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Plakatmotiv: Im Westen nichts Neues (1930)

Ein erschütterndes Drama über
den „süßen und ehrenvollen“ Krieg

Titel Im Westen nichts Neues
(All Quiet on the Western Front)
Drehbuch Maxwell Anderson & George Abbott & Del Andrews
nach dem gleichnamige Roman von Erich Maria Remarque
Regie Lewis Milestone, USA 1930
Darsteller

Louis Wolheim, Lew Ayres, John Wray, Arnold Lucy, Ben Alexander, Scott Kolk, Owen Davis Jr., Walter Rogers, William Bakewell, Russell Gleason, Richard Alexander, Harold Goodwin, Slim Summerville, G. Pat Collins, Beryl Mercer u.a.

Genre Krieg
Filmlänge 136 Minuten
Deutschlandstart
12. September 1947
Inhalt

Deutschland 1914: Von der kollektiven Kriegsbegeisterung angesteckt, meldet sich eine Abiturklasse geschlossen freiwillig zum Militär. Vom zum Menschenschinder verwandelten ehemaligen Briefträger Himmelstoß werden sie, unter ihnen Paul Bäumer, bis zur völligen Erschöpfung während der Ausbildung schikaniert.

Ein Rotkreuzzug voller Verwundeter am Bahnhof des ersten Einsatzgebietes, der erste Angriff, der erste Tote unter ihnen, Hunger, Nässe und Unbequemlichkeiten verdeutlichen ihnen sehr schnell den Ernst des Krieges. In den erfahrenen Soldaten Katczinsky ("Kat") und Tjaden finden sie Kameraden, die ihnen überlebenswichtige Ratschläge geben. Dennoch sterben bereits in den ersten Gefechten einige der jungen Soldaten und bald ist die Hälfte der Kompanie gefallen.

Der Mitschüler Kemmerich, dem ein Bein amputiert wurde, stirbt im Lazarett. Seine guten Stiefel wechseln ständig den Besitzer, die ebenfalls fallen. Paul Bäumer wird bei einem Artillerieangriff der Franzosen zuerst auf einen Friedhof, dann in einen Granattrichter getrieben. Plakatmotiv: Im Westen nichts Neues (1930) Hier ersticht er einen Franzosen und erkennt, dass er nicht den Feind, sondern den Menschen Duval getötet hat.

Mit französischen Mädchen tauschen die jungen Soldaten Brot und Wurst gegen Sex. Kurz darauf wird Paul verletzt und kommt in ein Lazarett. Auf Heimaturlaub besucht er seine Familie und stellt fest, dass er mit ihr und seinem alten Lehrer nichts mehr gemein hat. Wieder an der Front, stößt er auf noch jüngere Soldaten, die als Kanonenfutter in den Kampf geschickt werden. Bei einem Spaziergang mit Kat wird dieser verwundet und stirbt bald darauf. Paul beobachtet während einer Feuerpause einen Schmetterling und greift nach ihm. Dabei wird er von einem Franzosen erschossen. Der Heeresbericht meldet, von der Westfront sein nicht Neues zu berichten.

Was zu sagen wäre

An den deutschen Stammtischen schwadronieren sie von Blut und Ehre, sie rollen Karten aus und debattieren, wo an der Font die Soldaten durchbrechen und auf Paris marschieren sollen, immerhin würden die Soldaten ja gut verpflegt, „Besser als wir in der Heimat. Aber das ist in Ordnung“. Als Paul, auf Fronturlaub, zu erklären versucht, dass es da draußen ganz anders ist, winken die alten Männer ab. Er vor Ort hätte ja gar keinen Überblick, würde immer nur sein bisschen Frontabschnitt sehen, während sie in der Heimat die ganze Front kennen würden.

Meistens sehen die Soldaten statt dem „bisschen Frontabschnitt“ Menschen sterben, von Granaten zerfetzt, die Überreste verfangen in Stacheldraht. Wenn es nicht knallt, sitzen sie im Matsch, haben nichts zu essen und sind vor lauter Angst dem Wahnsinn nahe.

