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Plakatmotiv: Geronimo – Eine Legende (1993)

Ein bitterer Film über
einen Völkermord

Titel Geronimo – Eine Legende
(Geronimo: An American Legend)
Drehbuch John Milius & Larry Gross
Regie Walter Hill, USA 1993
Darsteller

Jason Patric, Gene Hackman, Robert Duvall, Wes Studi, Matt Damon, Rodney A. Grant, Kevin Tighe, Steve Reevis, Carlos Palomino, Victor Aaron, Stuart Proud Eagle Grant, Stephen McHattie, John Finn, Lee de Broux, Rino Thunder, Hoke Howell, Richard Martin Jr., J. Young u.a.

Genre Western, Drama
Filmlänge 115 Minuten
Deutschlandstart
16. Juni 1994
Inhalt

Am 5. Dezember 1886 ergibt sich Geronimo an der Grenze zwischen Arizona und Mexiko einem Aufgebot der US-Kavallerie. Von seiner einst so stolzen Gefolgschaft sind kaum mehr als 30 Mann übrig geblieben.

Vorausgegangen war ein fünfjähriger Kampf zwischen dem aufständischen Indianerführer und seinen weißen Widersachern. Dabei waren jene, die Geronimo im staatlichen Auftrag jagen und zur Strecke bringen sollten, selbst nur die Handlanger einer verfehlten Politik. Dies wissen auch der junge Lieutenant Charles Gatewood und sein Vorgesetzter, General Crook – Geronimos Niederlage ist für sie ein bitterer Sieg …

Was zu sagen wäre

So viel Land. Warum wollen die Weißaugen alles Land haben?“ Das ist die Frage aller Fragen, die Geronimo in dem Film von Walter Hill formuliert. Als Kind mit Cowboy-und-Indianer-Filmen groß geworden, schwebte die Frage immer schon mal im Raum, warum sich weiße Siedler und "rote" Ureinwohner nicht über die riesige Landfläche der späteren USA einigen konnten. Selbst, wo es sich um für Ureinwohner heilige Berge oder Flusstäler handelte, hätte doch einen Einigung möglich sein können.

Walter Hill zeigt in seinem Film, warum diese Überlegung naiv ist: Es hängt von den jeweiligen Männern – und in diesem Fall waren es ausschließlich Männer – vor Ort ab. Die Politik machen die Männer im Osten, in einer fernen Stadt namens Washington. Die Praxis geschieht vor Ort. Und wenn da ein schießwütiger Sadist auf einer Seite dabei ist, geht die Sache schief.

Als der Film beginnt, sind die blutigen Indianerkriege, Metzeleien und Massaker schon gewesen. Die "Indianer" sind auf Reservate verteilt, in denen sie sich als Farmer beschäftigen und für ihr Überleben arbeiten können. Von „im Land bewegen frei wie der Wind“ ist schon da nur noch in Erinnerungen die Rede. Sie sollen sich ruhig verhalten und an die Regeln halten – an die Regeln der Weißen. Plakatmotiv (US): Geronimo – An American Legend (1993) Wenn denen ein Medizinmann nicht geheuer ist, weil der fremde Geister beschwört, die in den Augen der Weißen möglicherweise Kriegsgeister sein könnten, reicht der erwähnte Schießwütige und alle empfindlich austarierten Vereinbarungen sind hinfällig. Geronimo und seine Leute brechen aus und ziehen gen Mexiko und plündern, morden, brandschatzen wieder, die verängstigten weißen Bürger schreien nach Rache und Gerechtigkeit und die Regierung in Washington schickt weitere Truppen. Dass sie selbst einst den blutigen Schlamassel begonnen haben, möchten die Politiker nicht hören und ist den Schießwütigen, Sadisten und Kopfgeldjägern egal, die nur einen Grund brauchen, Indianer-Skalps zu jagen – 100 Dollar für einen Männerskalp, 50 für den einer Frau und 25 für den eines Kindes.

