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Plakatmotiv: Das Gesetz der Macht (1991)

Gerichtsdrama um Bosse und
Frauen in Männer-Domänen

Titel Das Gesetz der Macht
(Class Action)
Drehbuch Carolyn Shelby & Christopher Ames & Samantha Shad
Regie Michael Apted, USA 1991
Darsteller

Gene Hackman, Mary Elizabeth Mastrantonio, Colin Friels, Joanna Merlin, Laurence Fishburne, Donald Moffat, Jan Rubes, Matt Clark, Fred Thompson, Jonathan Silverman, Joan McMurtrey, Anne Ramsay, David Byron, Tim Hopper, Robert David Hall u.a.

Genre Drama
Filmlänge 110 Minuten
Deutschlandstart
9. Mai 1991
Inhalt

Jedediah Tucker Ward und seine Tochter Maggie Ward sind beide Anwälte. Jedediah vertritt häufig einfache Bürger in Prozessen gegen große Konzerne während Maggie – die die Wut auf ihren Vater antreibt – für die Unternehmen tätig ist.

Jedediah reicht eine Sammelklage gegen den Autohersteller Argo ein, dessen Produkte gefährliche Konstruktionsfehler aufweisen sollen, durch die bereits 150 Unfälle verursacht wurden, darunter einige mit Todesfolge. Im Laufe des Prozesses wird das ganze Ausmaß des vorsätzlichen Betrugs und des Umgangs des Autoherstellers mit Fakten und Fehlern offenbar. Wie Zeugen bestätigen, waren alle Konstruktionsfehler bekannt, wurden aber aus Kosten- und Rentabilitätsgründen erst später behoben. Auch Klagen wurden billigend in Kauf genommen, nachdem ein Anwalt der Firma empfohlen hatte, dieses Risiko einzugehen.
Vater und Tochter liefern sich vor Gericht erbitterte Duelle. Maggie stellt die Glaubwürdigkeit der von ihrem Vater aufgerufenen Zeugen infrage. Ihm jedoch gelingt es, den ehemaligen Chefbuchhalter des Unternehmens zum Reden zu bringen …

Was zu sagen wäre

Eine Rückrufaktion hätte rund 50 Millionen Dollar gekostet. Unsere Erbsenzähler rechneten und fanden heraus, dass Argo wegen des Konstruktionsfehlers mit etwa 150 Klagen rechnen müsste. Bei einer Schadenssumme von 200.000 Dollar pro Klage, sofern diese erfolgreich ist, würde Argo das 30 Millionen Dollar kosten. Sie sehen: die Rechnung war eindeutig.“ Es sind skrupellose Methoden von Großunternehmen, mit denen Michael Apted (Gorillas im Nebel – 1988; "Gorky Park" – 1983) in seinem neuen Film ins Gericht geht, gnadenlose Kosten-Nutzen-Rechnungen, die Todesopfer billigend in Kauf nehmen. Das ist der Rahmen dieses Gerichtsthrillers, in dem sich karriereorientierte Anwälte und skrupellose Konzernbosse die Klinke in die Hand geben.

Aber Michael Apted interessiert sich nicht für den Rahmen, den er nur nutzt, um ein effizientes Drama zu inszenieren. Im Zentrum steht ein Familiendrama, das insofern besonders ist, weil es einen Tochter-Vater-Konflikt enthält. Normalerweise suhlt sich das Hollywoodkino gerne in dramatischen Abnabelungsprozessen von Söhnen, die ihre Väter überwinden müssen. Michael Apted guckt mal, wie das mit einer Tochter funktioniert. Dadurch hat sein Film – ungewollt, oder, wahrscheinlich, gewollt – eine feministische Komponente. Im Mittelpunkt steht eine Frau, die sich in einer sehr von Männern dominierten Welt ihren Platz erstreiten muss. Der Vergleich mag weit hergeholt klingen, aber vor drei Jahren hat Apted Sigourney Weaver in den Dschungel geschickt, um in Gorillas im Nebel das Zutrauen eines Gorilla-Mannes zu gewinnen, jetzt muss Mary Elizabeth Mastrantonio (Abyss – 1989; Die Farbe des Geldes – 1986; Scarface – 1983) das Zutrauen ihres obersten Anwalt-Bosses sowie den Respekt ihres übermächtigen Vaters gewinnen, beides Silberrücken im Maßanzug.

