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Plakatmotiv: Im Vorhof der Hölle (1990)

Ein länglicher Blick in das
Gefühlsleben irischer Mobster

Titel Im Vorhof der Hölle
(State of Grace)
Drehbuch Dennis McIntyre
Regie Phil Joanou, UK, USA 1990
Darsteller

Sean Penn, Ed Harris, Gary Oldman, Robin Wright, John Turturro, John C. Reilly, R.D. Call, Joe Viterelli, Burgess Meredith, Deirdre O'Connell, Marco St. John, Thomas G. Waites, Michael Cambridge, Michael Cumpsty, Mick Cunningham, Daniel O'Shea, Thomas F. Duffy, Jamie Tirelli u.a.

Genre Krimi, Drama
Filmlänge 134 Minuten
Deutschlandstart
18. Juli 1991
Inhalt

Terry Noonan hat seine Kindheit und seine Jugend im berühmt-berüchtigten Irenviertel "Hells Kitchen" an Manhattans East Side verbracht. Eines Tages aber verließ er die Gegend, um dem ewigen Kreislauf aus Gewalt, Vetternwirtschaft und Verbrechen zu entkommen.

Nun kehrt er überraschend zurück. Angeblich hat er eine Haftstrafe verbüßt und sucht Halt und Anschluss bei seinen alten Kumpels – zumindest erzählt er das seinem ehemals besten Freund Jackie Flannery. In Wahrheit aber ist Terry ein Undercover-Polizist …

Was zu sagen wäre

Die Welt ändert sich. Immer schon. Manchmal sind wir betroffen. Zum Beispiel, wenn die eigene Welt verschwindet. Weil die Häuser in Deiner Gegend runtergekommen sind und von reichen Schnöseln aus der Wall Street aufgekauft und teuer renoviert werden und Du sehen kannst, wo Du lebst. Das Hintergrundrauschen dieses Dramas um Loyalitätskonflikte unter Freunden sind die Schattenseiten der zeitgenössischen Stadtentwicklung. Die Landflucht ist vorbei, die Menschen zieht es in die Städte, Wohnraum wird knapp und wertvoll. Die Vertreibung der Alteingesessenen macht auch vor Gangstern nicht halt.

Phil Joanou präsentiert uns ein Milieudrama mit Thrillerelementen. Ein verdeckter Cop soll seine alten Freunde hochnehmen und gerät in Gewissenskonflikte, mit denen er nicht gerechnet hat. Das ist einigermaßen überraschend, ist diese Konstellation nicht gerade das Paradebeispiel für einen vorgezeichneten Gewissenskonflikt?

Was Martin Scorsese mit Little Italy gemacht hat, versucht Joanou hier in Hell's Kitchen, dem New Yorker Stadtviertel, in dem die Iren den Ton angeben. Die Figurenkomposition ist ähnlich wie bei Scorsese. Im Mittelpunkt stehen zwei beste Freunde, der eine, Terry, ein besonnener, kluger Mann, der andere, Jackie, ein Trinker und Raufbold, der Mann fürs Grobe und hochemotional. Jackies älterer Bruder Frankie ist der Boss im Viertel, den Ed Harris (Abyss – Abgrund des Todes – 1989; Unter Feuer – 1983; Die unheimlich verrückte Geisterstunde – 1982; Coma – 1978) mit kühlem Blick und tödlicher Ruhe spielt. Plakatmotiv (US): State of Grace (1990) Frankie ahnt, dass sein altes Viertel keine Zukunft für die alten irischstämmigen Einwohner mehr bietet. Mit den ersten Yuppies verändert sich die Gegend, wird teurer. Frankie bleibt nichts anderes übrig, als sich mit der großen Familien der Cosa Nostra einzulassen, und erfüllt daher jede Forderung der Italo-Mafia. Seinen Freund Stevie, der Schulden bei den Italienern hat, ermordet er daher eigenhändig. Stevie war allerdings auch ein enger Freund von Jackie, der jetzt überzeugt ist, dass die Italiener seinen Freund ermordet haben und einmal mehr durchdreht.

Es werden hier lauter Loyalitäten und Vertrauen auf die Probe gestellt und nicht erfüllt. Terry, der verdeckte Cop, kämpft mit seinem schlechten Gewissen, zumal er Jackies Schwester Kathleen liebt, die sich von ihren Gangsterbrüdern losgesagt hat.

Für einen 135-Minuten-Film ist das überraschend zu wenig. Neben den inneren Konflikten, die die Figuren ausfechten, gibt es kaum äußere; wenn Jackie nicht zwischendurch mal ausflippt und eine Blutspur hinter sich her zieht, ähnelt das Leben in Hell's Kitchen einem langen, ruhigen Fluss. Der Unterweltboss kuscht vor den Italienern und lebt mit Frau und zwei Kindern im spießigen Haus auf Long Island, seine Leute treiben Schulden bei armen Schluckern ein, und Terrys Cop-Kollege ist sauer, weil Terry die Undercoveraktion dauernd abblasen will. Sean Penn (Die Verdammten des Krieges – 1989; Ich glaub' ich steh' im Wald – 1982; Die Kadetten von Bunker Hill – 1981) spielt Terry als geprügelten Hund, der es mit Mühe aus der Gosse geschafft hat und jetzt wieder reingezogen wird. Dabei will er nur in den Armen der schönen Kathleen liegen, die als visueller Kontrast in einem noblen Hotel in Lower Manhattan arbeitet und engelsgleich von Robin Wright gespielt wird, die uns 1987 als Die Braut des Prinzen verzaubert hat.

Was Neues, Aufregendes zu erzählen hat der Film nicht. Der Blick auf eine Gesellschaft, die ihrer Basis beraubt wird, ihre Heimat verliert, vertrieben aus ihren Häusern, in die das reiche Volk der Broker einzieht. Wir sehen in einem noch nicht so durchleuchteten Stadtviertel Manhattans talentierten Schauspielern dabei zu, wie sie emotionale Konflikte spielen. Das hat seine Momente. Aber nicht über mehr als zwei Filmstunden.

Wertung: 4 von 10 D-Mark
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