New York: Gangster Johnny Vanning übernimmt den Club Intimate. Zwecks Umbau und Modernisierung besichtigt er die Lokalität und macht dabei die Bekanntschaft der Callgirls, die betuchte Gäste unterhalten, damit letztere für den gehobenen Standard ihres Nachtlebens viel Geld ausgeben. Aber Estelle scheint Vanning zu alt für den Job und er will sie feuern, als ihre Kollegin Mary Dwight sich für sie stark macht.
Vanning, sich seiner uneingeschränkten Macht bewusst, zeigt sich von Mary beeindruckt und lädt sie zu einer Privatparty ein, wofür sie insbesondere von Emmy Lou beneidet wird. Doch Mary gibt Vanning einen Korb und zieht mit ihren Freundinnen von dannen. Sie bewohnen zu fünft ein Apartment und neben Mary, Estelle und Emmy Lou sinnieren heute auch Gabby und Florrie über ihre Zukunft im ganz von Vanning beherrschten Gewerbe nächtlicher Unterhaltung.
Kein Film für zarte Seelchen. Die raue Gangsterwelt in hartem Schwarz-Weiß, die uns vor allem das Warner-Studio immer wieder zeigt, erleben wir hier aus der anderen Perspektive, aus der der Frauen. Frauen in solchen Filmen, die im weitesten Sinne dem Film Noir zuzuordnen sind, sind entweder kalt berechnende Miststücke, deren Hobby der Mord am jeweiligen Ehemann ist odwer das Opfer, das Trallala macht in einer von Männern dominierten Nachtclubwelt. Wir nehmen die Frauen als Beiwerk wahr. Meistens.
In „Marked Woman“ geht das nicht. Hier leben wir hauptsächlich mit den Frauen – in ihrer Fünfer-Wohngemeinschaft, bei der Tanz- und Gesangsprobe, bei Verhören. Genau genommen sehen wir Prostituierten dabei zu, wie sie Männer zu Dollar scheißenden Kunden machen – obwohl das so explizit im Film nirgendwo gesagt wird. Dennoch ist es ganz unmissverständlich, dass uns dieser Film ins Milieu des Menschenhandels führt und dort direkt zu den Opfern, den Frauen. Die Männer sind entweder sabbernde alte Anzugträger, brutale Auftragsschläger oder ein schneidiger Staatsanwalt, der zwischen allen Stühlen sitzt. Humphrey Bogart spielt diesen Staatsanwalt Graham, der zu Zeiten dieses Films noch am Anfang seiner Karriere war, die ihn bis nach Casablanca, zu Haben und Nichthaben, Tote schlafen fest und zum Hauptrollen-Oscar für African Queen (1951) führte. Als er den schneidigen Staatsanwalt in dieser Warner-Bors.-Produktion spielte, hatte er gerade erst im Jahr zuvor als ausgebrochener Gangster Duke Mantee in Der versteinerte Wald für Aufsehen gesorgt. Als Staatsanwalt Graham wendet er sich am Ende an die Geschworenen im Gerichtsaal, bei denen auch die Kamera Platz genommen hat und unversehens spricht der schneidige Staatsanwalt uns, die Zuschauer, direkt an.
Filme aus jenen Jahren, die sozialkritischen zumal, hatten stets Raum für Erklärung. Moralische Dilemmata eines Gesetzgebers/Staates/Herrschers werden da erläutert, sozialethische Ansichten diskutiert, warum ein Urteil manchmal ungerecht sein muss, und stets steht die Frage im Raum, wer für Prostitution und/oder Alkoholschmuggel verantwortlich ist: der Produzent, der Konsument oder der Zwischenhändler, der beide erst zusammenbringt. Die Schüsse aus der Kurzläufigen in dunklen Gassen mit großen Schlagschatten waren in den 1930er Filmjahren häufig Trägermedium, um eigentlich solche Botschaften zu transportieren.
1937 kam ebenfalls mit Humphrey Bogart und mit Joel McCrea auch William Wylers „Sackgasse“ und mit Sylvia Sidney und mit Henry Fonda in den Hauptrollen Fritz Langs „Gehetzt / Du lebst nur einmal“ heraus. In Hollywood war bis zum Schock von Pearl Harbor im Spätjahr 1941 und dem Eintritt in den Zweiten Weltkrieg stets Raum für systemkritische Filme, die sich für die Rechte derer im Schatten der Klassengesellschaft einsetzten und einiges an Furor in ihre Inszenierungen legten. Lloyd Bacon schont sein Publikum nicht, mutet ihm brutale Szenen zu, wenn etwa Nachtclub-Boss Vanning Bette Davis zusammenschlagen lässt. Das ist keine anonyme Maschinengewehrsalve, das ist rohe, direkte Körperlichkeit, die da von der Leinwand kommt.