Dann kommt es also zu dem Prozess. Ein schwer verwundeter Mann geht mit seinem Anwalt gegen einen übermächtigen Konzern vor, der einen Gerichtsstreit so lange hinziehen kann, dass der Kläger wahrscheinlich tot ist, wenn endgültig entschieden wird. Das ist aber dann gar nicht so spannend. Der juristische Fall ist sehr zu Lasten des Konzerns erzählt, die Winkelzüge und Tricks der Anwälte aus der Schublade, auf der "Winkeladvokaten", die der Konzerne aus der Schublade, auf der "Uncorporate America/Shareholder Value" steht. Das ist gut inszeniert, auch in Nebenrollen gut besetzt und ansprechend ins Bild gesetzt. Nur halt eben vorhersehbar und eher so mäßig spannend.

Die Spannung kommt aus den, nun ja, Spannungen zwischen Vater und Tochter, die schon privat größte Schwierigkeiten miteinander haben und sich zum ersten Mal vor Gericht gegenüberstehen, in einem Fall, der sie zur Partnerin in ihrer Sozietät machen kann und ihm einen weiteren David-gegen-Goliath-Sieg in seiner langen Karriere im Kampf gegen Multimillionen-Dollar-Konzerne und „diese faschistoiden Reagan-Richter“ bescheren kann. Gene Hackman spielt den juristisch versierten Vater mit der Souveränität eines Schauspielers, der seit zwanzig Jahren im Geschäft ist (Narrow Margin – 1990; Eine andere Frau – 1988; Mississippi Burning – 1988; No Way Out – 1987; Superman IV – Die Welt am Abgrund – 1987; Die verwegenen Sieben – 1983; Under Fire – 1983; Eureka – 1983; Superman – 1978; Die Brücke von Arnheim – 1977; French Connection II – 1975; 700 Meilen westwärts – 1975; Frankenstein Junior – 1974; "Der Dialog" – 1974; Die Höllenfahrt der Poseidon – 1972; Die Professionals – 1972; French Connection – 1971; Leise weht der Wind des Todes – 1971; Bonnie und Clyde – 1967). Hackmans Anwalt gibt sich als eine Art Robin Hood mit locker sitzender Krawatte, der in seinen besten Jahren keine Frau nicht ins Bett geholt hat und damit seine Ehefrau und seine Tochter unglücklich gemacht hat. Ein klassischer Vertreter des erfolgreichen, weil rücksichtslos die eigenen Interessen verfolgenden Mannes.

Der Anwalt (und Vater) ist verheiratet. Mit einer herzensguten Frau (und Mutter). Die ist jetzt die ersten zwanzig Minuten damit beschäftigt, in salbungsvollen Mutter-Sätzen Ehemann und Tochter davon zu überzeugen, sich an diesem Auto-Fall nicht endgültig zu entzweien. Das tut sie so ausführlich, weil sie nach dreißig Minuten tot ist und auch nur in diesem Drehbuch auftaucht, weil sie diejenige ist, die die beiden Streithähne zu Beginn für den Zuschauer sympathisch machen muss. Immerhin hat sie ihren Mann nicht verlassen trotz dessen vieler Affären, „weil ich ihn doch liebe“. Und die Tochter, die als Anwältin eine glutäugige Karriereschlange im Sold einer Groß-Kanzlei ist, kann auch ein bisschen mütterliche Wärme verkraften. An der toten Mutter und Ehefrau haben dann beide Gelegenheit, zueinander zu finden, was erwartungsgemäß nicht ohne hässliche Auseinandersetzungen geht. Da liegen die spannenden Situationen in diesem Film, der am Ende keine zufrieden stellende Lösung anbietet – was aber auch nicht die Aufgabe eines Films ist. Tochter und Vater tanzen am Ende innig und einander alles verzeihend und da hat der Film in seinem zentralen Thema sein Happy End: Die Familienbande waren stärker, als die bösen Autobauer und die schleimigen Anwälte. Aber in der Männerbastion Anwaltskanzlei hat sich die couragierte Frau nicht durchgesetzt, ist ihren Job los und auch ihren falschen Lover, immerhin zugunsten einer besseren Welt; da hat sie dann von ihrer Mutter mehr gelernt als von ihrem Vater.

Die Erkenntnis, die wir nach diesem ganz spannenden Film mit nach Hause nehmen, lautet: Wenn Frauen sich einmischen, machen vielleicht Autokonzerne herbe Verluste. Aber die Frauen mit ihren moralisch-ethischen Vorstellungen, die wohl zur Kindererziehung taugen, aber nicht zum harten Alltag der Juristerei, pinkeln dann auch nicht länger mit den Männern um die Wette und werden aussortiert. Während die Männer weiter pinkeln.

Wertung: 7 von 10 D-Mark
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