Ein den Indianern freundlich gesonnener General, der zunächst die Causa Geronimo und dessen Kapitulation in Arizona managt, wird bald abberufen, weil er nicht hart genug gegen die in Ureinwohner ist. Gene Hackman spielt den Mann als harten, altersweisen Diplomaten in Uniform (Die Firma – 1993; Erbarmungslos – 1992; Das Gesetz der Macht – 1991; Narrow Margin – 1990; Eine andere Frau – 1988; Mississippi Burning – 1988; No Way Out – 1987; Superman IV – Die Welt am Abgrund – 1987; Die verwegenen Sieben – 1983; Under Fire – 1983; Eureka – 1983; Superman – 1978; Die Brücke von Arnheim – 1977; French Connection II – 1975; 700 Meilen westwärts – 1975; Frankenstein Junior – 1974; "Der Dialog" – 1974; Die Höllenfahrt der Poseidon – 1972; Die Professionals – 1972; French Connection – 1971; Leise weht der Wind des Todes – 1971; Bonnie und Clyde – 1967). Auf ihn folgt ein General, der kein Problem damit hat, sein Wort zu geben und das im nächsten Moment zu brechen; er hat auch mehr Sadisten in seiner Truppe.

Walter Hill ist ein Melancholiker des Kinos. Seine Filme erzählen von einsamen Männern, die gegen eine Übermacht antreten; es sind Vertreter einer vermeintlich besseren, wärmeren Zeit im Rückzugsgefecht gegen die kalte Logik der Moderne (Und wieder 48 Stunden – 1990; Johnny Handsome – 1989; Red Heat – 1988; Ausgelöscht – 1987; Straßen in Flammen – 1984; Nur 48 Stunden – 1982; Die letzten Amerikaner – 1981; Long Riders – 1980; Die Warriors – 1979; Driver – 1978). Das erzählt er mal mit Action, mal mit sarkastischem Witz. Die Geschichte des historisch verbürgten Geronimo erzählt er mit der geballten Faust in der Tasche. Er lässt den jungen 2nd Lt. Britton Davis aus dem Off erzählen, einen Soldaten frisch von West Point in Arizona eingetroffen, der kein Verständnis für das Verhalten seiner Kameraden und Landsleute entwickeln kann und schließlich seinen Dienst quittiert. Seine unaufgeregte Erzählung bestimmt den Rhythmus des Films. Es gibt ein paar Schießereien, hier und da wird schnell geschnitten. Meistens aber sehen wir auf den Cinemascope-Bilden Menschen in atemberaubend schöner Landschaft, die nicht zueinander finden.

Hill wollte den Film schon länger machen, sein erster Projektentwurf lag schon Ende der 80er Jahre auf den Schreibtischen der Studiobosse. Aber da wollte das keiner umsetzen. Indianer, die in fremder Sprache sprechen und per Untertitel übersetzt werden müssen? Und die Weißen, die amerikanischen Siedler, sind die Schurken? Das sah für die gewinnorientierten Studios nicht erstrebenswert aus. Bis Kevin Costners Der mit dem Wolf tanzt (1990) durch die Decke ging – erst an der Kinokasse, dann bei den Oscars. Jetzt dachte sich Columbia Pictures, Na, schau'n wir mal. Deshalb erinnert Hills Film jetzt verschiedentlich an Costners Film: Der junge Erzähler erinnert an Costners Charakter, der den „Westen sehen will. Solange es ihn noch gibt“. Die Apachen, die ausschließlich von nordamerikanischen Ureinwohnern dargestellt werden und auch die Sprache der Apachen sprechen. Dabei hat Hills "Geronimo" nicht Costners epische Breite, obwohl auch dieser Film einen Völkermord beschreibt, der von den weißen Siegern euphemistisch als Krieg verkauft wird.

Wertung: 8 von 10 D-Mark
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