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Kinoplakat: Speed

Die Enttäuschung der Saison
Ein überflüssiger Film

Titel Speed 2: Cruise Control
(Speed 2: Cruise Control)
Drehbuch Randall McCormick + Jeff Nathanson + Jan de Bont
mit Figuren von Graham Yost
Regie Jan de Bont, USA 1997
Darsteller

Sandra Bullock, Jason Patrick, Willem Dafoe, Temuera Morrison, Brian McCardie, Christine Firkins, Michael G. Hagerty, Colleen Camp, Lois Chiles u.a.

Genre Action
Filmlänge 121 Minuten
Deutschlandstart
10. Juli 1997
Inhalt

Annie Porter hat sich von ihrem Freund Jack getrennt. Nun hofft sie, dass endlich Ruhe in ihr Leben einkehrt. Da hätte sie aber den Cop Alex Shaw besser nicht kennengelernt.

Alex nimmt sie mit auf eine traumhafte Kreuzfahrt in die Karibik. Ein großer Fehler, denn ausgerechnet dieses Schiff wird unauffällig, aber wirksam von einem rachedurstigen Bomben- und Computerspezialisten gekarpert.

Und anhalten ist wieder mal nicht drin …

Was zu sagen wäre

Weißt Du, Beziehungen die aus extremen Ereignissen entstanden sind, aus denen wird nichts.“ Das ist der beziehungstechnische Leitfaden in Speed, einem wegweisenden Actionfilm, der vor drei Jahren für Furore sorgte. Aus der Beziehung von Jan de Bont zu seinem Debutfilm ist ebenso nichts geworden wie aus der Beziehung von Jack und Annie, die sich 1994 an Bord eines verminten Busses ineinander verliebten.

Jan de Bont hätte es eigentlich besser wissen können: Mehr Geld bedeutet nicht mehr Qualität. Es bedeutet nur Mehr Geld. Diese Erfahrung hatte schon John Carpenter gemacht, als ihm nach Die Klapperschlange alle Fleischtöpfe Hollywoods offen standen und er sich damit dann sukzessive in die Vergessenheit dirigierte. Geld schießt nicht nur keine Tore. Geld liefert auch keine Spannung auf der Leinwand. 30 Millionen Dollar kostete Speed vor drei Jahren. Drei Jahre später kostet die Fortsetzung behauptete 160 Millionen Dollar – 12,5 Millionen davon gingen an Sandras Bullock, die für den ersten Film noch mit geschätzten 500.000 ausbezahlt worden war.

Es wäre sinnvoller gewesen, den Film mit "Das rasende Schiff" zu betiteln oder so, in dem dann eine Hauptrolle halt Sandra Bullock spielt, die sich mittlerweile in die Riege der A-Stars gestottert hat (Die Jury – 1996; Das Netz – 1995; Während du schliefst – 1995; Speed – 1994; Demolition Man – 1993). Bullock ist die einzige Konstante zum Vorgänger, schon das bemühte Triptychon aus Motoradaction, Katastrophenfilm-Action und Motorboot-Action, das an den Dreizack Fahrstuhl, Bus, U-Bahn des Vorgängers knüpfen soll, ist genau das: bemüht.

Mit "Cruise Control" liefert Jan de Bont einen ordentlichen Actionfilm der Dutzendklasse: ein Kreuzfahrtschiff, ein smarter Gangster, ein Cop. Und dessen Freundin, die eigentlich die Hauptrolle spielt, für die im Film aber immer nur die Rolle der Damsel in Distress bleibt. Die Handlung, die Action voran treibt sie nicht. Das übernimmt Jason Patrick, dessen imposant getunter Oberköper ins rechte Licht gesetzt wird (Sleepers – 1996; The Lost Boys – 1987). Das ist alles imposant, was ich da sehe, jedenfalls in der zweiten Hälfte des Films, weil in der ersten Hälfte muss erklärt werden, warum Annie nicht mit Jack sondern mit Alex zusammen ist, dass Alex behauptet, einen Schreibtischjob zu haben, obwohl er einen Action-Cop-Job hat, muss erklärt werden, das Alex Annie gerne heiraten würde, weshalb er diese Kreuzfahrt gebucht hat und bei all dem erinnert man sich: Das sind keine echten Figuren. Waren sie nie.

Es sind Actionfilmfiguren. Als solche war Annie in Speed geschrieben. Sie hatte kein Eigenleben, sie hatte Charaktereigenschaften, mit denen sie sympathisch rüberkommen sollte, damit sie der Action ein gefährdetes Gesicht bietet. Aber jetzt müssen wir dieser – von einer mittlerweile von den Studiobossen, weil sie dem Publikum gefällt, hochbezahlten Schauspielerin gespielten – Comicfigur und einem neuen Comiclover minutenlang zusehen, wie er den Verlobungsring nicht aus der Hosentasche bekommt und sie von Beziehung eigentlich sowieso nicht so richtig was hält, während UB40 auf der Tanzsaalbühne mit einem Best of ein neues Album bewerben und ein Comicterrorist jede Computertechnologie an Bord unter seine Kontrolle bringt. Willem Dafoe spielt ihn lustvoll zähnefletschend und augenrollend (Der englische Patient – 1996; Das Kartell – 1994; Geboren am 4. Juli – 1989; Mississippi Burning – 1988; Platoon – 1986; Leben und Sterben in L.A. – 1985; Straßen in Flammen – 1984; Begierde – 1983; Heaven's Gate – 1980). Comicfiguren beim echten Leben zuzuschauen ist langweilig, weil Comicfiguren kein echtes Leben haben. Sie leben für die Action, die aber nicht stattfinden kann, solange er sich nicht traut, ihr einen Antrag zu machen; das sind Szenen, die Sandra Bullock zum Hibbeln und Mädchensprüche. machen bekommt, weil ihre Gage sich verfünfundzwanzigfacht hat, weil das Publikum sie mag, die aber keinen Inhalt haben. Bullock kann für die Leere ihrer Figur nichts; sie hätte die Rolle vielleicht nur nicht annehmen sollen.

Ein ordentlicher Actionfilm: Es geht viel zu Bruch, der Cutter sorgt für hohes Tempo, die Schauwerte bieten Einblicke in die Oberklasse, die im großen Finale dann vom mittelständischen Pauschaltourismus ordentlich untergepflügt wird. Aber es hat mit dem genialischen Vorgänger, mit dem er den Filmtitel teilt, nichts gemein. Es fehlt vor allem der Autor des Originals, Graham Yost.

Spendabel geworden durch den in vielerlei Hinsicht sparsamen Speed (1994) hat Regisseur de Bont geklotzt, wo kleckern einst zur Erfolgsformel wurde, Das Grande Finale, wo das Kreuzfahrtschiff in einen Landungssteg scheppert und absolut nicht zum Stehen kommt, gerät ausgesprochen lächerlich.

Da braucht man dann auch nichts mehr über die Qualität der Schauspieler sagen, weil … die können ja auch nix dafür.

Wertung: 3 von 10 D-Mark
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