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Plakatmotiv: Der wunderbare Mr. Rogers (2019)

Nett. Nichts Besonderes.

Titel Der wunderbare Mr. Rogers
(A Beautiful Day in the Neighborhood)
Drehbuch Micah Fitzerman-Blue & Noah Harpster
inspiriert von dem Zeitungsartikel "Can You Say… Hero?" von Tom Junod im Esquire
Regie Marielle Heller, USA, China 2019
Darsteller

Tom Hanks, Matthew Rhys, Chris Cooper, Susan Kelechi Watson, Maryann Plunkett, Enrico Colantoni, Wendy Makkena, Tammy Blanchard, Noah Harpster, Carmen Cusack, Kelley Davis, Christine Lahti, Maddie Corman, Daniel Krell, Jon L Peacock, Gretchen Koerner, Gavin Borders, Mark August u.a.

Genre Biografie, Drama
Filmlänge 109 Minuten
Deutschlandstart
19. November 2020 (DVD-Release)
Inhalt

Es sollte eigentlich ein Recherche-Job wie so viele andere werden, und doch erwuchs überraschend aus dem professionellen Treffen eine tiefe Freundschaft: Lloyd Vogel besucht im Auftrag seiner Zeitung den Fred Rogers, der in seiner einflussreichen TV-Sendung "Mister Rogers’ Neighborhood" (1968–2001) Generationen von amerikanischen Zuschauern für sich einnahm, für ein Interview.

Schnell merken sie, dass die beiden auf der gleichen Wellenlänge funken, und so driften ihre Gespräche schnell vom intendierten roten Faden ab und steuern Tiefen an, die sie nicht erwartet hätten. Sie öffnen einander ihre Herzen und teilen so die Traurigkeiten des Lebens …

Was zu sagen wäre

Es hat diese Geschichte, das muss man in diesem Fall noch einmal sagen, tatsächlich gegeben. Nur hieß der Original Lloyd Vogel eigentlich Tom Junod und die ein oder andere Realität werden Autoren und Regisseurin schon filmgerecht dramatisiert haben. Aber am Ende gab es eine Titelgeschichte im Magazin "Esquire", auf die auch dieser Film hinaus läuft, der ein reiner Schauspieler-Film ist. Die Story ist ganz vorhersehbar und ohne Überraschungen, kommt aber mit vielen Tränenziehermomenten daher – klar, wenn Tom Hanks einen menschenfreundlichen Moderator einer Kindersendung spielt.

Im Kern erzählt dieser Film einmal mehr von den abwesenden Vätern in US-amerikanischen Haushalten. Die gebrochene Beziehung zu "Dad" spielt in sehr vielen US-Filmen eine Hauptrolle, weil Dad so oft im Krieg war – nach World War II kam Korea, dann Vietnam, dann politisch unappetitliche Scharmützel in Mittel- und Südamerika, dann die Golfkriege und Afghanistan, überall standen amerikanische Väter im Feuer und fehlten daheim. Die Sehnsucht juveniler Figuren wurde darüber zu einem Topos im US-Kino. Deshalb müssen diese abwesenden Väter im Kino gar keine abwesenden, oder harsch die Familie kommandierenden Kriegsveteranen sein. Plakatmotiv (US): A Beautiful Day in the Neighborhood (2019) Sie brauchen nur empathieferne, fordernde Figuren zu sein. Von denen wimmelt es im US-Kino.

Und so einen Vater gibt es auch im vorliegenden Film. Lloyd Vogel, die Hauptfigur, ist ein Zyniker, der seinen Menschenhass in harsche Artikel beim "Esquire" gießt. Er ist gerade Vater geworden. Seine Frau, eine fähige Anwältin, wie wir in einem Dialog nebenbei erfahren, steckt zurück, damit er, Lloyd, seine Reportagen recherchieren und schreiben kann. Mit seinem Vater wiederum kann Lloyd gar nichts anfangen, bei der ersten Begegnung der beiden in diesem Film fliegen gleich die Fäuste. Hier war es wohl so, dass Lloyds Dad vielfach fremd geschlafen hat, und seine Frau, Lloyds Mutter, im Stich ließ, als die am Krebs dahin siechte.

Hierin finden wir das Drama dieser Geschichte: Ein kaputter Typ, der mit zynischen Artikeln erfolgreich ist, trifft auf den ultimativen Menschenfreund.

