcock, USA 1944
Darsteller Tallulah Bankhead, William Bendix, Walter Slezak, Mary Anderson, John Hodiak, Henry Hull, Heather Angel, Hume Cronyn, Canada Lee u.a.
Genre Drama, Krieg
Filmlänge 97 Minuten
Deutschlandstart
2. August 1974 (TV-Premiere)
Inhalt

Nachdem ein deutsches U-Boot im Zweiten Weltkrieg ein US-amerikanisches Passagierschiff torpediert hat, treiben neun Reisende und Besatzungsmitglieder in einem Rettungsboot orientierungslos auf dem Atlantik. Kurz darauf fischen sie einen zehnten Schiffbrüchigen aus dem Meer, einen Deutschen namens Willy, nach eigenen Angaben ein Matrose des ebenfalls gesunkenen U-Boots, in Wirklichkeit aber dessen Kapitän.

Die anfängliche Feindseligkeit gegenüber Willy wandelt sich in vorsichtiges Vertrauen, als dieser einen verwundeten amerikanischen Matrosen versorgt und sich auch sonst als sehr nützlich erweist. Denn als einziger im Boot verfügt er über ausreichende nautische Kenntnisse, um die Schiffbrüchigen sicher zu den Bermuda-Inseln zu navigieren. Durch seine überzeugende Art scheint Willy das Misstrauen der anderen fast vollkommen zu vertreiben – bis sich herausstellt, dass er heimlich einen Kompass besitzt und statt der Bermuda-Inseln ein deutsches Versorgungsschiff ansteuert …

Plakatmotiv (US): Lifeboat – Das Rettungsboot

Was zu sagen wäre

Hinter diesem Kammerspiel im Krieg verbirgt sich ein veritables Sozialdrama. Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammengewürfelt auf einem kleinen Boot mitten im Nirgendwo. Am Anfang die ganz großen Unterschiede, am Ende sind sie alle gleich, sitzen eben alle in einem Boot. John Steinbeck und Jo Swerling haben ihr Script zwar als Kriegsabenteuer angelegt, erzählt aber ein Gesellschaftsportrait.

Die zentrale These dieses dritten Films, den Alfred Hitchcock im tobenden Weltkrieg ansiedelte (nach Auslandskorrespondent und Saboteure), ist die Erkenntnis, dass die Demokratie vom Untergang bedroht ist, solange die Alliierten sich nicht gemeinsam gegen die Tyrannei zur Wehr setzen. Stattdessen würden Uneinigkeit, Eifersüchteleien, Mutlosigkeit und Unentschlossenheit geradewegs in den Untergang führen. Dies versuchte der Film anhand eines Mikrokosmos in einem kleinen Rettungsboot darzustellen.

Plakatmotiv : Das RettungsbootDer Film steigt mit einem rauchenden Schiffsschornstein ein, der dann im Meer versinkt. Im Hintergrund hören wir Menschen rufen, vor der Kamera schwimmen Obstkisten, Spielkarten und Tische vorbei. Dann findet die Kamera ein Rettungsboot mit einer Frau im Pelzmantel und einer Filmkamera. Nach und nach erreichen Überlebende das Boot; es finden sich Besatzungsmitglieder aus verschiedenen Bereichen des untergegangenen Frachters ein, so entwickelt Alfred Hitchcock nonchalant das Sozialdrama – die Frau im Pelzmantel, eine sarkastisch formulierende Kriegsreporterin, ein Unternehmer, ein Maschinist, eine Küchenhilfe, ein Funker und so weiter. Und der Deutsche ohne Name.

Gleich entbrennt eine heftige Debatte über das Behandeln von Kriegsgefangenen an Bord eines Rettungsbootes. So geht das Dialogreiche Drama immer weiter, dazwischen sterben ein Baby und seine Mutter, ein Bein wird amputiert, die Schicksalsgemeinschaft wird gegeneinander handgreiflich – was man halt so einbauen kann in einen Film, der nur einen, noch dazu sehr kleinen, Schauplatz hat. Die Spannung ergibt sich daraus, dass auch der Zuschauer lange im Ungewissen darüber bleibt, ob Willy ein gutmütiger Mensch oder ein Nazischurke ist. In der Haltung der weiteren Bootsinsassen gegenüber Willy und in ihrem Verhalten untereinander hält der Film der „freien Welt“, deren Handeln von purem Eigennutz bestimmt ist, den Spiegel vor.

Wertung: 4 von 6 D-Mark
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