Der Film macht auf beeindruckende Weise klar, wie verlogen jede Rhetorik vom großartigen Krieg ist, vom Feld der Ehre, von erhabener Kameradschaft. In einer der wenigen Ruhephasen reden die Kameraden über Sinn und Unsinn dieser Schlachten. „Der Kaiser und ich, wir haben dieselbe Meinung. Wir haben den Krieg nicht gewollt. Warum soll ich nicht nach Hause gehen? Der Kaiser ist ja auch zu Hause.“, sagt Tjaden, woraufhin alle rätseln, wer den Krieg angefangen hat.„Irgendjemand muss doch was haben von dem Krieg.“ „Ich und der Kaiser haben nichts davon.“ „Wer weiß, vielleicht hat ja der Kaiser den Krieg gewollt.“ „Lass mich und den Kaiser da raus.“ „Ich glaub' das auch nicht. Der Kaiser hat doch alles, was er braucht.“ „Aber er hat bis jetzt noch keinen Krieg gehabt. Jeder größere Kaiser braucht mindestens einen größeren Krieg, damit er berühmt wird.“ „Ja, richtig. Und die Generäle kriegen Orden …“ „Und die Waffenfabriken, die werden reich dabei!“ In dieser Szene wird alles über den Krieg gesagt: Die, die ihn ausrufen, bleiben zuhause. Die, die ihn führen, wissen nicht, warum sie ihn führen. Und die Nutznießer haben keine Nationalität, sondern eine Waffenfabrik.

Als Paul dann auf Fronturlaub nach Hause kommt, bestätigen seine Begegnungen mit Familie und Freunden, worüber sie in jener Feuerpause gemutmaßt haben. Im unversehrten Heimatstädtchen sitzen die Daheimgebliebenen am Stammtisch und zeigen, wie wenig sie von dreieinhalb Jahren Gräueln an der Front mitbekommen. Diese Szenen rahmen das Drama geschickt ein, holen die Worte des nationalistischen Lehrers vom Filmbeginn nochmal zurück, wie süß und ehrenvoll es sei, fürs Vaterland zu sterben. Plakatmotiv: Im Westen nichts Neues (1930) Aber da ist gar nichts süß. Und schon gar nicht ehrenvoll.

Als die Soldaten im Schützengraben nach Tagen des Nichtstun und der Schlaflosigkeit von Ratten überrascht werden, schlagen sie mit ausufernder Brutalität auf die Tiere mit ihren Klappspaten ein. Wenig später greifen die Franzosen die Stellung an und wieder wissen sich die ausgelaugten deutschen Soldaten sich ihrer nur mit dem Klappspaten zu erwehren. Die Hälfte der Kompanie kommt bei dem Angriff ums Leben. Und im Lager stellen die ernüchterten Männer fest, dass das auch sein Gutes habe; so bekommen sie alle die doppelte Ration Bohnen. Kamerad Kemmerich, einer von Pauls Mitschülern, der mit seinen schönen, bequemen Stiefeln angegeben hatte, verliert im Gefecht ein Bein. So bedauerlich das ist, aber da könne er seine Stiefel, die er ja nun nicht mehr braucht, auch weitergeben.

Diese Stiefel erleben eine beeindruckende Nebenhandlung. Immer wieder wechseln sie den Besitzer, weil der, der sie jeweils trägt, gefallen ist. Das ist nur ein kleiner Kniff, führt uns im satten Kinosessel aber mit diesem Es-ist-egal-was-Du-besitzt!-Im-Krieg-bedeutet-das-nichts plastisch vor Augen, wie sich Krieg anfühlt und wie unendlich das Schlachten ist.

Der Film zeigt Krieg als etwas Entmenschlichtes. In spektakulären Einstellungen und Kamerafahrten zeigt er das Explodieren und Sterben auf den Schlachtfeldern an der Front. Selbst, wenn die Kameraden im Schützengraben kauern, dröhnt von der Tonspur dauerndes Trommelfeuer. Kamera und Ton bringen den Krieg unmittelbar in den Kinosaal.

Wertung: 5 von 5 D-Mark
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