In den Großstädten wirkte die Zeit der Prohibition und der großen Depression noch nach. Arbeiter und Kleinbürger waren im Land der unbegrenzten Möglichkeiten schon längst an ihre Grenzen gestoßen und Dashiell Hammett, Raymond Chandler und James M. Cain schrieben just jene Romane, die im folgenden Jahrzehnt die Vorlagen der Film-Noir-Klassiker wurden. Politik und Verbrechen, Macht und Gewalt, Recht und Unrecht sind unauflöslich miteinander verschwägert und die kleinen Leute, die Tag und Nacht ums Überleben kämpfen, haben im Zweifelsfall das Nachsehen: „If this is what you call living, I don’t want any part of it.“
Humphrey Bogart im Kino
Humphrey DeForest Bogart (* 25. Dezember 1899 in New York; † 14. Januar 1957 in Los Angeles) war ein amerikanischer Filmschauspieler. 1999 wählte das American Film Institute Humphrey Bogart vor Cary Grant, James Stewart und Marlon Brando zum „größten männlichen amerikanischen Filmstar aller Zeiten“. Mit seinen Darstellungen harter, erfahrener, oftmals zynischer und konsequent einem inneren Moralkodex folgender Charaktere wurde er zu einer der schauspielerischen Ikonen des 20. Jahrhunderts.
Nachdem er seine Schauspielerkarriere beim Theater begonnen hatte, kam Bogart Ende der 1920er-Jahre mit dem Tonfilm nach Hollywood. Während der 1930er-Jahre war er vor allem als Nebendarsteller in Gangsterrollen bekannt, darunter in „Der versteinerte Wald“ und „Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern“.
Anfang der 1940er-Jahre gelang ihm der große Durchbruch zum Filmstar. Insbesondere den Film noir prägte er mit Filmen wie „Die Spur des Falken“, „Tote schlafen fest“ und „Gangster in Key Largo“ wie kein anderer Darsteller.
Seine wohl berühmteste Rolle ist der Cafébesitzer Rick Blaine aus dem 1942 gedrehten „Casablanca“. Den Oscar als Bester Hauptdarsteller erhielt er für seinen Auftritt im Abenteuerfilm „African Queen“ (1951).
- The Dancing Town (1928)
- Broadway’s Like That (1930)
- Up the River (1930)
- A Devil with Women (1930)
- Body and Soul (1931)
- The Bad Sister (1931)
- A Holy Terror (1931)
- Love Affair (1932)
- Big City Blues (1932)
- Three on a Match (1932)
- Call it murder (1934)
- Der versteinerte Wald (1936)
- Wem gehört die Stadt? (1936)
- Zwei gegen die Welt (1936)
- China Clipper (1936)
- Isle of Fury (1936)
- Geheimbund Schwarze Legion (1937)
- Ordnung ist das halbe Leben (1937)
- Mord im Nachtclub (1934)
- Kid Galahad – Mit harten Fäusten (1934)
- San Quentin (1937)
- Sackgasse (1937)
- Swing Your Lady (1938)
- Schule des Verbrechens (1938)
- Men Are Such Fools (1938)
- Racket Busters (1938)
- Das Doppelleben des Dr. Clitterhouse (1938)
- Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern (1939)
- King of the Underworld (1939)
- Oklahoma Kid (1939)
- You Can’t Get Away with Murder (1939)
- Opfer einer großen Liebe (1939)
- Die wilden Zwanziger (1939)
- Das zweite Leben des Dr. X (1939)
- Zwölf Monate Bewährungsfrist (1939)
- Goldschmuggel nach Virginia (1940)
- Ein Nachtclub für Sarah Jane (1940)
- Orchid, der Gangsterbruder (1940)
- Nachts unterwegs (1941)
- Entscheidung in der Sierra (1941)
- Von Stadt zu Stadt (1941)
- Die Spur des Falken (1941)
- Agenten der Nacht (1941)
- Der große Gangster (1942)
- Abenteuer in Panama (1942)
- Casablanca (1942)
- Einsatz im Nordatlantik (1943)
- Sahara (1943)
- Thank Your Lucky Stars (1943)
- Fahrkarte nach Marseille (1944)
- Haben und Nichthaben (1944)
- Konflikt (1945)
- Tote schlafen fest (1946)
- Späte Sühne (1947)
- Die zwei Mrs. Carrolls (1947)
- Die schwarze Natter (1947)
- Always Together (1947)
- Der Schatz der Sierra Madre (1948)
- Gangster in Key Largo (1948)
- Vor verschlossenen Türen (1949)
- Tokio-Joe (1949)
- Des Teufels Pilot (1950)
- Ein einsamer Ort (1950)
- Der Tiger (1951)
- Sirocco – Zwischen Kairo und Damaskus (1951)
- African Queen (1951)
- Die Maske runter (1952)
- Der Weg nach Bali (1952)
- Arzt im Zwielicht (1953)
- Schach dem Teufel (1953)
- Die Caine war ihr Schicksal (1954)
- Sabrina (1954)
- Die barfüßige Gräfin (1954)
- Wir sind keine Engel (1955)
- Die linke Hand Gottes (1955)
- An einem Tag wie jeder andere (1955)
- Schmutziger Lorbeer (1956)