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Plakatmotiv: Mother! (2017)

Kein Film.
Ein Rätsel.

Titel Mother!
(Mother!)
Drehbuch Darren Aronofsky
Regie Darren Aronofsky, USA 2017
Darsteller

Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Ed Harris, Michelle Pfeiffer, Brian Gleeson, Domhnall Gleeson, Jovan Adepo, Amanda Chiu, Patricia Summersett, Eric Davis, Raphael Grosz-Harvey, Emily Hampshire, Abraham Aronofsky, Luis Oliva, Stephanie Ng Wan u.a.

Genre Horror
Filmlänge 121 Minuten
Deutschlandstart
14. September 2017
Inhalt

Ein Dichter und seine Ehefrau haben sich in die Abgeschiedenheit eines viktorianischen Landhauses zurückgezogen. Er versucht, seine Schreibblockade zu überwinden. Sie richtet das Haus ein, kocht, wäscht – und wird zunehmend von albtraumhaften Eindrücken geplagt.

Plötzlich steht überraschender Besuch vor der Tür: ein Fremder und wenig später dessen Ehefrau. Das Paar wird vom Dichter eingeladen, zu bleiben – obwohl die junge Frau des Künstlers, der die Aufdringlichkeit der Besucherin nicht behagt, Bedenken hat.

Und die nächste Invasion des Refugiums lässt nicht lange auf sich warten: Die Söhne des fremden Ehepaares tauchen auf und tragen ihren zunehmend heftigeren Streit im Haus aus …

Was zu sagen wäre

Das ist keine glückliche Ehe, die wir da vorgeführt bekommen in dem schnuckligen Haus im Nirgendwo, irgendwo auf einer Lichtung im Wald. Sie reden kaum miteinander, der Dichter und seine Frau, und wenn, dann aneinander vorbei. Er hat eine Schreibblockade, sie traut sich nicht, ihn anzusprechen und stürzt sich in die Renovierung des Hauses, mit dem sie in irgendeiner Art von Verbindung steht.

Wenn sie die Wände spachtelt, die Augen schließt und beide Hände ans alte Gemäuer lehnt, sieht – spürt? bildet sich ein? – sie ein schlagendes Herz, das von Mal zu mal mehr versteinert. Wenn sie Unterleibschmerzen hat, vibriert das Haus, in dem sie bald zugemauerte Räume entdeckt. Ein Blutfleck auf dem Boden lässt sich nicht mehr wegwischen, sieht bald aus wie eine Vulva.. Sie renoviert. Er schreibt, heißt es. Das erste Bild im Film gehört einer brennenden Frau, die erschöpft in die Kamera blickt. Das zweite dem Dichter, der ein Kristall auf einen Ständer stellt; darauf wird aus der Ruine des Hauses wie von Zauberhand ein naheziu fertig renovierter Wohntraum.

Plakatmotiv: Mother! (2017)Es ist nicht, was es scheint, das ist schnell klar in diesem Film von Darren Aronofsky. Immerzu klebt die Kamera an Jennifer Lawrence (Passengers – 2016; X-Men: Apocalypse – 2016; Joy: Alles außer gewöhnlich – 2015; Die Tribute von Panem – Mockingjay – 2014; Serena – 2014; American Hustle – 2013; House at the End of the Street – 2012; Silver Linings – 2012; Die Tribute von Panem – 2012; „Der Biber“ – 2011; Winter's Bone – 2010). Sie spielt die Ehefrau des Dichters mit der Schreibblockade – offensichtlich erleben wir eine subjektiv erlebte Geschichte; ihr Point of View, auch wenn in einer Szene die Kamera von ganz weit oben aus den Wolken auf ihr Heim blickt. Er wolle ein Kind, unbedingt, sagt der Dichter zu den Besuchern, die eines Tages in der Tür stehen, sich breit machen im Haus und übergriffig sich in Dinge einmischen, Räume betreten, die sie nichts angehen. „Du willst ein Kind? Dabei fickst Du mich nicht mal“, zischt sie ihm einmal entgegen. Dann nimmt er sie mit Leidenschaft, am nächsten Morgen weiß sie, sie ist schwanger, er hechtet begeistert zum Schreibtisch und knapp neun Monate später ist ihr Bauch so prall wie eine Melone und hat er einen Bestseller geschrieben – der aber irgendwie, als die Ehefrau das Manuskript liest, in Tränen ausbricht und „Es ist perfekt“ haucht, nur aus einer Seite besteht; ein Gedicht? Eine Metapher?

