Sierra Leone, 1990, Bürgerkrieg: Der afrikanische Fischer Solomon Vandy wird durch Rebellen bei einem Überfall auf sein Dorf von seiner Familie getrennt und in Diamantenminen verschleppt. Dort muss er, wie viele andere auch, für die Rebellen nach Diamanten zum Kauf von Waffen schürfen. Eines Tages findet Solomon einen besonders großen rosafarbenen Diamanten, den er verstecken kann, bevor er von Regierungstruppen als vermeintlicher Rebell gefangen genommen wird.
Im Gefängnis wird Danny Archer, ein Abenteurer und Söldner, der für die großen Diamantenhändler in Europa die "Blut-oder Konfliktdiamanten" außer Landes schmuggelt, auf Solomon und seine Geschichte aufmerksam.
Aus dem Gefängnis entlassen bietet Archer Solomon an, ihm zu helfen, seine Familie wieder zu finden, weil er den Diamanten als Gegenleistung für sich haben will, um mit dem Erlös endlich das mittlerweile zu gefährlich gewordenen Sierra Leone dauerhaft verlassen möchte.
Die Sache stellt sich als schwieriger heraus als gedacht. Nicht nur die Rebellen, auch die Spezialeinheit des Oberst, unter dem Danny einst als Söldner für die süd-afrikanische Armee diente, macht den beiden die Diamantenjagd unnötig schwer.
Eine glückliche Fügung also, dass die idealistische amerikanische Journalistin Maddy Bowen ihre bitter benötigte Hilfe im Tausch gegen eine exklusive Story über die illegalen Verwicklungen im internationalen Diamantenschmuggel einzutauschen bereit ist …
Es ist die erhabenste Aufgabe der Kunst, Bewusstsein zu schaffen – Bewusstsein für Fehlentwicklungen, Unterdrückung, Ausbeutung, Romantik, was auch immer. Edward Zwicks "Blood Diamond" schafft Bewusstsein. Er ist ein Actionfilm, ein Abenteuerfilm mit allen Zutaten – den guten wie den schlechten – des kommerziellen Unterhaltungskinos und dabei ein Drama, dass uns noch lange nach dem Kinobesuch nicht freilässt.
Das Drehbuch präsentiert uns drei Protagonisten, die mit unterschiedlichen Zielen aufeinanandertreffen. Daraus entsteht, ganz profan, das Drama dieses fast zweieinhalbstündigen Films. Der einheimische Fischer Solomon Vandy sucht seine Familie, die in einem Bürgerkrieg auseinander gerissen worden ist. Djimon Hounsou (Die Insel – 2005; Lara Croft – Tomb Raider: Die Wiege des Lebens – 2003; "Die vier Federn" – 2002; Gladiator – 2000; Octalus – Der Tod aus der Tiefe – 1998; Amistad – Das Sklavenschiff – 1997; Stargate – 1994; Killing Zoe – 1993; Fatale Begierde – 1992) spielt ihn als einen leidenschaftlich, feurigen Vater, der für seinen Sohn über zerschmetterte Leichen geht. Ein Söldner – früher hätten wir so jemanden euphemistisch Glücksritter genannt – sucht nach seiner Chance, „diesen Kontinent zu verlassen“. Eine Reporterin ist auf der Suche nach einer fesselnden Story, die Aufmerksamkeit bringt.
In Filmen von früher, in denen wir den Söldner noch Glücksritter nannten, kam dieser aus den USA und war irgendwie hier – meist in einem südamerikanischen Land mit viel Dschungel – gestrandet. Das konnte Cary Grant sein oder Humphrey Bogart, eigentlich ordentliche Amerikaner, die es irgendwie aus der geordneten Bahn geworfen hatte. Heute spielt Leonardo DiCaprio (Departed – Unter Feinden – 2006; Aviator – 2004; Catch Me If You Can – 2002; Gangs of New York – 2002; The Beach – 2000; Celebrity – Schön, reich, berühmt – 1998; Titanic – 1997; William Shakespeares Romeo & Julia – 1996; Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa – 1993) den Part dieses irgendwie Gestrauchelten, der aber aus Rhodesien kommt – einem Land in Afrika, das sich heute Simbabwe nennt. Damit ist der Mann mit weißer Hautfarbe als Abkömmling des afrikanischen Kontinents verortet. Die Kriegsreporterin ist die schwächste Figur, weil sie nur eine gute Story will und dabei ihre moralische Integrität nicht opfern will. Wir wissen aus Kriegsreporterfilmen der 1980er Jahre, dass diese Leute im Kriegsgebiet immer ihre Unschuld verlieren, indem sie ihre Moral verraten. Das passiert hier nicht. Maddy, die taffe Kriegsreporterin, ist eine integre Figur, der wir uns im Kinosessel gerne anvertrauen, weil Jennifer Connelly ihr harte aber nahbare Züge gibt ("Dark Water" – 2005; Hulk – 2003; A Beautiful Mind – 2001; Requiem for a Dream – 2000; Dark City – 1998; "Nach eigenen Regeln" – 1996; "Die Rebellen" – 1995; "Von Liebe und Schatten" – 1994; Rocketeer – 1991; "The Hot Spot – Spiel mit dem Feuer" – 1990; Labyrinth – 1986; Es war einmal in Amerika – 1984).
