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Plakatmotiv: Spiegelbild im goldenen Auge (1967)

Starke Bilder. Viel Symbolik.
Zäher Fluss. Viele Fragen.

Titel Spiegelbild im goldenen Auge
(Reflections in a Golden Eye)
Drehbuch Chapman Mortimer & Gladys Hill
nach dem gleichnamigen Roman von Carson McCullers
Regie John Huston, USA 1967
Darsteller

Elizabeth Taylor, Marlon Brando, Brian Keith, Julie Harris, Zorro David, Gordon Mitchell, Irvin Dugan, Fay Sparks, Robert Forster, Ed Metzger u.a.

Genre Drama, Romanze
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
1. November 1967
Inhalt

Ein Militär-Camp der Army im Süden der USA: Leonora ist frustriert von ihrem latent homosexuellen Mann Major Penderton. Oberflächlich betrachtet führen sie eine Bilderbuchehe, doch Pendertons Zweifel an der eigenen sexuellen Ausrichtung können ihr nicht verborgen bleiben.

Für die vermeintliche Impotenz ihres Mannes hat Leonora bald nur noch Spott übrig. Außerdem beginnt sie eine Affäre mit Colonel Morris Langdon, dessen Ehefrau bald dahinterkommt. Der Major hingegen hat ein Auge auf den schmucken Stallknecht Williams geworfen, der häufig nackt und ohne Sattel auf Leonoras Pferden ausreitet. Er wiederum hat einzig Augen für des Majors schöne Frau.

Schließlich steht er gar in deren Zimmer und beobachtet sie im Schlaf …

Was zu sagen wäre

Zwei dysfunktionale Ehen, ein nackt durch den Wald reitender Soldat, der sich nachts in das Schlafzimmer einer verheirateten Frau schleicht, um an deren Wäsche zu schnüffeln. Das Psychodrama, das John Huston inszeniert hat (Casino Royale – 1967; Die Nacht des Leguan – 1964; Misfits – Nicht gesellschaftsfähig – 1961; Denen man nicht vergibt – 1960; Moby Dick – 1956; African Queen – 1951; Asphalt-Dschungel – 1950; Gangster in Key Largo – 1948; Der Schatz der Sierra Madre – 1948; Abenteuer in Panama – 1942; Die Spur des Falken – 1941), bietet bei berauschend schönen Bildern keine klaren Antworten.

In einer Schlüsselszene sitzt Major Weldon Penderton an seinem Schreibtisch und stöbert durch den Inhalt einer kleinen Box. Lange betrachtet er ein Foto des David von Michelangelo, dann einen silbernen Löffel, den er einem Hauptmann gestohlen hat. Später im Film folgt er dem Soldaten Williams, der es ihm offenbar angetan hat; als der ein Schokoladenpapier zu Boden fallen lässt, hebt Penderton es auf, streicht es glatt und legt es zu dem Löffel in die Box. Seine Frau macht sich längst nur noch über ihn lustig, zieht sich nackt vor ihm aus und als er nicht fähig ist zu reagieren, lässt sie ihn mit kaltem Blick stehen. Major Penderton, das wollen uns alle diese Szenen sagen, fühlt sich latent zu Männern hingezogen. Marlon Brando ("Die Gräfin von Hongkong" – 1967; Ein Mann wird gejagt – 1966; Morituri – 1965; Meuterei auf der Bounty – 1962; Der Besessene – 1961; Die Faust im Nacken – 1954; Julius Caesar – 1953; Viva Zapata – 1952) stattet den Major mit widerlicher Arroganz aus, die gelegentlich in Unsicherheit umschlägt, weil er sich emotional auf unbekanntem Terrain bewegt.

Leonora, seine Frau, hat sich längst einen neuen Mann ins Bett geholt, Pendertons Kollegen Morris Langdon. Dessen Ehefrau wiederum gilt als psychisch labil, albert den lieber mit ihrem philippinischen Diener Anacleto herum, als mit anderen Leuten und es wird nicht ganz klar, ob diese Frau nicht einfach ein sehr sanfter, mit Wasserfarben malender Geist ist, also keineswegs psychisch labil. Aber in der Männerwelt auf einem Kasernengelände gilt: Was nicht sein darf, das nicht sein kann. Also übersehen alle alle Anzeichen und gehen zur Tagesordnung über. Als Leonora ihrem Mann auf einer großen Party mehrfach ihre Reitgerte durchs Gesicht zieht, wird das mit übermäßigem Alkoholkonsum erklärt; dabei hatte sie kaum etwas getrunken.

Der Zuschauer kann sich aus all dem nur schwer einen Reim machen. Im Kino hat es das noch nicht gegeben, dass Homosexualität so offen angesprochen wird, deshalb müssen die Zuschauer die entsprechenden Bilder erst dechiffrieren. Was wollen uns die Szenen sagen, in denen gezeigt wird, das Major Penderton ein schlechter Reiter ist und, als er vom Pferd fällt, von seiner Frau verhöhnt wird? Wie passt der sehr präsente, aber keine wirkliche Rolle spielende Soldat Williamson in diesen Reigen? Einen Moment lang glaubt man, in eine neue Version von Wer hat Angst vor Virginia Woolf? (1966) geraten zu sein, weil Elizabeth Taylor ihren Ehemann wieder so giftig anfunkelt (Der Widerspenstigen Zähmung – 1967; Wer hat Angst vor Virginia Woolf? – 1966; Cleopatra – 1963; Telefon Butterfield 8 – 1960; Plötzlich im letzten Sommer – 1959; Die Katze auf dem heißen Blechdach – 1958; Giganten – 1956; Ivanhoe – Der schwarze Ritter – 1952; Quo Vadis – 1951; Ein Platz an der Sonne – 1951; "Ein Geschenk des Himmels" – 1951; Vater der Braut – 1950).

Schließlich schält sich ein bizarres Dreiecksverhältnis aus den vielen Bilderrätseln. Der Major möchte Williamson, kann aber in der Kasernenwelt nicht – und darf auch nicht (den Captain, dem er einst den silbernen Löffel geklaut hatte, wollte er auch und war aus denselben Gründen gescheitert). Williamson will Pendertons Frau Loretta. Loretta ist mit Morris, dem Nachbarn und Kollegen zufrieden. Der Verklemmtheit der männlichen Kasernenwelt begegnet John Huston mit dem Stilmittel des Voyeurismus. Oft steht Soldat Williamson vor Penderton Haus und starrt zu den Fenstern hinein, einmal spiegelt sich in seinem in Großaufnahme gefilmten Auge ein Ehestreit der Pendertons. An anderer Stelle beobachten Leonora und Weldon heimlich den nackt reitenden Williamson. Häufig filmt die Kamera Gesichter in Spiegeln. Einmal malt Diener Anacleto einen grünen Pfau, in dessen großem Auge sich alles, was er sieht, winzig und überzeichnet widerspiegelt. Film ist das Medium des Bildes und also auch der Symbolik. John Huston hat viel Symbolik in viele wunderschöne Bilder gesteckt und steuert auf ein emotionales, hochdramatisches Finale zu, in dem das verdeckte Dreiecksverhältnis gesprengt wird.

Wertung: 4 von 8 D-Mark
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