Nach einem missglückten Versuch, die globale Erwärmung zu stoppen, versinkt die Erde in der nahen Zukunft in einer neuen Eiszeit. Die wenigen Überlebenden sammeln sich in einem 650 Meter langen Zug, der durch die Eiswüste rast ohne je anzuhalten.
Innerhalb des Zuges herrscht strikt Klassentrennung: Die große Masse lebt in elenden Verhältnissen im hinteren Zugteil, während eine kleine reiche Minderheit in den vorderen Waggons ihren Luxus genießt. Doch unter den Passagieren des Prekariats macht sich Revolutionsstimmung breit.
Der junge Anführer Curtis und sein Kumpel Edgar planen einen Aufstand und wollen Wilford, den Erfinder und Herrscher des Zuges, stürzen. Mit der Hilfe des koreanischen Sicherheitsspezialisten Namsoong, den sie aus dem Gefängnis befreien, versuchen sie sich bis in den vorderen Teil des Zuges durchkämpfen …
Der Zug ist die Welt. Die Welt ist die Gesellschaft. Die Gesellschaft sind wir. Bong Joon-Ho reduziert seinen komplexen Film auf einfache Haupsatz-Wahrheiten und schaut dann zu, was passiert. Die Underdogs sind hinten im Zug, die Reichen und Schönen vorne. Tilda Swinton (Moonrise Kingdom – 2012; Der seltsame Fall des Benjamin Button – 2008; Burn After Reading – 2008; Michael Clayton – 2007), die wunderbar eine sadistische ich-befolge-doch-auch-nur-Anordnungen-Beamtin spielt, wird eine schöne Allegorie auf Schuhe in die Rolle diktiert: „Ihr seid die Schuhe. Wir der Kopf. Akzeptiert Euer Schuh-sein.“
Und ein bisschen langweilig klingt das in den ersten zwanzig Minuten auch, wenn die Kamera sich unablässig im Dreck und in der Verwahrlosung der Slum-Area des Zuges suhlt, in denen die Vegetierenden mit glibbrigen Protein-Futter bei Kräften gehalten werden und regelmäßig die bewaffneten Soldaten kommen und kleine Kinder mit nach vorne nehmen. Weil am Anfang auch schon ein ehemaliger Violinist zur Erbauung der Menschen vorne aus dem Slum geholt wurde, scheint klar, die da vorne wollen gerne ab und an auch kleine Kinder zur Erbauung haben. Bald schleicht sich in diese Exposition ein ungutes JA-ICH-HABE-ES-KAPIERT-Gefühl ein.











Die Weinstein-Brothers, die in den Vertrieb des Films finanziert hatten und dem Regisseur massiv in den Final Cut reinregierten (s.u.), könnten auf die Idee kommen, diesen "Snowpiercer" zu einer dieser zurzeit so angesagten TV-Serien zu machen – jede Folge ein neuer Wagon mit neuen Abenteuern und über allen Folgen liegt als Backstory die Revolution und das geheimnis der Maschine. "Lost"-Erfinder J.J. Abrams (Star Wars, Episode VII – 2015; Star Trek – 2009) würde locker sieben Staffeln füllen.
Und die Auflösung, die etwas poetisches hat, wenn das Mastermind der ganzen Expedition in die Geschichte kommt und über Sinn und Ziel der Menschen in der Eiswelt zu fabulieren beginnt. „Wenn du ihn hast, lass ihn nicht zu Wort kommen“, hatte John Hurts Charakter vorher noch gesagt (Dame, König, As, Spion – 2011; Brighton Rock – 2010; Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels – 2008; V wie Vendetta – 2005; Hellboy – 2004; Harry Potter und der Stein der Weisen – 2001; Corellis Mandoline – 2001; Contact – 1997; Rob Roy – 1995; Spaceballs – 1987; Das Osterman-Weekend – 1983; Mel Brooks – Die verrückte Geschichte der Welt – 1981; Alien – 1979) und wir uns vorgestellt, was für magische Kräfte da wohl walten; statt dessen ist es nur ein weiterer Twist in der Backstory, nachdem schon Chris Evans (Captain America – 2011) in – für seine eher begrenzten mimischen Ausdrucksmöglichkeiten – bewegenden Worten seinen Charakter von den Füßen auf den Kopf gestellt hatte. „Snowpiercer“ überzeugt nicht über die erzählte Handlung, der Film überzeugt über die klug durchdachte und smart in Szene gesetzte Welt, die die Autoren und der Regisseur erdacht und in gute Dialoge und schmerzhaft schöne Bilder der Apocalypse übersetzt haben.
Der Inhaber der Nordamerika-Rechte, Harvey Weinstein, fand die Ur-Fassung für das US-Publikum „zu intelligent“. Bong weigerte sich aber für die US-Veröffentlichung eine um 20 Minuten gekürzte Version zu wählen. Schlussendlich kam der Film am 27. Juni 2014 zwar in voller Länge in die Kinos – knapp drei Monate später als in Europa – Weinstein überließ den Kinoverleih jedoch kurzfristig Radius-TWC, womit Snowpiercer zunächst nur in acht ausgewählten Kinos lief und erst zwei Wochen später in 356.
Snowpiercer spielte weltweit 86,8 Millionen US-Dollar ein. Etwa zwei Drittel davon stammen aus Südkorea, wo der Film bereits im August 2013 in den Kinos anlief und mit über neun Millionen Zuschauern unter den erfolgreichsten Filmen in Südkorea an elfter Stelle steht. In Deutschland wurde der Film an seinem Startwochenende im April 2014 nur in 88 Kinos gezeigt und landete mit 12.640 Besuchern auf Platz 19 der Kinocharts. Insgesamt spielte er dort in seinen drei Wochen Laufzeit umgerechnet 530.987 US-Dollar ein.
Erfolgreicher war Snowpiercer in Frankreich, dem Herkunftsland der Autoren der Comicvorlage. Dort brachte er an den Kinokassen umgerechnet fünf Millionen US-Dollar ein, sogar etwas mehr als in den USA, wo der Film erst Ende Juni 2014 startete.