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Plakatmotiv: The Lost City (2022)

Eine Abenteuerromanze ohne
Abenteuer und ohne Romanze

Titel The Lost City – Das Geheimnis der verlorenen Stadt
(The Lost City)
Drehbuch Oren Uziel & Dana Fox & Adam Nee
Regie Aron + Adam Nee, USA 2022
Darsteller

Sandra Bullock, Channing Tatum, Daniel Radcliffe, Da'Vine Joy Randolph, Brad Pitt, Oscar Nuñez, Patti Harrison, Bowen Yang, Stephen Lang, Joan Pringle, Héctor Aníbal, Thomas Forbes-Johnson, Sli Lewis, Olga Bucarelli, Adam Nee, Raymond Lee, Omar Patin, Anthony Alvarez u.a.

Genre Horror
Filmlänge 1987 Minuten
Deutschlandstart
21. April 2022
Inhalt

Loretta Sage ist eine brillante Autorin, die zurückgezogen lebt und sich Liebes- und Abenteuerromane über exotische Orte ausdenkt. In den Geschichten geht es um den gutaussehenden Dash, der stets auf den Romancovern abgedruckt ist und vom selbstverliebten Modell Alan verkörpert wird.
Auf einer Buch-Tournee mit Alan wird Loretta entführt: Der exzentrische Milliardär Fairfax steckt dahinter und verlangt von der Autorin, ihn zum Schatz der antiken verlorenen Stadt aus einem ihrer Romane zu führen. Alan reist zur Rettung von Loretta in den Dschungel, wo er beweisen will, dass er ein echter Held ist und mehr auf dem Kasten hat als nur zu posen. Alan und Loretta müssen ein Team werden, um die Gefahren des Urwalds zu überleben und den Schatz zu finden.

Es würde allerdings enorm helfen, wenn Alan dabei nicht so unbeholfen wäre …

Was zu sagen wäre

Warum gehen Menschen ins Kino? Um sich beeindrucken zu lassen? Um sich abzulenken? Um sich inspirieren zu lassen? Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, die einen Menschen ins Kino ziehen können, meistens ausgelöst durch einen Blick auf das Filmplakat im Foyer. Die einen drehen dann ab in den Actionkracher mit fliegenden Autos und explodierenden Flugzeugen auf dem Plakat, die anderen gehen in den bulgarischen Experimentalfilm mit französischen Untertiteln, von dessen Plakat eine alte, sehr faltige Frau bedeutsam vielsagend den Betrachter anblickt. Andere sehen das Plakat von "Lost City" und entscheiden sich spontan für den Abenteuerfilm. Trampelpfade, exotische Sträucher, im Hintergrund ein rauchender Vulkan: klares Signal für einen Abenteuerfilm. In der Plakatmitte stehen der oder die Helden und an diesen erkennen wir: "Action" oder "Romanze"?.

Wenn man zwei Stunden später das Kino verlässt, darf sich niemand beschweren – es sei denn, er hat sich im Kinosaal geirrt und wollte eigentlich in den bulgarischen Film. Aber alle anderen wollten Abenteuer. Und haben einen Abenteuerfilm gekriegt. Wenn auch keinen guten. Früher nannte man solche Filme "Abenteuerfilm". Seit Steven Spielberg nennt man sie Indiana Jones-Abklatsch. Spielberg betonte immer, er habe mit seinem Archäologen einen Filmhelden schaffen wollen, wie die, für die er als Kind ins Kino gegangen ist. Mittlerweile hat sich die Generationsspirale eine Runde weiter gedreht. Jetzt sind die groß, die Indiana Jones-Filme als Kind im Fernsehen gesehen haben und jetzt eben auch solche Filme drehen wollen. Immerhin gibt es in "Lost City" keine Nazis.

