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Plakatmotiv: The King's Man – The Beginning (2021)

Revisionistische Geschichtsklitterung
und eine sehr langweilige Geschichte

Titel The King's Man – The Beginning
(The King's Man)
Drehbuch Matthew Vaughn & Karl Gajdusek
nach dem Comic "The Secret Service" von Mark Millar & Dave Gibbons
Regie Matthew Vaughn, UK, USA 2021
Darsteller

Ralph Fiennes, Gemma Arterton, Rhys Ifans, Harris Dickinson, Djimon Hounsou, Shaun McKee, Peter York, Matthew Goode, Charles Dance, Alexandra Maria Lara, Alexander Shaw, Bevan Viljoen, Shaun Scott, Andrew Bridgmont, Valerie Pachner, Daniel Brühl, Joel Basman, Todd Boyce u.a.

Genre Action, Abenteuer
Filmlänge 131 Minuten
Deutschlandstart
6. Januar 2022
Inhalt

Der junge Conrad wird von seinem Vater, dem Duke of Oxford, in die geheime Welt der britischen Spionage eingeführt. Dabei trifft er auf zahlreiche historische Figuren wie den britischen General Herbert Kitchener und den serbischen Attentäter Gavrilo Princip, sowie den mysteriösen und ebenso gefährlichen Russen Grigori Rasputin, der gemeinsam mit dem geheimnisvollen Hirten die Monarchen George V., Wilhelm II. und Nikolaus II. gegeneinander ausspielt, um die Welt ins Verderben zu stürzen.

Nun liegt es an Conrad und dem Duke, die Menschheit vor dem Untergang zu bewahren – und dafür stehen ihnen nicht nur außergewöhnliche Gerätschaften, sondern auch ganz besondere Kampffertigkeiten zur Verfügung …

Was zu sagen wäre

Na klar: Die Origin-Story hat gefehlt. Matthew Vaughn hatte, als der zweite Kingsman-Film raus kam, gerne erzählt, er könne sich nach Abschluss der ersten Trilogie weitere Filme mit neuen Charakteren vorstellen, auch seien Spin-Offs denkbar; was man halt so sagt, wenn man auf dem Roten Teppich einer Premiere von Reportern bedrängt wird. Hier also ist nun der Abschluss der ersten Trilogie. Der den Anfang erzählt.

Wobei er streng genommen gar nicht erzählt; der Film reiht Szenen aneinander und es wird bald klar: Wenn Du, nachdem Du den Filmtrailer gesehen hast, keine Idee hast, worum es gehen könnte, wissen das die Macher des fertigen Films auch nicht. Dieser Kingsman-Ableger, der anders als seine Vorgänger – zwinker, zwinker – mit Apostroph geschrieben wird, "The King's Man", ist vieles, nur kein Film, weder spannend, noch unterhaltsam. Plakatmotiv: The King's Man – The Beginning (2021)Die beiden Vorgänger waren berauschende Studien in CGI-unterstützter Kampf-Choreografie mit hanebüchener Story, aber im Genre "Popcornkino" sehr unterhaltsam. "The King's Man", der Abschluss der Trilogie ist Komödie, Kriegsfilm, Adelsmelodram, Geheimdienstabenteuer, Kolportage und Parodie. Zum Finale gibt es einen großen Kampf, der einem Film in den 1970er Jahren, als Steve McQueen oder Charles Bronson in Krimis auftraten, die in einer wilden Autojagd oder Schießerei endeten, das Attribut Actionfilm verliehen hätte. Aber als Actionfilm geht "The King's Man" nicht durch. Eher als böse Geschichtsklitterung hart am Rande historisch justiziabler Verleumdung.

Die zwei großen Kriege in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, Erster und Zweiter Weltkrieg, lernen wir da, waren das Produkt der groß angelegten Verschwörung eines Mannes, der über unerschöpfliche Ressourcen verfügt, unter seinen einflussreichen Freunden Angst und Schrecken verbreitet und in einem Ziegenstall auf einem sehr hohen Felsen im Nirgendwo lebt. Nationalismus und Rassenwahn sind in dem Universum da auf der Leinwand kein Grund für die Weltkriege. Dort sind die Herrscher Großbritanniens, Deutschlands und Russlands einfach verhaltensauffällige Cousins, die sich als Kind im Thronsaal ums Spielzeug streiten und sich als leicht debile Erwachsene das Schwarze unterm Fingernagel nicht gönnen – leichte Beute also für den Manipulator im Hinterzimmer. Welche Ziele er verfolgt, bleibt unklar. Hier werden Weltkriege zum Selbstzweck eines Spinners, der sich Wladimir Iljitsch Lenin und Adolf Hitler als Toyboys hält und der schließlich von einer Ziege gerichtet wird, die noch eine Rechnung mit ihm offen hatte. Reflexhaft möchte man Matthew Vaughn auf dem Roten Teppich zurufen, er möge weniger von dem nehmen, was er nimmt, dann könnte es auch mit einem klugen Drehbuch nochmal was werden.

