Was ihr Bruder kann, kann sie schon lange: Debbie Ocean die Schwester von Gauner Danny Ocean, ist aus dem Knast entlassen worden und stellt ein Team von Meisterdiebinnen zusammen, um den hieb- und stichfesten Coup umzusetzen, den sie während ihrer Zeit im Gefängnis geplant hat.
Gemeinsam mit ihrer Komplizin Lou Miller versammelt sie die Juwelierin Amita, die Trickbetrügerin Constance, die Hehler-Expertin Tammy, die Hackerin Nine Ball und die Modedesignerin Rose, um der weltberühmten Schauspielerin Daphne Kluger bei der Met Gala eine wertvolle Halskette im Wert von 150 Millionen Dollar zu stehlen – und sich dabei auch an einem fiesen Galeriebesitzer zu rächen …
„Ein Er wird erkannt. Eine Sie ignoriert“, erklärt Debbie die Strategie für den großen Raupzug. Konzipiert wurde der Film, bevor #MeToo im Oktober vergangenen Jahres Wellen schuf, die bis heute rollen. Trotzdem sieht dieser Ocean's-Film aus, als sei er eine Reaktion darauf. Männer sind jetzt nicht mehr charmant und cool sondern höchstens Tölpel. Frauen sind die Gewinner, selbst das dümmliche Sternchen, das gerade den Zenit ihres Ruhms erreicht, entpuppt sich als gerissene Strategin.
Wenn der Abspann läuft, schnippe ich noch ein bisschen mit den Fingern: Guter Score! Aber beim Wein nach dem Film ist er mehr oder weniger schon vergessen. Na klar: Schöne Frauen verführen Sicherheitssysteme, Männer und Kulturschaffende. Unter ihnen Sandra, Cate, Rihanna und Anne, und, hey, ich bin ein Mann, nach jüngster Me-Too-Lesart triebgesteuert und leicht durch weibliche Reize abzulenken, und so ähnlich hatte es der Trailer mir ja auch verkauft: als Feil-Good-Heist-Movie mit schönen Frauen, exklusivem Ambiente und viel Spaß.
Am Spaß hat's dann gefehlt. Natürlich ist die Planung perfekt. Natürlich läuft alles glatt. Natürlich spielt die Dramaturgie noch ein paar Überraschungen im Finale aus. Aber es ist dann doch nur ein mit Frauen neu inszeniertes Ocean's 11. Mit denselben Stolpersteinen. War es dort Julia Roberts, die Danny Ocean offenbar irgendwie auch noch beeindrucken wollte, was den Kameraden nicht soo gut gefällt, ist es hier Sandras Ex-Lover, der sie einst über die Klinge springen ließ. Okay, geht schon, aber es hätte vielleicht als Eigenproduktion eines Streamingdienstes besser getaugt, als gleich die große Leinwand damit zu besetzen. Auf dem heimischen Sofa kann ich dann zwischendrin mal an den Kühlschrank gehen und Nachschub besorgen. Im Kino wird mir die Produktion als Groß suggeriert. Aber groß ist die Produktion nicht.
Natürlich liegt der Film im Trend, Hollywood ist ein Trüffelschwein im Trendauffinden: Die Verweiblichung des Kinos ist in vollem Gange. Im Zuge der #MeToo-Bewegung beeilen sich die Studios, Frauen in den Mittelpunkt ihrer Filme zu stellen. Und weil die Studios wenig Ideen für Frauenrollen im 100-Millionen-Dollar-Film-Segment haben, kramen sie die alten Männerfilme raus und tauschen die Rollen dort gegen Frauen. Und setzen dann Männer auf den Regiestuhl, die Frauen so inszenieren, wie sie sich coole Heist-Frauen eben vorstellen.
Hier darf der versierte Drehbuchautor (big – 1988) und Gelegenheits-Regisseur Gary Ross das Regiment führen (Die Tribute von Panem – The Hunger Games – 2012; „Seabiscuit“ – 2003; Pleasantville – 1998). Abgesehen von der Motivation, ihren betrügerischen Ex-Lover hinters Licht zu führen, definiert sich Debbie Ocean, die Sandra Bullock mit klassenkämpferischem Charme spielt (Die Wahlkämpferin – 2015; Gravity – 2013; Taffe Mädels – 2013; Extrem laut & unglaublich nah – 2011; Blind Side – Die große Chance – 2009; Selbst ist die Braut – 2009; Das Haus am See – 2006; Miss Undercover 2 – 2005; L.A. Crash – 2004; Ein Chef zum Verlieben – 2002; Mord nach Plan – 2002; Miss Undercover – 2000; Die Jury – 1996; Das Netz – 1995; Während du schliefst – 1995; Speed – 1994; Demolition Man – 1993), ausschließlich über ihre Verwandtschaft mit ihrem Bruder Danny.
Das meiste an diesem Film stimmt. Aber das tänzelnd Leichte, die smoothe Coolness, die das Original noch verströmen konnte, weil es neu war, die fehlt dieser Neuauflage. Da helfen auch die schönsten Frauen nicht. Aber die hatten zumindest sichtbar Spaß daran, ihre Männerrollen zu spielen.
Danny Oceans Familie Im Kino
- Ocean's Eleven (2001)
- Ocean's Twelve (2004)
- Ocean's 13 (2007)
- Ocean's Eight (2018)