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Plakatmotiv: The Misfits – Die Meisterdiebe (2021)

Ein billig erzählter Film,
der auch so aussieht

Titel The Misfits – Die Meisterdiebe
(The Misfits)
Drehbuch Kurt Wimmer & Robert Henny
Regie Renny Harlin, USA, Finnland 2021
Darsteller

Pierce Brosnan, Tim Roth, Nick Cannon, Rami Jaber, Jamie Chung, Hermione Corfield, Mike Angelo, Qais Qandil, Martin J. Corrado, Robert Henny, Samer al Masri, Gonzalo Menendez, Ahmed Mawas, Christian Mandel, Adam Stone, Ehab Elganady, Kouryou Ngin, Mahmoud Viga u.a.

Genre Abenteuer, Komödie
Filmlänge 94 Minuten
Deutschlandstart
4. November 2021 (Streaming)
Inhalt

Gentleman-Gauner Richard Pace ist an der Bar eines Luxushotels gerade damit beschäftigt, einem reichen Deutschen die teure Uhr vom Handgelenk zu stehlen, als er unerwarteten Besuch erhält. Tochter Hope muss feststellen, dass ihr ewig abwesender Erzeuger nach wie vor auf kriminellen Pfaden wandelt. Umgekehrt hält nun Daddy überhaupt nichts davon, seiner Tochter und ihren Verbündeten einmal zur Abwechslung bei einem "ehrenwerten" Raub zu helfen.

Doch der Prinz, einer der Misfits rund um Auftraggeberin Hope, findet einen Kniff, um den begabten Dieb nach Abu Dhabi zu locken. Dort erfährt Richard, dass er den Meisterdieben dabei helfen soll, einen Goldschatz aus einem Hochsicherheitstresor zu stehlen. Das Gold dient einer muslimischen Terrororganisation dazu, Anschläge weltweit zu finanzieren. Kleiner Haken an der Geschichte: Der Tresor befindet sich in einem bestens geschützten Gefängnis eines Nachbarlandes, das unter der Verwaltung des skrupellosen Briten Schultz steht. Und dieser hat mit dem Gentleman-Gauner noch eine persönliche Rechnung offen. Denn Richard ist einer der wenigen, die je aus einem Gefängnis von Schultz entfliehen konnte. Eine Schmach, die es auszuwetzen gilt.

Schließlich gelingt es Hope doch, den schuldbewussten Vater zum Mitmachen zu überzeugen, zumal er auch ein persönliches Auge auf den Schatz geworfen hat. Gemeinsam mit dem pfiffigen Trickbetrüger Ringo, der schlagkräftigen Violet, dem Hacker-Genie Wick und dem mit allen Wassern gewaschenen Prinzen entwickelt er einen Plan …

Was zu sagen wäre

Das Plakatmotiv zu dem Film sieht aus, wie ein James-Bond-Poster aus den 1970er Jahren; das von Leben & Sterben lassen sah so ähnlich aus. Oben groß der Helden, unter ihm kleiner alle möglichen Actionszenen mit Autos, Booten und – wahlweise – Hubschraubern oder Cessnas. Schon klar, was die Produzenten wollen: Ihr Hauptdarsteller ist Pierce Brosnan, dieses personifizierte Erste-Klasse-Klischee, der bis 2002 auch viermal den Agenten im Geheimdienst Ihrer Majestät gespielt hat, und da liegt es ja nahe, dass es auch im vorliegenden Film ordentlich Action geben wird. Auf dem Regiestuhl sitzt schließlich Renny Harlin, der im Action-Genre mal echt für Furore gesorgt hat – in den 1990er Jahren. Danach nicht mehr (Devil's Pass – 2013; Driven – 2001; Deep Blue Sea – 1999; Tödliche Weihnachten – 1996; Die Piratenbraut – 1995; Cliffhanger – Nur die Starken überleben – 1993; "Ford Fairlane – Rock'n' Roll Detective" – 1990; Stirb Langsam 2 – 1990; Nightmare on Elm Street 4 – 1988).

Harlin bekommt offenkundig nicht mehr die großen Budgets, die er früher gewohnt war. Finanziert von sieben Produktionsgesellschaften (SquareOne, Filmgate, K.J.Media,, R.U.Robot, Highland Film Group, The Avenue, RNG Entertainment OY), darunter einige aus dem arabischen Raum, zieht er mit seinem Filmteam in die arabische Glitzerwelt von Abu Dhabi und filmt schöne Menschen an exotischen Schauplätzen in beeindruckender Architektur. Wer braucht da eine packende Story? Der Film ist eine lahme Heist-Story ohne Hindernis.

Pierce Brosnan, mittlerweile 68 Jahre alt, spielt einen gewitzten Dieb und Ausbrecherkönig, der wohl nur so dreiviertel gut ist, deshalb immer wieder im Gefängnis landet, aus dem er dann wieder ausbricht. Er ist einsam und ertränkt seinen Blues in blau-rot schimmernden Bars mit teurem Whiskey, versucht, reichen Männern ihre protzigen Uhren zu klauen und schleppt junge Frauen Anfang 30 ab – eine wehrt ihn zunächst ab, sie küsse keine Männer, sie töte sie lieber, verspricht aber zum Finale „Wenn Du es weniger ruhig willst, lernst Du mich näher kennen.“ Diese Szenen sind ein bisschen peinlich. Brosnan sieht im Maßanzug immer noch gut hergerichtet aus, aber auch die Zeiten, in denen er in den Jahren nach Bond sein Golden-Guy-Image glaubhaft hops nahm, liegen schon viele Jahre zurück. Heute schreibt ihm das Drehbuch eine moralische Delle in die Dialoge, die er nicht mit Leben füllen kann.