Lange hält sich der Film mit dem Davor dieser Vorgeschichte auf. Der kleine Conrad wird Anfang des Jahrhunderts zunächst Zeuge, wie seine Mutter in Südafrika Opfer einer feindlichen Kugel wird, die im weiteren Verlauf weiter keine Rolle spielt, außer der, dass die Mutter nun tot ist und der Vater, der Duke of Oxford, in der Folge – „Ich habe es Deiner Mutter geschworen!“ – seinen Sohn daran hindern will, in den Kriegsdienst einzutreten. Den Duke spielt Ralph Fiennes, der sich auf Rollen in großen Franchise eingeschossen hat (James Bond 007: Keine Zeit zu sterben – 2021; Hail, Caesar! – 2016; Grand Budapest Hotel – 2014; James Bond 007: Skyfall – 2012; Große Erwartungen – 2012; Zorn der Titanen – 2012; Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2 – 2011; Coriolanus – 2011; Kampf der Titanen – 2010; Harry Potter und der Feuerkelch – 2005; Roter Drache – 2002; Mit Schirm, Charme und Melone – 1998; Der englische Patient – 1996; Strange Days – 1995; "Quiz Show" – 1994; Schindlers Liste – 1993). Die Rolle verlangt dem Schauspieler nichts ab, bringt ihm aber mutmaßlich ein ordentliches Taschengeld, das wir ihm natürlich gönnen. Der Duke betreibt nebenher mit seinem Butler und Conrads Nanny einen Geheimdienst, dessen Ohren den Dienern und Lakaien in den großen Herrscherhäusern gehören, womit die drei über sehr viel intimere Informationen verfügen, als die "echten" Geheimdienste. Was aber auch keine große Rolle spielt, denn als dieser geheimdienstliche Vorteil dann mal wichtig wäre, läuft die Sache ins Leere und es müssen doch wieder weltumspannende Reisen in feindliche Paläste und Ziegenställe unternommen werden. Conrad zieht übrigens doch noch in den Krieg und ist dann bald aus der Nummer raus.

Gleichzeitig manipuliert in Moskau der geheimnisvolle Mönch Rasputin im Auftrag des bösen Hintermannes aus dem Ziegenstall Zar Nikolaus, auf dass der sich aus der Allianz mit seinem Cousin, dem britischen König George, gegen den deutschen Wilhelm II. zurückziehe, Plakatmotiv: The King's Man – The Beginning (2021)damit Wilhelms Deutschland die Briten überrennt, während der US-Präsident mit einem Sexvideo erpresst und daran gehindert wird, auf britischer Seite in den Krieg einzutreten. Wichtig für den Film ist auch das nicht, entsprechend lustlos und konfus inszeniert das Vaughn in ihn hinein. Gerade noch tobt sich ein entfesselter Rhys Ifans (Spider-Man: No Way Home – 2021; Snowden – 2016; Serena – 2014; The Amazing Spider-Man – 2012; Anonymus – 2011; Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 1 – 2010; Elizabeth – Das goldene Königreich – 2007; Schiffsmeldungen – 2001; Little Nicky – Satan Junior – 2000; Notting Hill – 1999) als Rasputin aus, da ist er auch schon wieder aus dem Film verschwunden. Daniel Brühl als rechte Hand des geheimnisvollen Mannes aus dem Ziegenstall trägt eine Augenklappe und überlebt den Abspann, hat während der 130 Minuten Filmlaufzeit aber nichts zu tun, was die Gage eines Daniel Brühl (Nebenan – 2021; Captain America: Civil War – 2016; Rush: Alles für den Sieg – 2013; Inglourious Basterds – 2009; Das Bourne Ultimatum – 2007; "Die fetten Jahre sind vorbei" – 2004; Good Bye Lenin! – 2003; Nichts bereuen – 2001) rechtfertigen würde. Im Abspann lese ich, dass Brühl im Film Erik Jan Hanussen spielt. Der ist ein historisch verbürgter Trickbetrüger, der als Hellseher und Jahrmarktsokkultist in den 1920er Jahren für ein bisschen Aufsehen gesorgt hat und in einem Film mal von Klaus-Maria Brandauer gespielt worden ist ("Hanussen", 1988). Als gesteuerter Einflüsterer von Wilhelm II., der Hanussen in diesem Film hier ist, ist der echte Hanussen nicht in Erscheinung getreten. Das ist Teil der gefährlichen historischen Verfälschung in "The King's Man".

Dann trinkt der Duke mit King George einen Tee und wird von seiner Angestellten geküsst, er springt mit dem Fallschirm aus einem Doppeldecker ab, während die Angestellte, die ihn vorhin geküsst hat, mit einem auch für heutige Scharfschützen beneidenswert präzisen Präzisionsgewehr über hunderte von Metern ins Schwarze trifft und trifft und trifft, während die blinden Feinde zum Glück immer daneben schießen. Nur die eleganten Kampfchoreografien aus den beiden Vorgängerfilmen gibt es nicht. Was man ja irgendwie verstehen kann, weil es ja erst "The Beginning" ist, wo die Kingsmen noch nicht "Kingsman" heißen, sondern nur aus dem einen King's Man bestehen, und die Entwicklung dieser speziellen Kampftechniken dann vielleicht Thema einer weiteren Trilogie werden.

Vielleicht aber besser nicht.

Wertung: 2 von 8 €uro
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