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Plakatmotiv: Der Dialog (1974)

Ein Einzelgänger stolpert
über seine Profession

Titel Der Dialog
(The Conversation)
Drehbuch Francis Ford Coppola
Regie Francis Ford Coppola, USA 1974
Darsteller

Gene Hackman, John Cazale, Allen Garfield, Frederic Forrest, Cindy Williams, Michael Higgins, Elizabeth MacRae, Teri Garr, Harrison Ford, Mark Wheeler, Robert Shields, Phoebe Alexander, Ramon Bieri, Gian-Carlo Coppola, George Dusheck, Robert Duvall, Richard Hackman, George Meyer u.a.

Genre Thriller
Filmlänge 113 Minuten
Deutschlandstart
12. September 1974
Inhalt

Harry Caul ist Privatdetektiv, spezialisiert auf Abhöraktionen aller Art. Sein letzter Auftrag war nur Routine: Mit zwei Kollegen und ultrasensiblen, selbst konstruierten Peilmikrophonen nahm er einen Dialog auf, den Ann und Mark in der Mittagspause beim Spaziergang durch den Park in dem Glauben halten, völlig unbeobachtet zu sein.

Auftraggeber ist der Chef der beiden. Caul gelingt es, jedes Wort aufzunehmen. Als er dem Direktor das Band übergeben will, ist allerdings nur dessen Assistent Martin Stett anwesend – Caul besteht allerdings auf einer persönlichen Übergabe.

Der Dialog der beiden Personen geht ihm nicht mehr aus dem Kopf, obwohl er nicht weiß, worum es geht. Aber er hat eine Angst: Vor Jahren wurden drei Personen nach einem erfolgreichen Abhörmanöver ermordet. Caul fürchtet, dies könne auch in diesem Fall passieren und wird von Alpträumen geplagt …

Was zu sagen wäre

Der Protagonist ist ein einsamer Mann. Professionell einsam. Er schottet sich ab, gibt nichts von sich Preis. Als seine Geliebte Amy, die er ab und an besucht, ohne dann jemals seinen Regenmantel auszuziehen, ihn zu intensiv nach seinem Privatleben fragt, geht er sofort wieder. Plakatmotiv (DDR): Der Dialog (1974) In einer Schublade hat er ein zweites Telefon versteckt, von dem niemand erfahren darf. er ist ein Spezialist fürs Abhören anderer Leute. Sein Credo lautet: Nur abhören, mehr nicht. Er will nicht wissen, worum es im Umfeld des Abgehörten geht. In seiner Branche ist er ein Star.

Dass er überhaupt eine Geliebte hat, muss ein Zugeständnis an die männliche Hauptfigur sein, die in einem US-Film nicht ohne ihn anhimmelnde Frau sein kann. Zu einem zurückgezogenen Charakter wie Harry Caul passt eigentlich keine Geliebte. Eine zweite Frau, die sich nach einer Party an ihn ranschmeißt, hat auch prompt keinerlei sexuelles Interesse. Den Sex nimmt sie in Kauf, um an ein Tonband zu kommen, das im Film eine wichtige Rolle spielt.

Francis Ford Coppola hat einen Paranoia-Thriller inszeniert, der in die Zeit passt. Gerade erst ist US-Präsident Nixon über eine Abhöraffäre gestürzt (in den USA kam Coppolas Film schon im April in die Kinos, da war Nixon noch Präsident), die Morde an Kennedy, Martin Luther King und Malcom X sowie der Vietnamkrieg schüren Verunsicherung in der Gesellschaft. Nach Coppolas großen Erfolg mit Der Pate (1972), dessen Entstehung mit vielen Kämpfen mit den Studiobossen verbunden war, ist "The Conversation" nun ein vergleichsweise kleiner Film, der sich seine Grundkonstellation offenbar bei Michelangelo Antonionis "Blow Up" abgeguckt hat. Nur hat diesmal nicht ein Fotograf möglicherweise einen Mord fotografiert, sondern ein Abhörspezialist ein durch Mord gefährdetes Paar.