Im Verlauf des Films, das ist noch kein Aha-Moment in einem Film mit einer Dreierkonstellation, finden die Protagonisten, mal die einen zwei, mal die anderen zwei, Gründe, miteinander am selben Strang zu ziehen und sich für Momente zu vertrauen, um an ihr jeweiliges Ziel zu gelangen.
Im vorliegenden Fall ist dieses Ziel über drei Staaten Westafrikas verteilt – über Sierra Leone als Hauptschauplatz, über das südliche Nachbarland Liberia, in das die Diamanten geschmuggelt werden, und das nordöstlich gelegene Guinea, in dem die Flüchtlinge des Bürgerkriegs in Sierra Leone – und damit die Familie des Einheimischen Fischers – Zuflucht suchen. Edward Zwick liefert grandiose Bilder und Landschaften für diese NullAchtFünfzehn-Konflikte (Last Samurai – 2003; Ausnahmezustand – 1998; Mut zur Wahrheit – 1996; Legenden der Leidenschaft – 1994). Er spart dabei nicht mit Grausamkeit, weil er uns im Kinosessel en passant ein großes menschliches Drama aufblättert, in dem die sogenannte Erste und die sogenannte Dritte Welt aufeinanderprallen..
„In der gesamten Geschichte Afrikas mussten, wann immer etwas von Wert gefunden wurde, Einheimische sterben“, sagt ein Mann im dunklen Dreiteiler auf einem "Welt-Diamanten-Kongress" im belgischen Antwerpen. „In großer Zahl und großen Elend. Das traf zu, als es um Elfenbein, Kautschuk, Gold, oder Öl ging. Und es trifft jetzt bei den Diamanten zu.“ Diamanten seien genutzt worden, um Waffen zu kaufen und den Bürgerkrieg zu finanzieren. Edward Zwick führt uns in einen aktuellen Konflikt, dem wir im Alltag gerne ausweichen. Er zeigt uns ein Flüchtlingscamp mit Millionen Menschen und die Reporterin räsoniert, dass CNN über das alltägliche, millionenfache Leid maximal eine Minute im Nachrichtenblock berichtet; das Perfide ist, dass CNN deshalb nur eine Minute über die Dramen berichtet, die sich im Westen Afrikas zwischen verschiedenen Bodenschätzen abspielen, weil die Zuschauer – also wir im Kinosessel – auch mehr in den Nachrichten gar nicht hören wollen; weil wir sonst umschalten.
An dieser Stelle entfaltet das Kino seine Kunst: Anhand der drei Protagonisten bekommen wir in einem spannend inszenierten Abenteuerdrama die Realität serviert, dass (im vorliegenden Fall) mitteleuropäische Diamantenhändler brachiale Methoden im Ursprungsland nicht nur stillschweigend akzeptieren, sondern auch aktiv Bürgerkriege befeuern, um den Rohstoff "Diamant" künstlich zu verknappen.
"Blood Diamond" ist kein Dokudrama. Es ist ein Spielfilm. Wenn wir uns also im Kinosessel spontan über die bösen Weißen empört haben, müssen wir draußen vor dem Kino in uns gehen und fragen, was unsere Lebensweise mit den Zuständen in Afrika, das wir reflexhaft und ohne Nachfrage mit verrückten Warlords und korrupten Regimen gleichsetzen, zu tun hat. Was mehr kann ein Kunstwerk – Film – auslösen?
Ganz kann sich Edward Zwick von dem im Film angeprangerten weißen Kolonialismus nicht lösen. DiCaprios Figur kommt im Film zwar aus Rhodesien/Simbabwe, ist also ein … früher sagten wir Eingeborener. Aber er bleibt eben ein Weißer (dargestellt zudem von einem us-amerikanischen Schauspieler), der sich opfert, um der schwarzen Bevölkerung eine Zukunft zu ermöglichen. Bei allem Engagement ist das kommerzielle Kino immer noch auch vom ausgeglichenen Umsatz an der Kasse abhängig – und an der entscheiden (noch?) weiße Kinogänger.
Die Produktion dieses Films hat rund 100 Millionen US-Dollar gekostet. An den Kinokassen weltweit eingespielt hat "Blood Diamond" 171,7 Millionen Dollar.