Die Rätsel häufen sich. So, wie die aufdringlichen Besucher sich häufen, die immer mehr werden und bald das Haus auseinandernehmen, das voller Oktagons ist. Der Grundriss ein Achteck, das Mosaik, das die Dielen am Boden bilden ein Achteck, Intarsien an Schränken und Schubladen Achtecke, die Streben der Bleifenster bilden Achtecke, irgendwas sollen sie dem zunehmend gereizten Zuschauer – die Besucher, angeblich Fans des wieder erfolgreichen Dichters, sind zu aufdringlich, der dichtende Ehemann zu freundlich, verständnisvoll – wohl sagen. Ist das der magische Hexenkreis vom Blocksberg? Am Anfang, im ersten Bild hat doch die Frau gebrannt?

Plakatmotiv: Mother! (2017)Immer mehr Menschen tauchen auf, reißen die Wände ein, nehmen mit auch was niet und nagelfest ist, Polizei taucht auf, die Nationalgarde, Menschen, die ins Haus drängen werden zu Boden geschleudert und standrechtlich erschossen, das Haus hat seine friedliche Unschuld längst verloren, so wie der Zuschauer die Geduld.

Nervös suche ich nach Hinweisen, ob der Film sich vielleicht als Allegorie auf eine globale Flüchtlingssituation verstehen lässt – wir in unserem schnuckligen Haus in nur eingebildetem Glück (so wie diese seltsame Ehe zwischen Jennifer Lawrence und Javier Bardem) werden überrannt von Fremden, die sich nehmen, von dem sie glauben, es stehe ihnen zu? Kann nicht sein, dazu sind die ersten Besucher, Ed Harris (Regeln spielen keine Rolle – 2016; Snowpiercer – 2013; Pain & Gain – 2013; Ein riskanter Plan – 2012; A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn – 2001; Duell – Enemy at the Gates – 2001; Seite an Seite – 1998; Die Truman Show – 1998; Absolute Power – 1997; The Rock – Fels der Entscheidung – 1996; Nixon – 1995; Apollo 13 – 1995; Needful Things – 1993; Die Firma – 1993; Glengarry Glen Ross – 1992; Abyss – 1989) und Michelle Pfeiffer, zu dezidiert ablenkend mit eigener Familie und Erbstreitigkeiten ausgemalt und nehmen nichts mit, sind lediglich unverschämt – Michelle Pfeiffer (Malavita – The Family – 2013; Dark Shadows – 2012; Happy New Year – 2011; Gemeinsam stärker – Personal Effects – 2009; Schatten der Wahrheit – 2000; An deiner Seite – 1999; Tage wie dieser … – 1996; Aus nächster Nähe – 1996; Dangerous Minds – 1995; Batmans Rückkehr – 1992; Frankie und Johnny – 1991; Das Russland-Haus – 1990; „Die fabelhaften Baker Boys“ – 1989; Gefährliche Liebschaften – 1988; Tequila Sunrise – 1988; Die Mafiosi-Braut – 1988; Die Hexen von Eastwick – 1987; Der Tag des Falken – 1985; Kopfüber in die Nacht – 1985; Scarface – 1983) in ihrer dämonischen Kälte ist neben Jennifer Lawrence so ziemlich der einzige Lichtblick dieses Films.

Kann es sich um eine Art Musen-Geschichte handeln? Jennifer Lawrence als aufblühende Muse des Dichters, die, nachdem der Dichter sie abgezapft hat, wieder zu Staub zerfällt und neu entsteht? Darauf deuten die letzten Bilder des Films hin, die sind wie die ersten. Jennifer Lawrence ist verbrannt, Javier Bardem (Pirates of the Caribbean: Salazars Rache – 2017; The Counselor – 2013; James Bond 007 – Skyfall – 2012; Vicky Cristina Barcelona – 2008) hat den aus ihr gewonnenen Kristall aufgestellt – das Haus ersteht von neuem, im Bett erwacht eine (neue) Frau.

Ein furchtbarer Film: wacklige Kamera, Figuren, die verschwinden – nicht geheimnisvoll, sondern einfach weg sind, nicht mehr auftauchen –, ein Haus mit all den Attributen, die Spukhäuser seit den 1970er Jahren halt so haben – inklusive blutender Wände – eine Invasion gesichtsloser Massen, die den Hass auf gesichtslose Massen bestätigt, allerlei Symbolik, die mir mangels Philosophiestudium nicht geläufig ist. Umrahmt von einer Story, die ins Leere läuft, in eine Apocalypse, erzählt zunächst als subjektives Erleben der Frau – aber als die verbrennt, blendet der Film nicht ab – Perspektive tod, erloschen – sondern springt auf die nächste Frau über, zu einer neuen Subjektiven; vielleicht die Geschichte eines Hausgeistes?

Vielleicht erklärt mir irgendwann ja mal jemand den Film. Dann schaue ich ihn mir noch mal an. Darran Aronofsky ist ja an sich nicht nur irgend so ein Regisseur (Noah – 2014; Black Swan – 2010; „The Wrestler“ – 2008; Requiem for a Dream – 2000; Pi – 1998).

Wertung: 1 von 8 €uro
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