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Plakatmotiv: Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses (1988)

Ein großartiger Film
der lange nachhallt

Titel Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses
(Mississippi Burning)
Drehbuch Chris Gerolmo
Regie Alan Parker, USA 1988
Darsteller

Gene Hackman, Willem Dafoe, Frances McDormand, Brad Dourif, R. Lee Ermey, Gailard Sartain, Stephen Tobolowsky, Michael Rooker, Pruitt Taylor Vince, Badja Djola, Kevin Dunn, Frankie Faison, Thomas B. Mason, Geoffrey Nauffts, Rick Zieff u.a.

Genre Drama, Crime
Filmlänge 128 Minuten
Deutschlandstart
6. April 1989
Inhalt

1964 im US-Bundesstaat Mississippi: Drei junge Männer sind nachts auf einer abgelegenen Straße unterwegs, als sie von sieben Männern in drei Fahrzeugen verfolgt und bedrängt werden. Als sie auf einem Fahrzeug ein Polizeilicht sehen, halten sie an. Daraufhin werden sie als „Judenbengel“ und „Niggerfreunde“ beschimpft und erschossen. Bei den drei Männern (zwei Weiße und ein Schwarzer) handelt es sich um Bürgerrechtler, die sich für das Wahlrecht für Schwarze eingesetzt haben. Nachdem die Männer als vermisst gemeldet worden sind, werden zwei FBI-Agenten zur Aufklärung des Falles ins ländliche Jessup County geschickt: der junge, getreu nach den Buchstaben des Gesetzes agierende Alan Ward aus dem Norden sowie der ältere Rupert Anderson, der früher einmal selbst Sheriff im südlichen Bundesstaat war.

Der vor Ort herrschende offene Rassismus, die mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Polizeibehörden und die durch Brandschatzungen eingeschüchterten Schwarzen erschweren die Ermittlungen. Als versucht wird, beide Agenten einzuschüchtern, indem ihnen ein brennendes Kreuz vor die Tür gestellt wird, fordert Ward zusätzliche Agenten an. Sie finden den ausgebrannten Wagen der jungen Männer in einem Sumpfgebiet in der Nähe. Jetzt sind beide überzeugt, dass die Vermissten das Gebiet nie verlassen haben und tot sein müssen. Daraufhin fordert Ward eine weitere Hundertschaft beim FBI und Militär an, um mit ihrer Hilfe das gesamte Sumpfgebiet nach den Toten zu durchsuchen. Sie finden die Leichen nicht.

Anderson sucht währenddessen den Kontakt zu der Ehefrau des Hilfssheriffs Clinton Pell, weil er durch ein Foto darauf aufmerksam wurde, dass dieser Mitglied des Ku-Klux-Klans ist. Sie verschafft ihrem Mann ein Alibi für die Tatzeit, gesteht aber später, entsetzt über das Geschehene, dass ihr Mann an den Morden beteiligt war und die Leichen auf einer Farm unter einem Erdwall vergraben sind. Plakatmotiv: Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses (1988) Als das FBI die Leichen birgt, vermuten die Täter sogleich, dass Pells Frau geredet hat; diese wird deshalb später von ihrem Mann und einigen Mittätern brutal zusammengeschlagen. Die Männer vom FBI nehmen das als Kriegserklärung und interpretieren den legalen Rahmen ihrer Methoden aus …

Was zu sagen wäre

Es gibt Dinge, für die es sich zu sterben lohnt“, sagt FBI-Chefermittler Ward, als er sich mit seinem Kollegen Anderson über die Motivation weißer Menschenrechtsaktivisten streitet. „Ja!“, entgegnet Anderson, „Hier unten sagen sie, es gibt Dinge, für die es zu töten lohnt.

Alan Parker erzählt uns vordergründig eine sich an wahren Begebenheiten entlang hangelnde Geschichte über Rassismus in den Südstaaten Anfang der 60er Jahre. Parker, der ein Meister des schönen Bildes auf der Kinoleinwand ist (Angel Heart – 1987; "Birdy"– 1984; Pink Floyd – The Wall – 1982; "Fame – Der Weg zum Ruhm" – 1980; "12 Uhr nachts – Midnight Express" – 1978; "Bugsy Malone" – 1976), kann auch dieses Faible auch in diesem Film nicht verbergen, auch wenn viele Bilder nichts Schönes zeigen. Es ist – in Deutschland, 24 Jahre nach den im Film geschilderten Ereignissen im fernen Mississippi – ein Grusel zu erleben, dass Menschen auch anderswo in der Welt kein Halten kennen, wenn sie ihre Privilegien bedroht sehen. Wir wissen – ohne jemandes Schuld relativieren, eins gegen anderes aufwiegen zu wollen – von den bürokratischen Nazi-Mördern, wir haben die Apartheid in Südafrika auf dem Schirm, klar, wir wissen schon, dass die jungen Vereinigten Staaten auf Sklaverei fußen und dass Rassismus eine schwärende Wunde ist. Aber zu sehen, wie offen und von den einen geduldet, von den anderen ängstlich verschwiegen, die Gesellschaft bis rauf zum Sheriff und Bürgermeister da ihrem Rassenwahn freien Lauf lassen konnte, ist noch mal was anderes. Insofern liefert Parker hier einen bitteren Blick in die jüngere amerikanische Vergangenheit.

