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Plakatmotiv: The Fall Guy (2024)

Lautes Comic-Kino ohne
intellektuellen Anspruch

Titel The Fall Guy
(The Fall Guy)
Drehbuch Drew Pearce
nach der Fernsehserie "Ein Colt für alle Fälle"
Regie David Leitch, USA, Australien, Kanada 2024
Darsteller

Ryan Gosling, Emily Blunt, Aaron Taylor-Johnson, Hannah Waddingham, Teresa Palmer, Stephanie Hsu, Winston Duke, Ben Knight, Matuse, Adam Dunn, Zara Michales, Ioane Saula, Gregory J. Fryer, Madeleine Wilson, Kalkidan China, Angela Nica Sullen, Di Smith, Megan O'Connell u.a.

Genre Action, Komödie
Filmlänge 126 Minuten
Deutschlandstart
30. April 2024
Inhalt

Colt Seavers ist Stuntman. Man sprengt ihn in die Luft, schießt auf ihn, zerschmettert ihm die Knochen und wirft ihn aus großer Höhe aus dem Fenster – alles zu unserer Unterhaltung.

Nach einem Unfall, der seine Karriere fast beendet hätte, muss Colt einen vermissten Filmstar aufspüren, eine Verschwörung aufklären, die Liebe seines Lebens zurückgewinnen – und ganz nebenbei seinen normalen Job machen. Was soll da schon schiefgehen ..?

Was zu sagen wäre

Das 80er-Jahre-Kino feiert Party. Das Auf dem Highway ist die Hölle los-System ist wieder da. Da kamen ab 1981 Filme über irre Autorennen quer durch die Vereinigten Staaten, deren erzählerische Überraschungen sich in Grenzen hielten, in die Kinos, dirigiert von Hal Needham. Hal Needham war im Hollywood jener Tage der Godfather of Stunt. Needham hatte nicht so arg Erfahrung im Geschichten erzählen, von Dramaturgie, aber als Stuntman hatte er in vielen Jahren eines harten Knochenjobs gelernt, für was Menschen ihre mühsam erarbeiteten Dollars ausgeben – nämlich, um Menschen dabei zuzusehen, wie sie ihre Knochen hinhalten; am besten noch für andere. Die Highway-Filme und ein paar weitere ähnlicher inhaltlicher Leere aber visueller Opulenz haben ihren Produzenten einen schönen Gewinn in die Rentenkasse gespielt.

43 Jahre später kommt "The Fall Guy". Von David Leitch, einem ehemaligen Stuntman, der unter anderem Stunts für Jean-Claude van Damme und Brad Pitt übernommen hat und mittlerweile als Regisseur actionlastiger Unterhaltungsware reüssiert (Bullet Train – 2022; Fast & Furious: Hobbs & Shaw – 2019; Deadpool 2 – 2018; Atomic Blonde – 2017). Sein Film beruft sich auch auf die Jahre 1981 ff, als im US-Fernsehen die Serie "Ein Colt für alle Fälle" ("The Fall Guy") startete, in der Lee Majors, bekannt durch die Westernserien "Big Valley" und "Die Leute von der Shiloh Ranch" sowie die Science-Fiction-Serie "Der Sechs Millionen Dollar Mann" – und als Ehemann des löwenmähnigen blonden Models Farah Fawcett-Majors –, den Stuntman Colt Servers spielte, der fünf Staffeln lang in überdrehte, actionlastige Kriminalfälle verwickelt wurde. In Ryan Gosling erlebt Colt Seavers seine Wiedergeburt, ohne dass der vorliegende Film aber sonst Anleihen an der alten Serie nimmt. Wer auf Howie Munson oder lovely Jody Banks aus der alten Serie hofft, ist in diesem Film verkehrt.

Leitchs Film ist eine augenzwinkernde Hommage auf jene Unsichtbaren, die gelernte Schauspieler in Explosions- und Autojagd-Szenen erst zu ultracoolen Leinwandgöttern machen. Natürlich will auch Colt Seavers bei jedem Stunt cool aussehen, denn er liebt die Frau an der Kamera. Und die ihn. Da würden demonstrativ gezeigte Schmerzen die aufkeimende Romantik nur stören.