Und daran scheitert der Film dann auch. Den ultimativen Menschenfreund hat der zynische Reporter ja eigentlich in seiner Ehe mit der sehr langmütigen, geduldigen Gattin gefunden – will sie aber nicht wahrnehmen. Aber der salbungsvolle Mr. Rogers, der ihm laut Drehbuch den Zynismus austreiben soll, hat keine weiteren Ebenen. Er ist einfach nett. Und gut. Und ein Prediger des Miteinander. Und also findet Lloyd irgendwann zu sich und seinem todkranken Vater, wie schön.

Tom Hanks spielt den TV-Mann Rogers mit der ganzen Freundlichkeit, die wir ihm nach seinen zahlreichen Filmfiguren vorbehaltlos zutrauen; wer sonst sollte so jemanden spielen (Die Verlegerin – 2017; The Circle – 2017; Inferno – 2016; Sully – 2016; Ein Hologramm für den König – 2016; Bridge of Spies: Der Unterhändler – 2015; Saving Mr. Banks – 2013; Captain Phillips – 2013; Cloud Atlas – 2012; Extrem laut & unglaublich nah – 2011; Larry Crowne – 2011; Illuminati – 2009; Der Krieg des Charlie Wilson – 2007; The Da Vinci Code – Sakrileg – 2006; Ladykillers – 2004; Catch Me If You Can – 2002; Road to Perdition – 2002; Cast Away – Verschollen – 2000; The Green Mile – 1999; e-m@il für Dich – 1998; Der Soldat James Ryan – 1998; That Thing You Do! – 1996; Apollo 13 – 1995; Forrest Gump – 1994; Philadelphia – 1993; Schlaflos in Seattle – 1993; Eine Klasse für sich – 1992; Fegefeuer der Eitelkeiten – 1990; Terminal – 2004; Joe gegen den Vulkan – 1990; Plakatmotiv (US): A Beautiful Day in the Neighborhood (2019) Scott & Huutsch – 1989; Meine teuflischen Nachbarn – 1989; "Punchline – Der Knalleffekt" – 1988; big – 1988; Schlappe Bullen beißen nicht – 1987; Nothing in Common – 1986; Geschenkt ist noch zu teuer – 1986; Alles hört auf mein Kommando – 1985; Der Verrückte mit dem Geigenkasten – 1985; Bachelor Party – 1984; Splash – Jungfrau am Haken – 1984)? Aber in der menschenfreundlichen Figur, die Hanks da spielt, gibt es keine zweite Ebene. Die deutsche Synchronisation macht den Charakter gleich ganz kaputt, Thomas Nero Wolff, der Hanks' deutsche Stimme von Arne Elsholtz nach dessen Tod übernommen hat, lässt den Moderator klingen wie einen Opa, der sich als Kinderschänder herausstellt. Aber dafür kann die US-Produktion nur bedingt etwas (im US-amerikanischen Original klingt Tom Hanks jedenfalls menschlicher, zugewandter). Aber hier wie dort fehlt dem Fernsehmann charakterliche Tiefe. Am Ende sitzt er mal am Flügel und haut unmelodiös in die Tasten; ein Vorgang, den er früher im Film als Stressabbau beschrieben hat. Das ist dann der Moment, der uns zeigen soll, dass auch dieser – augenscheinlich – herzensgute Mensch seine dunklen Momente hat.

Im Film geht es aber nur um die – vorhersehbaren – dunklen Momente des Journalisten, der einen Auftrag für einen Artikel über den Moderator in 400 Wörtern bekommt und am Ende 10.000 Wörter abliefert, die Titelseite bekommt, sich mit seinem Dad aussöhnt und in ein endlich entspanntes Familienleben startet.

Ist jetzt nicht so, dass man das nicht von Anfang an geahnt hätte. Und der Film mit seinem kontrollierten Menschenfreund Fred Rogers passt gerade in diese Zeit voller gegenseitiger Schimpfereien, Verdächtigungen, Anklagen und böswilliger Fake News in der realen Welt. Das hat für den Kinosesselmoment etwas herzerwärmendes.

Man schaut den gut gespielten Figuren dann halt gerne zu, wie man auch gut gelaunten Schauspielern auf der Theaterbühne bei einem mittelmäßigen Stück gerne mal zuschaut. Aber inhaltlich ist da nichts Spannendes.

Wertung: 2 von 8 €uro
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