Die spannendere Geschichte erzählt aber das Gerüst dieser Klage. Ein junger FBI-Mann und ein alter FBI-Mann. Der junge FBI-Mann ist der Chef. Der alte FBI-Mann hat die Erfahrung, war selbst mal Sheriff in einem Mississippi-Kleinstadt. Der junge geht, wie die Amerikaner sagen „by the book“ vor, nach Vorschrift, er hat Ideale, er hat ein Rechtsempfinden und alles schreit gegen das Unrecht, das in dieser Kleinstadt in Jessup County offen zu Markte getragen wird. Der alte hingegen ist nicht etwa ein rassistischer Redneck, dem der Fall der verschwundenen Bürgerrechtler am Arsch vorbei ginge und heimlich mit den verschworenen Tätern sympathisiert. Das ist nicht Thema dieses Films. Der alte, Anderson, kennt aber die Mississippi-Seele und weiß, dass man „by the book“ hier nicht weiter kommt. Der Fall ist ja verzwickt: Es gibt drei vermisste Bürgerrechtsaktivisten. Es gibt keine Leichen. Es gibt den offenen Rassismus, den man aber nur hinter Gitter bringt, wenn er eine Straftat begangen hat. Plakatmotiv: Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses (1988) Mit der Emittlerarbeit nach Vorschrift kommt man da nicht weit, aber Rupert Anderson, der FBI-Mann aus Mississippi, kann das seinem jungen Vorgesetzten nicht begreiflich machen.

Diesen Mississippi-Cop, den wir zunächst für einen latenten Rassisten halten, spielt Gene Hackman, ein Meister in der Darstellung zwielichter Typen (No Way Out – 1987; Superman IV – Die Welt am Abgrund – 1987; Die verwegenen Sieben – 1983; Under Fire – 1983; Eureka – 1983; Superman – 1978; Die Brücke von Arnheim – 1977; French Connection II – 1975; 700 Meilen westwärts – 1975; Frankenstein Junior – 1974; "Der Dialog" – 1974; Die Höllenfahrt der Poseidon – 1972; Die Professionals – 1972; French Connection – 1971; Leise weht der Wind des Todes – 1971; Bonnie und Clyde – 1967). Hackman pendelt diesen Rupert Anderson feinfühlig als leidenschaftlichen Realisten ein, der ein brutaler Scheißkerl sein kann und ein tougher Ermittler „by the book“, einer, der seinem jungen Chef lange zusieht und nur Mahnungen abgibt. Bis ihm irgendwann der Kragen platzt und sein Chef ihm eine Pistole an den Schädel drückt, um ihn zur Raison zu bringen.

Willem Dafoe spielt diesen Chef Alan Ward. Und damit ist gleich in der ersten Szene klar, dass der Jüngere nicht gleichzusetzen ist mit der Unerfahrene ("Die letzte Versuchung Christi" – 1988; Platoon – 1986; Leben und sterben in L.A. – 1985; Straßen in Flammen – 1984; Begierde – 1983; Heaven's Gate – 1980). Dafoe gibt diesem FBI-Agenten Ecken und Kanten – einerseits betroffen und hilflos, andererseits entschlossen, nicht klein beizugeben. Als der Hotelbesitzer die FBI-Agenten lieber weg haben möchte, weil die in dieser Gegend schlecht für's Geschäft sind, kauft er kurzerhand das Motel auf FBI-Kosten – da weiß ein Mann mit seinen Kompetenzen umzugehen. Der Untertitel auf dem Kinoplakat heißt nicht zufällig „1964: Als Amerika sich selbst den Krieg erklärte“.

Das Duell der beiden FBI-Agenten ist spannender, als die Geschichte über weiße Rassisten und den Ku-Klux-Klan. Aber ohne diese Klan-Geschichte wäre die Agentengeschichte nur eine Agentengeschichte mit zwei sehr guten Schauspielern. Dieser Film wirkt noch lange nach der Kneipe-nach-dem-Film nach.

Wertung: 10 von 10 D-Mark
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