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Plakatmotiv: 700 Meilen westwärts (1975)

Ein Western, der nicht spannend ist,
aber die amerikanische Fairness feiert

Titel 700 Meilen westwärts
(Bite the Bullet)
Drehbuch Richard Brooks
Regie Richard Brooks, USA 1975
Darsteller

Gene Hackman, Candice Bergen, James Coburn, Ben Johnson, Ian Bannen, Jan-Michael Vincent, Robert Donner, Jean Willes, Mario Arteaga, Dabney Coleman, John McLiam, Bob Hoy, Jerry Gatlin, Sally Kirkland, Walter Scott, William H. Burton Jr., Buddy Van Horn, Joe Brooks u.a.

Genre Action, Western
Filmlänge 132 Minuten
Deutschlandstart
31. Oktober 1975
Inhalt

Amerika, zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Ein einflussreicher Zeitungsverleger veranstaltet ein Wettrennen, bei dem die Teilnehmer 700 Meilen auf ihren Pferden quer durch die USA zurücklegen müssen. Dem Sieger winkt ein lukratives Preisgeld, das durch Wetten zusätzlich in die Höhe getrieben wird.

Am Startpunkt versammelt sich eine illustre Gruppe von Individualisten, die jeweils ihre eigene Beweggründe haben, um die Strapazen auf sich zu nehmen: Der Profi-Reiter und Kriegsveteran Luke Matthews trachtet allein nach der Siegprämie. Ein alternder Tagelöhner, den alle nur "Mister" nennen, strebt nach Popularität. Ein namenloser, unter akuten Zahnschmerzen leidender Mexikaner benötigt das Geld, um seine Familie zu ernähren. Der junge Draufgänger Carbo will sich als harter Kerl beweisen. Extra aus London ist der gut situierte Abenteurer Sir Harry Norfolk angereist, um sich dem Mythos des amerikanischen Westens zu stellen. Die ehemalige Prostituierte Miss Jones hegt derweil den Plan, ihren straffällig gewordenen Mann aus der Gefangenschaft zu befreien. Als Letzter stößt der Cowboy Sam Clayton zum Teilnehmerfeld. Ursprünglich hatte er nicht vor, an dem in seinen Augen unsinnigen Wettbewerb teilzunehmen, doch sein Ehrgeiz erweist sich letzten Endes als stärker.

Das Rennen führt die Reiter durch unwegsame Canyons und schwer zu überwindende Berge. Wilde Tiere und eine anstrengende Wüsten-Etappe verlangen ihnen das Letzte ab, und auch zwischenmenschlich müssen einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden …

Was zu sagen wäre

Ein Western mit den klassischen amerikanischen Themen, ohne dabei aber ein klassischer Western zu sein. Immer weiter, das ist die Devise der amerikanischen Pioniere gewesen. Und Immer weiter, das hieß: weiter nach Westen. Auf dem Weg dahin wurden Ureinwohner vertrieben, Kartenspiele gewonnen, Revolverduelle entschieden. Gewinnen, Erster sein, das ist den Helden des US-Kinos tief eingepflanzt. Insofern also ist "700 Meilen westwärts" klassisches amerikanisches Kino, Plakatmotiv (US): Bite the Bullet (1975) großes Americana noch dazu, wenn man die abwechslungsreichen Landschaften und die abwechslungsreichen Typen noch zu nimmt. „Ich bin unamerikanisch“, sagt Sam Clayton. „Wenn du nicht der Erste bist, der Beste, der Größte. Wenn Du nicht gewinnst, dann bist du kein Amerikaner!

Es ist vielleicht nicht überraschend, dass sich Sam Clayton dann als die eigentliche Inkarnation des US-Amerikaners herausstellt. Er ist Menschenfreund und Tierliebhaber, geprägt durch Hilfsbereitschaft und Fairness: „Rennen um Geld ist kein Sport. Das ist offener Krieg!“ Er nimmt nicht nur Tiere in Schutz, sondern setzt sich auch für Außenseiter ein, wie etwa den von allen verspotteten Mexikaner mit Zahnschmerzen oder die ehemalige Hure Miss Jones. Ohne Clayton, dem Gene Hackman melancholische Züge verleiht (Frankenstein Junior – 1974; "Der Dialog" – 1974; Die Höllenfahrt der Poseidon – 1972; Die Professionals – 1972; Brennpunkt Brooklyn – 1971; Leise weht der Wind des Todes – 1971; Bonnie und Clyde – 1967) würde das Langstreckenrennen keiner überleben – und kommt jetzt als geläuterter Mensch in Ziel.

An der Sam-Clayton-Figur krankt der Film aber auch. Trotz ordentlicher Schauspielleistungen, grandiosen Landschaftsbildern und einem (später mit einem Oscar gekrönten) fröhlichen Western-Score mit 70er-Jahre-Anreicherung kann der Film nicht darüber hinweg täuschen, dass er keine innere Spannung besitzt. Eigentlich geht es um ein Rennen, also um die Frage, wer kommt zuerst ins Ziel? Und das ist für alle Beteiligten auch immens wichtig. Aber unterwegs spielt die Wettkampfdramaturgie dann keine Rolle. Man trifft sich an Lagerfeuern, an Check-Points, oder während des Ritts, man unterhält sich, mal ist der eine vorne, mal ein anderer, das spielt unterwegs alles keine Rolle mehr. Spannung kommt nur auf, wenn wieder einer der Wettkämpfer – und der einen Wettkämpferin – auf den rechten Pfad der Tugend gebracht werden muss. Weil das Rennen als solches keine dramaturgische Rolle spielt (außer im Finale natürlich), die Reiter aber nur wegen des Rennens unterwegs sind, fragt man sich bald, worum es Regisseur und Autor Richard Brooks (Kaltblütig – 1967; Die Katze auf dem heißen Blechdach – 1958; Die Maske runter! – 1952) denn eigentlich geht, wenn nicht um das Rennen.

Aber klar: Es geht um den Menschenfreund, der die Wettstreiter in einer Wettkampfsituation wieder zu Menschen macht, die aufeinander Acht geben und Rücksicht nehmen; zu guten Amerikanern also. Für die Summe der guten Taten unterwegs ist der Film dann zu lang. Wir schauen dem Menschen- und Tierfreund halt zu, verstehen dabei den Sinn des 700-Meilen-westwärts-Rennens aber immer weniger. Das macht den Film auf der Strecke abwechslungsreich, den Film als Ganzes aber nicht spannend.

Wertung: 5 von 8 D-Mark
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