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Kinoplakat: Der Mann, der die Frauen liebte (1977)

Truffaut feiert das
Geheimnis der Frau

Titel Der Mann, der die Frauen liebte
(L'homme qui aimait les femmes)
Drehbuch Michel Fermaud & Suzanne Schiffman & François Truffaut
Regie François Truffaut, Frankreich 1977
Darsteller

Charles Denner, Brigitte Fossey, Nelly Borgeaud, Geneviève Fontanel, Leslie Caron, Nathalie Baye, Valérie Bonnier, Jean Dasté, Sabine Glaser, Henri Agel, Chantal Balussou, Nella Barbier, Anne Bataille, Martine Chassaing, Ghylaine Dumas u.a.

Genre Komödie, Drama, Romantik
Filmlänge 120 Minuten
Deutschlandstart
15. Dezember 1977
Inhalt

Bertrand Morane war ein Liebhaber aller Frauen. Völlig besessen vom weiblichen Geschlecht nahm er selbst für die flüchtigste Romanze jede Strapaze auf sich. Den Grund für seine fast manische Verehrung der Weiblichkeit versuchte er sich selbst in seinen selbstkritischen Memoiren zu erklären.

Als er die Chronik seiner amourösen Abenteuer veröffentlichen will, weckte er das Interesse der verführerischen Lektorin Geneviève, die nun, kurz nach seinem Tod, ebenfalls versucht, das Wesen des melancholischen Einzelgängers zu ergründen …

Was zu sagen wäre

Die Beine der Frauen sind die Zirkel, die den Erdball in allen Himmelsrichtungen ausmessen und ihm sein Gleichgewicht und seine Harmonie geben.“ Das wurde auch Zeit, dass François Truffaut seine Obsession auf schlanke Frauen-Waden eingesteht und einen ganzen Film darauf aufbaut. Dass er schlanke Frauenbeine mag, ist wenigstens seit Schießen Sie auf den Pianisten zu vermuten, und seit Die süße Haut offensichtlich.

"L'homme qui aimait les femmes" gehört zu den Erzählformen in Truffauts Filmografie. Nicht die raffinierte Inszenierung steht im Vordergrund, sondern die Erzählung als solche: Ein Mann erzählt aus dem Off von seinen amourösen Verwicklungen und Truffaut legt die entsprechenden Bilder unter diese Erzählung, als würde er einen Roman mit Bildern nacherzählen. Gespielt wird diese Hauptrolle von Charles Denner, der für Truffaut in Nebenrollen bei Die Braut trug schwarz und Ein schönes Mädchen wie ich spielte. Denner ist keine gloriose Erscheinung, kein athletischer Kerl, eher klein, dunkel mit großen Augenbrauen. Es ist nicht leicht, ihn in der Rolle eines Schürzenjägers zu sehen. Aber auch Giacomo Casanova soll ja alles andere als eine optische Schönheit gewesen sein.

Truffaut, der selber mit seinen Schauspielerinnen gerne eine Liaison einig ng, feiert in seinem Film die Weiblichkeit als Gott gegeben und die Männer als die armen Säue, die versuchen, einen Zipfel dieser Göttlichkeit zu erlangen. Kinoplakat: Der Mann, der die Frauen liebte (1977) Seine Hauptfigur Betrand ist nicht daran interessiert, reihenweise Frauen flachzulegen, nein, er feiert ihre Schönheit, ist dankbar für ihre Aufmerksamkeit. Sein Job ist es, die Aerodynamik von Fortbewegungsmitteln zu verbessern, also den Weg des geringsten Widerstandes für ein Flugzeug oder ein Schiff zu finden, eine möglichst kleine Angriffsfläche. So geht er auch bei seinen Frauenbekanntschaften vor; er geht frontal auf sie zu, spricht sie an, lädt sie zu einem Abendessen ein, macht keinen Hehl aus seinem Interesse an ihnen. Und landet, zumindest bei den im Film gezeigten Erlebnissen, meistens mit den Angesprochenen in einem Bett. Mit dem Bis dass der Tod Euch scheidet, also dem moralischen Überbau, mit dem man ungestraft die Frau lieben darf, kann er sich nicht anfreunden. Als er an einem Hochzeitspaar vorbeigeht, merkt er an: „Die beiden, die glauben noch an den Weihnachtsmann. Heute ist es die große Liebe, und i sieben jähren haut sie mit'm Kerl ab und er nimmt sich 'ne Jüngere. Das schöne Häuschen wird verkauft und die Kinder werden aufgeteilt."

Truffauts Protagonist ist unfähig zu lieben, verweigert gleichzeitig auch die Liebe anderer für sich und erfreut sich, statt an dem weiblichen Wesen, lieber am Geräusch der reibenden Nylons, wenn sie die Beine übereinander schlägt. In Die Braut trug schwarz hatte das erste Opfer der Braut dieses Geräusch sogar mannigfach auf Tonband aufgenommen; Truffaiut hier eine Obsession zu unterstellen, scheint einigermaßen gerechtfertigt. Erst spät wird die Motivation des Protagonisten Bernard, des Mannes, der die Frauen liebt, klar. Vor Montpellier lebte er in Paris, wo es eine Vera gab, die ihn schließlich verließ und ihm damit den Glauben an die Liebe nahm und erotische Begegnungen von Gefühlen abkoppelte. Die schönen Beine der Frauen, die Truffaut in seinen Filmen oft gefeiert hat, entlarvt er hier als Übersprungshandlung eines Regisseurs, der die Frauen schlicht wunderbar findet und ihnen deshalb immer nah sein will.

François Truffaut erzählt in einer neuen Erkenntnis- und abwechslungsreichen Version von der Schönheit der Liebe, der Frauen und dem ganzen Rest.

Wertung: 6 von 9 D-Mark
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