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Plakatmotiv (UK): The Foreigner (2017)

Gut gespieltes Actiondrama,
das aus seiner Zeit gefallen ist

Titel The Foreigner
(The Foreigner)
Drehbuch David Marconi
nach dem Roman "The Chinaman" von Stephen Leather
Regie Martin Campbell, UK, China, USA, Indien 2017
Darsteller

Jackie Chan, Pierce Brosnan, Grainne Keenan, Sean Gleeson, David Pearce, Stephen Hogan, Ray Fearon, John Cronin, Katie Leung, Dermot Crowley, Rufus Jones, Stuart Graham, Michael McElhatton, Lia Williams, Pippa Bennett-Warner, Liu Tao, Charlie Murphy, Orla Brady, Thusitha Jayasundera, Roberta Taylor, Donna Bernard, Aaron Monaghan, Niall McNamee, Ryan Early, David Annen, Aden Gillett, Rory Fleck-Byrne, Mark Tandy u.a.

Genre Action, Thriller
Filmlänge 113 Minuten
Deutschlandstart
23. Februar 2018 / DVD- und Bluray-Release)
Inhalt

Quan Ngoc Minh führt in London ein chinesisches Restaurant. Als er seiner Tochter ein Kleid für ihren Abschlussball kaufen will, explodiert vor der Boutique eine Bombe, die mehrere Menschen tötet, darunter auch Quans Tochter. Zu dem Attentat bekennt sich eine Gruppe, die sich als "Kern-IRA" bezeichnet. Sie will den Kampf der als befriedet geltenden IRA wieder aufnehmen.

Von dem Anschlag ist nicht nur die Regierung in London überrascht, sondern auch Liam Hennessy, der stellvertretende Erste Minister Nordirlands. Hennessy stand früher selbst im Lager der Militanten, entschied sich dann jedoch für einen friedlichen Weg und eine politische Karriere. Jetzt sieht er seine Macht in Gefahr, denn gleich von mehreren Seiten spürt er Druck: Die britische Regierung fordert ihn auf, die Bombenleger ausfindig zu machen. Außerdem ist er mit Widersachern unter seinen politischen Freunden konfrontiert, die hinter seinem Rücken arbeiten. Vor allem aber macht ihm Quan zu schaffen.

Der trauernde Vater will mit Hennessys Hilfe die Namen der Mörder seiner Tochter herausfinden. Bei der Polizei hatte Quan keine Unterstützung erhalten, und die Aufklärung des Falles geht ihm zu langsam voran. Nachdem er Hennessy in einem Fernsehinterview gesehen hat, ruft er ihn an, lässt nicht locker und reist schließlich nach Belfast. Als Quan im Büro des Ministers sitzt, will Hennessy ihn erneut vertrösten und abwimmeln. Doch jetzt greift Quan zu anderen Mitteln. Er bastelt eine Bombe aus Haushaltsmitteln und jagt damit die Toilette in Hennessys Amtsgebäude in die Luft. Schnell kommt der Politiker dahinter, dass Quan ein gefährlicher Gegner ist, der ebenfalls auf eine kämpferische Vergangenheit blickt.

Während Quan in Belfast mit immer rabiateren Methoden Hennessy in die Enge treibt, um die Identität der Attentäter zu erfahren, verüben diese in London erneut einen Anschlag. Plakatmotiv (UK): The Foreigner (2017) Hennessy beordert seinen Neffen Sean Morrison aus New York in die Heimat. Morrison soll sich in der britischen Hauptstadt heimlich mit dem Chef der Antiterroreinheit treffen und ihm den Plan erläutern, die "Kern-IRA" in eine Falle zu locken. Bald muss Hennessy jedoch feststellen, dass unbekannte Spieler mitmischen und mit verdeckten Karten spielen.

Quan verfolgt unterdessen unbeirrbar seinen Plan, die Mörder seiner Tochter selbst zur Strecke zu bringen …

Was zu sagen wäre

Die einzige Tochter ist tot. Ermordet bei einem Sprengstoffattentat. Noch nicht ganz erwachsen. Der verzweifelte Vater steht in ihrem Zimmer, rosa tapeziert, Plüschteddies liegen auf dem Bett. Auf dem kleinen Schreibtisch liegen aufgeschlagen Schulhefte und -bücher.

