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Plakatmotiv: Das Netz (1995)

Leben in einer neuen Welt mit
einer guten Sandra Bullock

Titel Das Netz
(The Net)
Drehbuch John D. Brancato + Michael Ferris
Regie Irwin Winkler, USA 1995
Darsteller

Sandra Bullock, Jeremy Northam, Dennis Miller, Diane Baker, Wendy Gazelle, Ken Howard, Ray McKinnon, Daniel Schorr, L. Scott Caldwell, Robert Gossett, Kristina Krofft, Juan García, Tony Perez, Margo Winkler, Gene Kirkwood u.a.

Genre Thriller
Filmlänge 114 Minuten
Deutschlandstart
28. September 1995
Inhalt

Angela Bennet hat versehentlich zu tief in eine Geheimdienstakte geschaut. Die Computerexpertin lebt allein und isoliert. Ihre Pizza bestellt sie über das Internet, zu den Nachbarn hat sie keinen Kontakt. Die einzige soziale Bezugsperson ist ihre an Alzheimer erkrankte Mutter, die aber aufgrund der Krankheit ihre Tochter nicht mehr erkennt.

Bennett arbeitet bei der Softwarefirma Cathedral von zu Hause aus, sodass sie ihre Arbeitskollegen nur über das Internet oder das Telefon kennt. Von einem Kollegen bekommt sie eine Diskette zugespielt, mit deren Hilfe sie sich plötzlich auf Internetseiten mit geheimen Informationen wiederfindet. Kurz darauf stirbt dieser Kollege bei einem Flugzeugabsturz.

Ein Killer wird auf sie angesetzt. Dem kann Angela gerade so eben entkommen – allerdings ohne ihre Ausweispapiere. Bestürzt stellt sie fest, dass jemand ihre persönlichen elektronischen Daten und ihre Identität verändert und ihrem polizeilichen Führungszeugnis diverse Straftaten eingepflanzt hat. Ihr Leben gerät aus der Bahn: Niemand kann ihre wahre Identität bezeugen. Mit einer vom Killer in alle möglichen Computerdatenbanken eingetragenen falschen Identität wird sie schließlich von der Polizei gejagt.

Angela findet heraus, dass das geheimnisvolle Programm ein als Schutzprogramm getarntes Trojanisches Pferd ist, mit dem sich eine Hackergruppe, die sich "Prätorianer" nennt, Zugang zu wichtigen Computernetzen verschaffen kann. Dieselbe Gruppe ist es auch, die unerkannt nach und nach wichtige Computernetze angreift, um hinterher ihr vermeintliches Schutzprogramm an die attackierten Firmen und Behörden als angebliche Sicherheitslösung zu verkaufen.

Der Killer benutzt dieses Programm ebenfalls – gegen Angela …

Was zu sagen wäre

Guter Thriller aus einer neuen Welt. Eine Welt, in der Du eigentlich nicht mehr vor die Tür musst. Du kannst alles über das Internet erledigen. Was aber passiert, wenn Deine Daten plötzlich digital für jedermann zugänglich sind, der weiß, wie's geht, ist ein Punkt, der es noch nicht in die Diskussionsrunden über dieses Netz geschafft hat.

Sandra Bullock, gerade auf dem Weg zu einem potenziellen Superstar des kommerziellen Kinobetriebs (Während Du schliefst – 1995; Speed – 1994; Demolition Man – 1993), spielt Angela Bennet, eine Computerfachfrau, die tatsächlich ihr Haus eigentlich nie verlässt, ihr Leben mit Computern teilt, sich von Cola und Pizza – extra large – ernährt und Kontakt zur analogen Außenwelt, im Film heißt das „IRL“ wie „In Real Life/Im richtigen Leben“, hält sie nur zu ihrer Mutter, die, weil sie dement ist, ihre Tochter nicht als Tochter erkennt, und übers Telefon zu ihrem Kollegen in der Firma, für die sie meistens arbeitet. Kurz: Es weiß niemand, wie sie aussieht, Nachbarn haben sie nie zu Gesicht bekommen. Das ist nicht einmal weit her konstruiert.

Es gibt Geschichten über Computerfachleute, die den ganzen Tag, 24 Stunden, nichts anderes machen, als vor dem Computer zu hocken und zu programmieren, zu spielen, zu was weiß ich und die sich von Cola und Pizza ernähren. Dass bei solcher Ernährung niemand eine Figur behält wie Sandra Bullock, die sich in einer Strandszene im knappen Bikini zeigen muss, sei der Form halber kritisch angemerkt, ist im Hollywoodkino aber eine gängige Lüge. Ja, eine Strandszene! Angela Bennet geht durchaus raus und macht Urlaub. Die Szene als solche ist für den Film unerheblich. Dass sie hier ihren Feind kennenlernt, geschenkt; den hätte sie auch in einer Shopping Mail in L.A. kennenlernen können. Aber der mexikanische Strand gibt der Regie neben Sandra Bullock im Bikini die Möglichkeit, dem Zuschauer etwas Exotik in eine Story zu bringen, die sich hauptsächlich über das Tippen auf Computertastaturen erzählt.

Irwin Winklers Film ist eine Fish-out-of-Water-Geschichte. In der Tat ist schnell klar, dass die Heldin hilflos ist, vor der Polizei flieht, einem Killer ausweicht, solange sie sich in der analogen Welt aus Straßen, Ampeln, Autos und Schnellrestaurants bewegt. Sobald sie es an einen Computer schafft, der ans Internet angeschlossen ist, ist sie nicht zu schlagen. Der Film dauert knapp zwei Stunden; Angela ist also die meiste Zeit fernab eines jeden Computers in einer analogen Welt, in der ihr – natürlich – niemand irgendwas glaubt. Zumal die cleveren Schurken ihr im Polizeicomputer flugs eine neue Identität verpasst haben, in der allerlei unschöne Kriminaldelikte verzeichnet sind. Und so wie Angela ist es schon allerlei anderen ergangen – dem Flughafen von L.A., dem F.B.I., dem Verteidigungsministerium; dem Drehbuch kann es gar nicht wild genug zugehen, um dem Zuschauer die Monstrosität der Schurken zu verdeutlichen, die sichtbar sind immer nur in Form eines gut aussehenden, aber die Filmspannung schwer bremsenden, weil kaum charismatischen Killers.

Dass die giga-große Verschwörung eines großen Unternehmens am Ende mit einem einzigen Tastendruck unwiederbringlich vernichtet und ihre Folgen rückgängig gemacht werden können, unterstreicht, wie unwichtig und dünnhäutig diese Computerstory eigentlich ist. Sie ist lediglich ein MacGuffin, um eine unschuldige Programmiererin durch die Hölle zu schicken. Das aber macht Irwin Winkler ("Schuldig bei Verdacht" – 1991) ordentlich, wenn auch nicht innovativ. In einer Karussellszene zitiert er ein wenig Hitchcockkino, in der Flucht vor den streng nach Vorschrift handelnden, niemals misstrauisch werdenden Cops allerlei TV-Krimiserien. Und weil Sandra Bullock die verfolgte Unschuld spielt, schauen wir dem Thrill gerne zu. Aber Wesentliches über die Aspekte der modernen Computer- und Internet-Technologie kann der Film nicht beisteuern.

Wertung: 6 von 10 D-Mark
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