Stuntleute sind in diesem Film die letzten Kämpfer für das Wahre und Gute, sie halten unabhängig von Bezahlungen zusammen, passen aufeinander auf und recken auch nach dem fünften Sturz aus dem 25. Stock noch den Daumen in die Höhe, Alles Gut, ich bin Okay, kein Problem. Schwäche zeigen geht nicht; Plakatmotiv: The Fall Guy (2024) hier, weil das möglicherweise das Ende einer aufkeimenden Liebesgeschichte bedeuten würde. In Wirklichkeit, weil Schwäche das Ende der beruflichen Karriere im harten Filmbusiness bedeuten würde – kein Produzent will sich bei seinem Film mit einem Stuntunfall herumschlagen.

Hier kommen – im vorliegenden Film – die Schurken ins Spiel. Die Filmproduzenten und Stars bilden eine eigene Klasse. Die Executive Producerin geht über Leichen, um ihren Gewinn abzusichern, das kennen wir. Auch der Superstar des Films, Tom Ryder, aber ist sich seines Marktwertes bewusst: „Ich bin eine erfolgreiche Marke! Wenn ich down gehe, geht der Dow Jones down.“ – was in dieser Größenordnung Analysten der realen Börse zuletzt für Taylor Swift diagnostiziert haben.

Das Filmbusiness ist für Geschichtenerzähler verseucht. Da geht es um viele Millionen Dollar und bei dieser Größenordnung machen die Controller in den Studios keine Gefangenen mehr, fordern den perfekten Shot, den „für die ComicCon“. Die Filme, die gedreht werden, müssen keine Message transportieren. In "The Fall Guy" will die junge Regisseurin des Films "Metalstorm", Jodie Moreno, die Emily Blunt als engagiertes, aber latent verunsichertes Rädchen im Filmgetriebe spielt (Oppenheimer – 2023; Jungle Cruise – 2021; Mary Poppins' Rückkehr – 2018; A Quiet Place – 2018; Girl on the Train – 2016; The Huntsman & the Ice Queen – 2016; Sicario – 2015; Edge of Tomorrow – Live. Die. Repeat – 2014; Looper – 2012; Die Muppets – 2011; "Lachsfischen im Jemen – 2011; Der Plan – 2012; Der Krieg des Charlie Wilson – 2007; Der Teufel trägt Prada – 2006), von einem intergalaktischen Krieg erzählen, den der humanoide Space Cowboy am Ende für seine Rasse entscheidet, weil er auf dem Höhepunkt des Dramas auf seine große Liebe, die Alien Queen, verzichtet. Das Geld gebende Studio hätte dann aber doch lieber, dass der intergalaktische Krieg verhindert wird, indem Space Cowboy und Alien Queen gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten – der Kinozuschauer will ein Happy End.

Die beinahe zerstörte Lovestory zwischen Stuntman und Regisseurin und die So-oder-So-entschiedene Weltraumschlacht mit Space Cowboy und Alien Queen laufen lange parallel nebeneinander, bieten dem Drehbuch manch wunderbare Dialog-Sequenzen aus dem explodierenden Tollhaus. Daraus zieht Leitch für seinen Film einen großen Teil des Spaßes, der sich freilich immer mal wieder festläuft. Die Dramaturgie ist – im Zentrum geht es ja um die Frage, wie der Stuntman und die Regisseurin, Colt und Jodie, endlich zum erlösenden Kuss finden können – übersichtlich. Die für den Topos entscheidenden Actionsequenzen inszeniert Leitch virtuos, aber so erkennbar vor Green Screen, dass die im Kino so unbedingt notwendige Illusion zerkratzt wird.

Dass der Film nicht abstürzt, hat er der Spielfreude seiner beiden Protagonisten Blunt und Gosling zu verdanken. Gosling legt einen derart verliebten, gespielt coolen Macker aufs Parkett, dass es einem als Zuschauer auf dem Streaming-Sofa ganz warm ums Herz wird (Barbie – 2023; The Gray Man – 2022; Aufbruch zum Mond – 2018; Blade Runner 2049 – 2017; Song to Song – 2017; La La Land – 2016; The Nice Guys – 2016; The Big Short – 2015; Only God Forgives – 2013; Gangster Squad – 2013; The Place Beyond the Pines – 2012; The Ides of March – 2011; Crazy, Stupid, Love. – 2011; Drive – 2011; Blue Valentine – 2010; Lars und die Frauen – 2007; Wie ein einziger Tag – 2004; Mord nach Plan – 2002).

Was sagt uns dieser Film? Nichts Neues. Will er auch nicht. Er verneigt sich vor den Stuntleuten und will Spaß bereiten. Das tut er. Und das ist manchmal ja nicht das Schlechteste.

Wertung: 5 von 8 €uro
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