Es ist im modernen Kino nicht mehr so einfach, den Zuschauer noch zu einer echten Gefühlsreaktion zu bringen. Dauernd sterben auf der Leinwand doch Menschen, selten friedvoll. Da gewöhnt man sich als Zuschauer dran: Okay, Tochter tot. Dramatisch. Verstanden. Und den Vater spielt auch noch Jackie Chan, der lustige Hongkong-Chinese, der in den 80er Jahren so lustige Prügelaction-Filme inszeniert und sich regelmäßig Knochen gebrochen hat ("Police Story" – 1985; Auf dem Highway ist die Hölle los – 1981); na, dann wird's ja gleich rund gehen. Martin Campbell weiß um dieses Problem der Abstumpfung, aber um seinem Film halbwegs glaubwürdigen Humus zu geben, muss die Trauer des Vaters den Zuschauer treffen. Campbell hat in seinen unterschiedlichen Filmen genügend Erfahrung und Kritiker-Narben gesammelt (Green Lantern – 2011; Auftrag Rache – 2010; James Bond 007: Casino Royale – 2006; Vertical Limit – 2000; Die Maske des Zorro – 1998; James Bond 007: GoldenEye – 1995), um zu wissen, wie er das hinkriegt – aufgeschlagene Schulhefte und -bücher; die Hausaufgaben waren wohl noch nicht fertig. Und jetzt werden sie auch nicht mehr fertig. Und Jackie Chan ist ein trauernder Schmerzensmann, der einem zu Herzen geht. Ein guter Clown kann auch großes Drama. In Chaos Gesicht steht der ganze Verlust in tiefen Furchen geschrieben.

Im Laufe des Films stellt sich noch heraus, dass er noch mehr Töchter und seine Frau früher schon auf brutale Weise verloren hat, aber das ist für das Drama des Films gar nicht mehr nötig. Das ist dann für den größeren, den Actionteil dieses Films, der erklären muss, warum dieser alte, kleine, freundliche Chinese eigentlich so berserkerhaft kämpfen kann. Was sich entwickelt, ist kein Film über ein Vatertrauma, sondern eine Art Rambo in Belfast. Der freundliche Chinese war in seinem abwechslungsreichen Leben auch bei den Special Forces und hat da gelernt, besser zu sein, als alle alt und in dem seit 19 Jahren andauernden Frieden von Nordirland dick gewordenen IRA-Strategen. Plakatmotiv (UK): The Foreigner (2017) Als Gegenspieler, als einer dieser alt gewordenen IRA-Aussteiger spielt Pierce Brosnan (Professor Love – 2014; The November Man – 2014; A Long Way Down – 2014; The World's End – 2013; Der Ghostwriter – 2010; "Mamma Mia!" – 2008; After the Sunset – 2004; James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag – 2002; Der Schneider von Panama – 2001; James Bond 007 – Die Welt ist nicht genug – 1999; Die Thomas Crown Affäre – 1999; "Der amerikanische Neffe" – 1998; James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie – 1997; Dante's Peak – 1997; Mars Attacks! – 1996; James Bond 007: GoldenEye – 1995; Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen – 1993; "Hydrotoxin – Die Bombe tickt in dir" – 1992; "Der Rasenmähermann" – 1992), mit dem Campbell vor 22 Jahren in GoldenEye der vierten Neustart der James Bond-Reihe geglückt war und Brosnan ist auch diesmal ein – neben Chan – weiterer Glücksfall. Sein zwischen IRA-Seligkeit und eleganter Landhausfriedlichkeit changierender Liam Hennessy mit randloser Brille und eisgrauem Kurzhaar ist ein wunderbarer Gegner für den verzweifelten Vater. In Brosnan und Chan stoßen Sprechblasenpolitiker und Selbst-ist-der-Mann-Durchgreifer hart aufeinander.

Als dritten Akteur stellt Campbell noch die Politik aufs Spielfeld. Beamte zwischen London und Belfast im Ringen um Frieden oder den eigenen Sessel der Macht, da spielen viele nach vielen Regeln, verlassen kann man sich auf beiden Seiten auf niemand und vor allem nicht auf die Ehefrauen und Geliebten. Das gibt dem zeitgenössischen Ein Mann sieht rot-Plot eine komplexe Struktur, die Campbell in wuchtigen Bildern, wilden irischen Landschaften und glasglitzernden Großstadtpanoramen erzählt.

"The Foreigner" kam in Deutschland gleich in die DVD- und Plural-Regale. Die Entscheidung ist nachvollziehbar. Obwohl mit hohem Aufwand gedreht, nicht gekleckert sondern geklotzt wurde, sind solche Filme heute im Kino nicht mehr Mehrheitstauglich. Vor zehn Jahren vielleicht, als mit Iron Man der Start des großen Marvel-Durchmarschs auf den Leinwänden noch einige Monate in der Zukunft lag, hätte so ein Film mit dieser Besetzung als sauberes, zügig erzähltes Actiondrama auf großer Leinwand noch zünden können. Der DVD-Release sagt gar nichts über die Qualität des Films aus. Er ist nur einfach aus der Zeit gefallen.

Wertung: 5 von 8 €uro
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