Das Drehbuch verkauft uns den Helden als selbstsüchtigen Mann, der für seine Räubereien sogar Frau und Tochter sitzen gelassen hat – nicht, ohne der Tochter vorher noch alles beizubringen, was man für den kleinen Trickbetrug am Nachmittag so braucht. Brosnan ist ein charmanter Typ, gut aussehend, locker, der auf der Leinwand im Richtgen Film noch Wirkung erzielen kann ("Mamma Mia! Here We Go Again" – 2018; The Foreigner – 2017; Professor Love – 2014; The November Man – 2014; A Long Way Down – 2014; The World's End – 2013; Der Ghostwriter – 2010; "Mamma Mia!" – 2008; "After the Sunset" – 2004; James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag – 2002; Der Schneider von Panama – 2001; Die Thomas Crown Affäre – 1999; "Der amerikanische Neffe" – 1998; James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie – 1997; Dante's Peak – 1997; Mars Attacks! – 1996; James Bond 007: GoldenEye – 1995; Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen – 1993; "Hydrotoxin – Die Bombe tickt in dir" – 1992; "Der Rasenmähermann" – 1992). Aber für diesen komplexen Charakter ist nicht nur Brosnan der falsche Schauspieler, Drehbuch und Regie nehmen die Komplexität auch nicht ernst. Der negative Charakterzug des Helden ist reine Oberfläche, gut für ein paar Dialogzeilen zwischen Vater und Tochter und wenn fürs Finale noch ein Twist in diesem vorhersehbaren Plot gebraucht wird – der sich freilich auch schon Stunden vorher angekündigt hat.

Buchstäblich in der Bar wird dieser schimmernde Loner für den unmöglichen Auftrag aufgegabelt und natürlich sträubt er sich zunächst, findet dann aber binnen weniger Stunden den Schwachpunkt in einem Hochsicherheitsgefängnis weit im Hinterland eines Pakistan-artigen Staates, in dessen Eingeweiden sich viele glänzende Goldbarren befinden, mit denen Terroranschläge weltweit finanziert werden. Die Gang, die sich "The Misfits" nennt – "Die Außenseiter" – klaut das Gold nicht für sich, sie will damit soziale Einrichtungen und Terroropfer unterstützen. Das interessiert den moralisch ein bisschen fragwürdigen Pierce-Brosnan-Charakter Richard Pace natürlich nicht, was den Filmemachern mit Hilfe ihrer arabischen Geldgeber, die ein Interesse daran haben, ihr Land und ihre Schauwerte ins Schaufenster der Tourismuswelt zu stellen, die Gelegenheit gibt, an sehenswerten Bling-Bling-Schauplätzen zu drehen, Luxus zu inszenieren, ohne freilich etwas für die Geschichte zu tun.

Der Goldraub wird aufgesetzt, geplant, umgesetzt, fertig. Um etwas Freund-Feind-Konfrontation zu haben – lauter gesichtslose Araber, die hier entweder Terroristen, dumme Gefängnisaufseher oder rätselhafte Prinzen sind, geben als Gegner nicht so viel her – gibt es noch den Chef des Gefängnisses, der ein Chef über ganz viele privat finanzierte Gefängnisse in aller Welt ist und mit den Terrorismusfinanzierern unter einer Decke steckt. Tim Roth spielt ihn, der mit der Rolle des Schurken vertraut ist (The Hateful 8 – 2015; Der unglaubliche Hulk – 2008; Don't Come Knocking – 2005; Planet der Affen – 2001; Lucky Numbers – 2000; Vatel – 2000; The Million Dollar Hotel – 2000; Gridlock'd – Voll drauf! – 1997; Alle sagen: I love you – 1996; Rob Roy – 1995; Pulp Fiction – 1994; Reservoir Dogs – 1992). Dieser Mann, Schultz heißt er, hat ein paar Hühnchen mit Richard Pace zu rupfen. Nicht nur ist der mehrfach aus seinen Gefängnissen ausgebrochen, was sich nicht gut auf seinen, Schultz' Marktwert auswirkt, Pace hat auch mit Schultz' Frau geschlafen und man weiß nicht, was der ihm übler nimmt. Der Film löst es auch nicht auf. Es gibt nicht eine Szene, in der Brosnan und Roth gemeinsam zu sehen sind. Roth rennt dem Geschehen hinterher und zieht immer den Kürzeren. Mehr bekommt er nicht zu tun. Das ist Spannung auf Hauptschulniveau. Fürs Vorabendprogramm im Fernsehen geeignet.

Und die Action auf dem Plakat? Mit der Renny Harlin früher so souverän umging? Limousinen, SUV und Porsches verfolgen sich durch die Straßen eines Industriegebietes, alles schnell geschnitten und wie im Computer entworfen. Action ohne Bodenhaftung mit erschrockenen Gesichtern vor Greenscreen.

Dieser Film hat 15 Millionen Dollar gekostet. Wenn man bedenkt, dass die Produktion des ersten Star Wars-Films 1977 10 Millionen gekostet hat (was schon damals ein kleines Budget war), sind diese 15 Millionen Dollar Produktionsbudget ein schlechter Witz für einen Film, der sich als weltumspannendes Abenteuer verkauft. Es wurde an der falschen Stelle – Dramaturgie, Spannung, Ideen – gespart. Das wirkt sich aus. Als weltweite Einnahmen verzeichnet dieser Film lediglich 1,6 Millionen US-Dollar.

Wertung: 1 von 8 €uro
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