Harry Caul, der Spezialist bekommt Zweifel an seinem Auftrag, als er seine Aufnahmen nicht an den auftragsgebenden "Direktor" geben kann, sondern nur einem undurchsichtigen Assistenten. Denn Caul ist ein Mann mit Geheimnis und deshalb sehr misstrauisch. Er hat mal einen unmöglichen Abhörauftrag mit Bravour erledigt, was zur Folge hatte, dass die Abgehörten später ermordet aufgefunden wurden. Caul glaubt plötzlich, dass der Dialog des aktuell abgehörten Paares dessen Todesurteil ist; und als der undurchsichtige Assistent des Direktors unumwunden zugibt, dass er ihm das Tonband hat stehlen lassen, ist Harry plötzlich überzeugt, das Paar retten zu müssen. Wider sein eigenes Credo mischt er sich in die Hintergründe seines Jobs ein und scheitert an den spezifischen technischen Feinheiten seines Jobs, in dem man sich auch leicht verhören kann. Videocover: Der Dialog (1974) Harry, der zu echten Gesprächen mit Menschen kaum in der Lage ist, ihrem Kontakt auch lieber aus dem Weg geht, versteht den abgehörten Dialog akustisch korrekt, aber Sinn entstellend falsch.

Gene Hackman spielt den einsamen Spezialisten mit dünnem Nervenkostüm und sprödem Charme (Die Höllenfahrt der Poseidon – 1972; Die Professionals – 1972; French Connection – Brennpunkt Brooklyn – 1971; Leise weht der Wind des Todes – 1971; Bonnie und Clyde – 1967). Die Maske hat ihm eine künstliche Glatze und einen Schnurrbart verpasst, was ihn älter macht als er eigentlich ist. Außer, dass auch er gerne wenig spricht, hat Hackmans Beschattungsspezialist nichts von den Helden-Kerlen des Kinos, ist weit weg von Typen wie Clint Eastwood oder Steve McQueen. Harry wohnt in einer aufgeräumten Wohnung, in der es, wie er einmal zugibt, nichts Persönliches von ihm gibt. Coppola taucht visuell tief in die Welt des Abhörspezialisten ein. Sein Auftakt-Shot ist ein lange Zoom von oben, der mit einem ganzen Platz beginnt und schließlich auf dem Hinterkopf der Hauptperson endet. Die Erzählperspektive ändert sich nicht, sie bleibt immer Harrys, entsprechend eng bebildert die Kamera. Meistens steht sie still, sogar dann, wenn die Charaktere ihr Blickfeld verlassen haben – als würde Coppola seinen Film mit starren Überwachungskameras filmen. In der letzten Einstellung schwenkt die Kamera – wieder aus einer Vogelperspektive – sogar hin und her, wie eine Überwachungskamera im Supermarkt.

Hackmans Harry ist kein Held, wie wir ihn auf der Leinwand kennen, er treibt die Dinge nicht voran, lässt sich umgekehrt on den Dingen treiben. Zu Beginn des Films schminken sich zwei junge Frauen vor einem Spiegel, der halb durchlässig ist. Auf der anderen Seite sitzt Harry, der die Welt durch den Einwegspiegel beobachtet. Er offenbart sich ihr lieber nicht. Seine zunehmende Verunsicherung deutet sich in Kleinigkeiten an. Gleich zu Beginn hämmert eine Abrissbirne gegenüber seines Appartements ein Haus zu Klump, am Ende ist es verschwunden, so wie Harrys geordnetes Leben. Seine Geliebte, Amy, die ihm zu viele persönliche Fragen stellt, ist telefonisch plötzlich nicht mehr erreichbar. Erklärt wird das nicht, unterstreicht aber, dass Harrys Leben durcheinander gerät, als der Spezialist von seinem Spezialwissen in die Irre getrieben wird.

"The Conversation" ist ein solide inszenierter Film auf der Höhe seiner Zeit. In seiner Machart, in der wenig erklärt, sich Vieles über Bild und Ton transportiert, wirkt er sehr europäisch.

Wertung: 6 von 8 D-Mark
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