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Plakatmotiv: Morituri (1965)

Nach Anlaufschwierigkeiten ein spannendes
Drama um Loyalität, Verrat und Lebensentwürfe

Titel Morituri
(Morituri)
Drehbuch Tony Gayton
dem gleichnamigen autobiografischen Roman von Werner Jörg Lüddecke
Regie Bernhard Wicki, USA 1965
Darsteller

Marlon Brando, Yul Brynner, Janet Margolin, Trevor Howard, Martin Benrath, Hans Christian Blech, Wally Cox, Max Haufler, Rainer Penkert, William Redfield, Oscar Beregi Jr., Martin Brandt, Charles De Vries, Carl Esmond, Martin Kosleck u.a.

Genre Action, Drama
Filmlänge 123 Minuten
Deutschlandstart
17. September 1965
Inhalt

Um dem Zweiten Weltkrieg zu entgehen ist der Sprengstoffexperte Robert Crain mit falschen Papieren nach Indien ausgewandert. Colonel Statter vom britischen Geheimdienst sucht ihn auf und zwingt ihn, als deutscher SS-Offizier aufzutreten. Crain, ein Sprengstoff-Spezialist, geht unter dem Decknamen Hans Keil an Bord eines deutschen Frachters, der als Blockadebrecher Gummi aus Japan transportiert.

Crain soll Sprengladungen entschärfen, die im Falle einer Aufbringung durch Alliierte vom deutschen Kapitän gezündet werden sollen, damit das Schiff nicht in feindliche Hände fällt.

Kapitän Müller sieht die Anwesenheit eines Gestapomannes auf seinem Schiff nicht gerne, da er der Nazi-Propaganda ablehnend gegenübersteht, während sein erster Offizier Kruse ein Hitler-Enthusiast ist 

Was zu sagen wäre

Es geht um Kautschuk. Gummi. Das die Deutschen von Asien nach Europa verschiffen wollen, damit die Wehrmacht für weitere drei Monate Krieg Reifen produzieren kann. Das ist die Ausgangslage, mit der Bernhard Wicki (Die Brücke – 1959) in seinen ersten Hollywoodfilm startet (vorher hatte er Sequenzen des Kriegsfilms Der längste Tag inszeniert.). Hier brilliert er mit ein paar langen Kameraszenen aus dem Hubschrauber heraus, die bemerkenswert gut gelungen sind.

Der Film als solcher ist auf den ersten Blick einer dieser Kommando-Filme, in denen ein Agent hinter den feindlichen Linien einen Sabotageakt durchführt, der den Krieg in eine andere Richtung führen soll. In diesem Fall ist hinter den feindlichen Linien ein Schiff auf dem Ozean. Aber der Agent ist kein Agent. Und der Sabotageakt besteht darin, dass er verhindern soll, dass dieses Schiff in die Luft fliegt. Weil die Alliierten das deutsche Kautschuk haben wollen, um ihrerseits ihre Kriegsmaschinerie am Rollen zu halten.

Der Agent in diesem Film ist Pazifist. Kriege findet er bescheuert. Wer heute Dein Freund ist, ist morgen Dein Feind und umgekehrt, sagt er. Und die Freunde sind nicht freundlich. Robert Crain, so heißt der Mann, wird vom britischen Geheimdienst erpresst, sich auf dieses Selbstmordkommando zu begeben. Andernfalls werde man ihn, den flüchtigen Deutschen, an die Deutschen ausliefern. Auf dem Schiff trifft er dann auf einen trinkfreudigen Kapitän, der die Politik der Nazis ablehnt, auf Seeleute, die die Nazis bekämpft haben. Und wenigstens im Ersten Offizier auf einen strammen Nazi.

Der Film kommt zunächst nicht in Fahrt, weil Crain auf sich allein gestellt das ganze Schiff nach den Sprengsätzen durchsuchen muss. Ein Schiff, auf dem alle gegen ihn, den vorgeblichen SS Standartenführer, sind; der Kapitän, weil er die Nazis nicht mag, und die meisten Seeleute, weil sie eigentlich nur als zur Zwangsarbeit verdonnerte politische Gefangene sind. Und die meisten Offiziere, weil sie in dem SS-Mann eine Gefahr für die Karriere sehen. Entsprechend wenig kann sich Crain auf dem Schiff unsichtbar bewegen, um Sprengsätze zu finden und zu entschärfen. Das lässt die Dramaturgie zäh werden. Drive bekommt die Geschichte, als sich die Gewichte an Bord verschieben, als ein deutsches U-Boot Kriegsgefangene abliefert und die Identität Crains aufzufliegen droht. Und als Crains Charakter die Regie übernimmt. Er ist Pazifist. Er will nicht den Alliierten wertvolles Kautschuk ausliefern, das er zuvor den Deutschen entwendet hat und das ihn alles überhaupt nicht interessiert. Er will überleben und zurück in sein indisches Idyll. Weg vom Krieg. Wer den gewinnt, ist ihm egal.

Robert Crain wird gespielt von Marlon Brando (Meuterei auf der Bounty – 1962; Der Besessene – 1961; Die Faust im Nacken – 1954; Der Wilde – 1953; Julius Caesar – 1953; Viva Zapata – 1952). Der gibt seinen flüchtigen Deutschen mit Schweizer Passe mit deutsch lispelndem "th" und jener Brando-Nuscheligkeit, die wahlweise als Arroganz oder als bauernschlau interpretiert werden kann. Sein Gegenüber, den deutschen Kapitän und Nazi-Zweifler spielt Yul Brunner ("Taras Bulba" – 1962; Die glorreichen Sieben – 1960; König der Freibeuter – 1958; Die Zehn Gebote – 1956; Der König und Ich – 1956). Der Mann wirkt mit seiner Glatze, wie der Posterboy eines Nazis, entsprechend aufrecht wirkt sein deutscher Kapitän, der aber völlig die deutsche Fassung verliert und seine Verzweiflung in Alkohol ertränkt, als er erfährt, dass sein Sohn in der Nordsee ein Lazarettschiff auf den Grund des Meeres geschossen hat.

Der Schauplatz in Wickis Film, das Schiff, gilt als Metapher auf eine in sich geschlossene Gesellschaft. Im Grunde sind die Regeln klar. Aber schnell werden Fronten deutlich, die innerhalb dieser Gesellschaft – der Schiffsbesatzung – zu wechselnden Freund- und Feindschaften führt. Das ist ein spannender Ansatz, der den Film über Wasser hält. Da ist das Schlussbild fast ein bisschen schade, in dem der Pazifist und der Nazi-Ablehner dafür sorgen, dass es doch einen Gewinner – den aus Hollywood-Sicht richtigen Gewinner – in diesem Film gibt.

Wertung: 4 von 8 D-Mark
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