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Plakatmotiv: Die Braut trug schwarz (1968)

Ein kaltes Glanzstück
formalistischer Regie

Titel Die Braut trug schwarz
(La mariée était en noir)
Drehbuch François Truffaut
nach dem Roman "Die Braut trug Schwarz" (The Bride Wore Black) von Cornell Woolrich.
Regie François Truffaut, Frankreich, Italien 1968
Darsteller

Jeanne Moreau, Michel Bouquet, Jean-Claude Brialy, Charles Denner, Claude Rich, Michael Lonsdale, Daniel Boulanger, Alexandra Stewart, Sylvine Delannoy, Luce Fabiole, Michèle Montfort, Jacqueline Rouillard, Paul Pavel, Gilles Quéant, Serge Rousseau u.a.

Genre Crime, Drama
Filmlänge 107 Minuten
Deutschlandstart
22. März 1968
Inhalt

Eine Stadt an der Küste, irgendwo in Frankreich. Eine Frau in einem Abendkleid besucht die Verlobungsfeier von Monsieur Bliss. Niemand kennt sie, auch die frisch Verlobten nicht. Die Frau verliert nur wenige Wort und bittet, mit Monsieur Bliss zu einem Gespräch auf den Balkon. Mit einem Trick veranlasst sie ihn, auf das Geländer zu klettern. Sie stößt ihn in die Tiefe, während sie ihm ihren Namen verrät: Sie heißt Julie Kohler.

Eine Flugreise entfernt, eine andere französische Stadt. Dieselbe Frau, Julie Kohler, schickt dem schüchternen Monsieur Coral Konzertkarten und trifft ihn in einer Loge. Sie stellt sich nicht vor, schmeichelt ihm und als er sie für den folgenden Abend zu sich nach Hause einlädt, sagt sie spontan zu. In seiner Wohnung überreicht sie ihm eine Flasche Schnaps. Um die Stimmung zu lockern. Bald darauf liegt Coral tot am Boden. Madame hatte den Schnaps vergiftet. In seinen letzten Lebensmomenten offenbart sich ihm die Unbekannte. Er erinnert sich an eine Hochzeit, an das Brautpaar draußen auf der Kirchentreppe. Plakatmotiv (Fr.): La mariée était en noir (1968) Plötzlich fällt ein Schuss. Als Coral stirbt, sind seine letzten Worte: „Die Braut …

Eine Zugreise entfernt, wieder eine andere französische Stadt. Die Frau schleicht sich in das Vertrauen von Clément Morane. Mit einem gefälschten Telegramm lockt sie dessen Frau auf eine Reise, damit sie mit Morane, einem ehrgeizigen Politiker allein sein kann. Sie lockt ihn in eine enge Kammer, in der er schließlich erstickt.

Jetzt hat die "Braut" nur noch zwei Namen auf ihrer Todesliste. Auch deren Tötungen werden den Bräutigam nicht wieder lebendig machen. Aber die Braut lebt nur noch für ihre Rache

Was zu sagen wäre

Wäre nicht die mordende Frau, man könnte den Film für einen Episodenfilm mit lauter kleinen, unabhängig voneinander erzählten Geschichten halten. In gewisser Weise trifft das sogar zu. François Truffaut erzählt mehrere kleine Geschichten über das Verhalten von erwachsenen Männern angesichts einer attraktiven Frau. Und man kommt auf die Idee, dass Truffaut für die Vertreter seines Geschlechts nicht viel übrig hat. Jedenfalls nicht in den Situationen, in denen sie einer Frau gegenübertreten.

Monsieur Bliss, der gerade Verlobung feiert, hält wenig von ehelicher Treue. Der schüchterne Monsieur Coral hingegen, der in einem schmuddligen Appartement lebt, mit halbnackten Frauen an den Wänden, ist viel zu schüchtern, um Frauen anzusprechen. Er könne „die Frauen an den Fingern meiner Hände abzählen …, die mir einen Job gaben“. Monsieur Morane, der ehrgeizige Politiker, ist ein Aufschneider und eitler Schwätzer. Und dann sind da noch ein windiger Schrotthändler und ein Maler, der seine Modelle nach Haarfarbe und Oberweite aussucht.

Truffaut sammelt vier Geschichten und ein Intermezzo; also eine Geschichte, in der mit dem geplanten Mord etwas schief geht, der zu Plakatmotiv (Fr.): La mariée était en noir (1968) Tötende wird Sekunden vor dem tödlichen Schuss von der Polizei festgenommen und wegen Betruges ins Gefängnis gebracht. Formal streng in der subjektiven Erzählung gleitet der Film durch verschiedene Genres – Mystery, Krimi, Thriller, Amour Fou und Drama, wobei das Drama den Hintergrund des ganzen Mordens bildet und nur wenige Augenblicke lang ist. Es ist interessant, der Geschichte, die dieser Film erzählt, in dessen strenger Form zu folgen. Bernard Herrmann hat den Score geschrieben.

Spätestens seit Truffauts Bestseller "Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ weiß man, dass Truffaut ein großer Bewunderer des britisch-amerikanischen Regisseurs ist. Durch die Filmmusik darauf gestoßen, schaut man den Film, der eigentlich keinen sympathischen Charakter hat – die Hauptfigur ist eine Frau, die kaltblütig Männer ermordet – durch die Hitchcock-Brille und das Wunderbare ist, dass Truffaut Hitchcock nicht nachahmt, nicht zitiert – so, wie das viele sogenannte Bewunderer machen –, sondern ein eigenständiges Werk geschaffen hat, das der formalen Strenge der großen Hitchcockinszenierunghen folgt.

Ja, die Frau ist unsympathisch. Und wird auch nicht wesentlich sympathischer, wenn man ihr Motiv verstanden hat. Aber Jeanne Moreau ("Nur eine Frau an Bord" – 1967; Der Zug – 1964; Fahrstuhl zum Schafott – 1958) spielt sie mit einer Disziplin und Kälte, die fasziniert. Und natürlich wollen wir wissen, warum sie mordet. Wir wollen den Moment erleben, in dem die Mordserie schief geht, deren Ausgangssituation so unrealistische ist, dass Mr. Hitchcock sie geliebt haben wird.

Das Motiv der mordenden Braut funktioniert nur im Kino, und auch nur, um eine waghalsige Story zu inszenieren, die so auch nur im Kino funktioniert.

Wertung: 6 von 7 D-Mark
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