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Plakatmotiv: Die Brücke (1959)

Ein Film demontiert das hohle Pathos
von einem heroischen Soldatentod

Titel Die Brücke
Drehbuch Manfred Gregor & Michael Mansfeld & Heinz Pauck
Regie Bernhard Wicki, BRD 1959
Darsteller

Folker Bohnet, Fritz Wepper, Michael Hinz, Frank Glaubrecht, Karl Michael Balzer, Volker Lechtenbrink, Günter Hoffmann, Cordula Trantow, Wolfgang Stumpf, Günter Pfitzmann, Heinz Spitzner, Siegfried Schürenberg, Ruth Hausmeister, Eva Vaitl, Edith Schultze-Westrum, Hans Elwenspoek, Trude Breitschopf, Klaus Hellmold, Inge Benz, Till Kiwi, Edeltraut Elsner u.a.

Genre Drama, Krieg
Filmlänge 103 Minuten
Deutschlandstart
22. Oktober 1959
Inhalt

Im April 1945 geht der Krieg in die letzte Phase. Während die alliierten Truppen immer weiter vorrücken, zieht das Nazi-Regime sein letztes Aufgebot zum sogenannten "Volkssturm" ein.

Darunter befinden sich auch sieben Gymnasiasten aus der bayerischen Provinz, deren bisheriges Leben von der NS-Propaganda bestimmt war. Ihr besonnener Lehrer Stern erreicht beim zuständigen Hauptmann, dass man seine Schüler nicht mehr in den Kampf schickt, sondern dass die Jugendlichen zur Bewachung einer Brücke in ihrer Heimatstadt abkommandiert werden.

Ein gutmütiger Unteroffizier, der für ihr Überleben sorgen soll, wird jedoch bei einem Erkundungsgang als vermeintlicher Deserteur erschossen. Die unausgebildeten Rekruten sind nun ganz auf sich gestellt. Nachdem Sigi, der jüngste der Gruppe, bei einem Tieffliegerangriff stirbt, eröffnen seine Kameraden blindlings das Feuer auf heranrollende US-Panzer. Ein G.I., der nicht auf Kinder schießen will, bezahlt sein Friedensangebot mit dem Leben.

Von der Gegenwehr überrascht, zieht der alliierte Verband sich zurück …

Was zu sagen wäre

„Dies geschah am 27.April 1945. Es war so unbedeutend, dass es in keinem Heeresbericht erwähnt wurde.“ Oder auch: Im Westen nichts Neues. Mit dem Hinweis auf den 27. April beschließt Bernhard Wickis sein Filmdebüt "Die Brücke". Er ist ähnlich erschütternd, wie die Schlussbemerkung aus Im Westen nichts Neues (1930), als wir gerade einer Schlacht im Schützengraben beigewohnt hatten, die der Heeresbericht nicht weiter der Erwähnung wert befunden hatte.

Filme wie "Die Brücke" werfen ein Schlaglicht auf unsere Aufmerksamkeitsökonomie. Unter Krieg stellen wir uns nicht zuletzt durch Kinofilme sowas vor wie "Die Luftschlacht um England" oder die Panzerschlacht in den Ardennen, schwere Waffen, Schlachtfelder, Panzer, Flugzeuge. Plakatmotiv: Die Brücke (1959) In "Die Brücke" begleiten wir sieben Teenager auf dem Weg in den Krieg vor ihrer Haustür. Sie sollen da eine kleine Brücke verteidigen und beschützen, die am nächsten Tag ohnehin gesprengt werden soll, aber das wissen die Jungs nicht, die nur deshalb hier sitzen, weil sich ihr Englischlehrer für sie eingesetzt hat, sodass sie in diesen letzten Kriegstagen nicht mehr an die Front geschickt werden – von wo im Laufe des Films auch zahlreiche verwundete und desillusionierte Männer heimkehren. Das Schlachtfeld an der Brücke ist alles andere als ein Kanonen von Navarone.

Bis der Krieg für die Jungen aber losgeht, erleben wir sie eine ganze Stunde lang in ihrem familiären Umfeld. Es sind pubertierende Jungs mit Albernheiten im Kopf, bei Karl und Klaus spielen auch schon die Hormone verrückt. Krieg spielt in diesem Irgendwo-Städtchen eine ferne Rolle. Was sie über den Krieg wissen, ist, was Propaganda und Volksempfänger ihnen erzählen. Walter ist Sohn des Ortsgruppenleiters und schämt sich für seinen Vater, der seine Frau betrügt und sich dann selbst in Sicherheit bringt. Jürgen hat sich als Spross einer alten Offiziersfamilie freiwillig gemeldet, um selbst Offizier zu werden. Karl lebt im Friseurladen seines kriegsversehrten Vaters, der zu Karls Enttäuschung ein Verhältnis mit dem von Karl angehimmelten Lehrmädchen hat. Klaus und Hans sind wegen der alliierten Luftangriffe kinderlandverschickt worden. Albert und Sigi leben zuhause bei ihren Müttern, während ihre Väter an der Front sind. Als der Einberufungsbescheid ins Haus flattert, freuen sie sich auf den ehrenvollen Kampf für das Vaterland.

Das mit dem ehrenvollen Kampf hat sich schnell erledigt. Der Unteroffizier, der die unerfahrenen Jungen anleiten sollte, ist verschwunden. Die Jungs wissen nicht, dass er von zwei Feldgendarmen erschossen wurde, weil die glaubte, es mit einem Deserteur zu tun zu haben. Beim Angriff eines Flugzeuges stirbt Sigi, der Jüngste. Bald darauf rollen drei US-Panzer auf die Brücke zu und die jungen Männer tun, was ihnen befohlen wurde. Sie stellen sich dem Kampf. Es folgt eine knapp 15-minütige, ohrenbetäubende Schlacht mit Maschinengewehren, Panzerfäusten und Panzern, die die Jungs in Angst und Schrecken versetzt. Zwischendurch versucht ein amerikanischer Soldat, de Töten ein Ende zu bereiten, indem er den Jungs auf englisch zuruft, nicht mehr zu schießen und dabei mehrmals den Begriff "Kindergarten" verwendet, das die Jungen als Spott auffassen. Fünf der sechs Jungen überleben die Schlacht nicht. "Die Brücke" ist die Bebilderung des Begriffs "sinnloser Krieg".

Nach dem autobiografischen Roman von Gregor Dorfmeister und mit beeindruckender Sorgfalt fängt Wicki die chaotische Atmosphäre kurz vor der deutschen Kapitulation und den Wahn der von der nationalsozialistischen Ideologie durchdrungenen Kriegsgesellschaft ein.

Für die überzeugenden Jungdarsteller, darunter der junge Fritz Wepper, wurde "Die Brücke" zum Meilenstein ihrer Karriere. 1960 wurde "Die Brücke" mit dem Deutschen Filmpreis in fünf Kategorien ausgezeichnet. International erhielt er den Golden Globe Award als bester ausländischer Film sowie eine Oscar-Nominierung in derselben Kategorie. Wie kaum einem anderen deutschen Regisseur gelingt es Wicki mit seinem Film, das hohle Pathos vom heroischen Soldatentod nachhaltig zu demontieren.

Wertung: 7 von 7 D-Mark
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