Im Schlepptau von Spielbergs Grabräuber drehte Robert Zemeckis 1984 eine Abenteuerromanze über eine erfolgreiche Autorin von Abenteuerromanzen, die im Dschungel in eine Abenteuerromanze gerät und die vollkommen unpassenden Klamotten dazu trägt – mit High Heels durchs Unterholz. Plakatmotiv (US): The Lost City (2022) Der Film hat Adam und Aron Nee offenbar besser gefallen. Denn in ihrem Film stöckelt eine Autorin erfolgreicher Abenteuerromanzen in einem mit lila Pailletten besetzten Jumpsuit durch den Dschungel einer abgelegenen Insel. Sie flieht vor Grabräubern, die ausgerechnet in ihr die einzige Person auf der Welt erkennen, die eine fremde, altertümliche Hieroglyphenschrift entziffern können soll, hinter der ein gigantischer Schatz winkt. Wir wollen uns im Kinosessel keine Gedanken über die Plausibilität dieses Plots machen. Warum die Autorin die Schrift entziffern können soll, wird mit einem Halbsatz erklärt und damit soll es gut sein; Abenteuerfilme schaut man nicht wegen des streng logischen Aufbaus der Geschichte. Exotisch soll es sein.

Aber es wird nicht exotisch.

Die Hauptrolle der erfolgreichen Autorin spielt Sandra Bullock, übrigens auch ein Grund, ins Kino zu gehen, weil man weiß, was man bekommt (Ocean's Eight – 2018; Die Wahlkämpferin – 2015; Gravity – 2013; Taffe Mädels – 2013; Extrem laut & unglaublich nah – 2011; Blind Side – Die große Chance – 2009; Selbst ist die Braut – 2009; Das Haus am See – 2006; Miss Undercover 2 – 2005; L.A. Crash – 2004; Ein Chef zum Verlieben – 2002; Mord nach Plan – 2002; Miss Undercover – 2000; Speed 2: Cruise Control – 1997; Die Jury – 1996; Das Netz – 1995; Während du schliefst – 1995; Speed – 1994; Demolition Man – 1993). Bullock Autorin Loretta ist das patente Girl next door, das endlich ordentliche Romane schreiben, als Künstlerin Anerkennung finden will. Statt dessen hat sie Erfolg mit Sachen die sie selbst nicht ernst nimmt und damit auch ihre Leser nicht ernst nimmt. Das ist die Lektion, die die gefeierte, zurückgezogen lebende Autorin in diesem Film lernen muss. Das ist keine große Lektion. Und deswegen wird's auch nie spannend.

Würde nicht Brad Pitt, der einen kurzen Gastauftritt als Navy Seal hat, der Kopf weggeschossen, wäre es ein spannender Abenteuerfilm für heranwachsende Kinder. Richtig gefährlich wird es nicht. Richtig sexy wird es nicht. Und gruselig – wichtiger Aspekt in Dschungelfilmen – wird es schon gar nicht.

Aber Sandra Bullock ist eben ganz lustig. Sowas reicht nicht für einen abendfüllenden Film, aber wenn sie Channing Tatum die Blutegel vom nackten Knackhintern zupft, geht das auch als "Abenteuer" durch. Channing Tatum seinerseits kommt abseits seines Hinterns (der augenscheinlich gar nicht der seine ist) nicht über den Part des Stichwortgebers hinaus (Free Guy – 2021; Kingsman: The Golden Circle – 2017, Logan Lucky – 2017; Hail, Caesar! – 2016; The Hateful 8 – 2015; Jupiter Ascending – 2015; White House Down – 2013; G.I. Joe – Die Abrechnung – 2013; Side Effects – 2013; Don Jon – 2013; Magic Mike – 2012; 21 Jump Street – 2012; Für immer Liebe – 2012; Haywire – Trau' keinem – 2011; Das Leuchten der Stille – 2010). Er spielt ein gut gebautes, wenig intelligentes Model, das sich in die Abenteuerromanzenautorin verliebt hat. Man kann sagen: In "Lost City" haben die Geschlechter gegendert. Die Frau führt, der Mann sagt „Ja, Liebling!“ Beider Gegenspieler, also die Figur, die in solchen Filmen normalerweise in den Vulkan stürzt, von der Riesenspinne gefressen wird oder im Schlamm versinkt, ist hier ein reicher Schnösel, der seinen superreichen Dad mit einem archäologischen Artefakt beeindrucken will, der von Daniel Radcliffe gespielt wird; der war vor 20 Jahren Harry Potter und sucht sich seine Rollen seither nach Gusto aus. Offenbar hatte er Lust auf Clownereien.

Was also sagt man nun zu einem solchen Film, der gehalten hat, was das Plakat versprach – Sandra Bullock im Dschungel? Dass das allein nicht reicht? Ein par Brennnesseln hätten dem Film gut getan.

Wertung: 3 von 8 €uro
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