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Plakatmotiv: Zeugin der Anklage (1957)

Große Schauspieler in
einem grandiosen Thriller

Titel Zeugin der Anklage
(Witness for the Prosecution)
Drehbuch Billy Wilder + Harry Kurnitz + Lawrence B. Marcus
nach dem gleichnamigen Theaterstück von Agatha Christie
Regie Billy Wilder, USA 1957
Darsteller

Tyrone Power, Marlene Dietrich, Charles Laughton, Elsa Lanchester, John Williams, Henry Daniell, Ian Wolfe, Torin Thatcher, Norma Varden, Una O'Connor, Francis Compton, Philip Tonge, Ruta Lee u.a.

Genre Crime, Drama
Filmlänge 116 Minuten
Deutschlandstart
28. Februar 1958
Inhalt

London im Jahr 1952: Der bekannte Londoner Strafverteidiger Sir Wilfrid Robarts übernimmt, gerade erst nach einem Herzinfarkt aus dem Krankenhaus entlassen, einen scheinbar aussichtslosen Fall, den der Solicitor Mayhew ihm andient. Sein Mandant, der arbeitslose Handelsvertreter Leonard Vole, wird beschuldigt, die reiche Witwe Emily French ermordet zu haben. Da die Witwe zuvor aufgrund einer gewachsenen Freundschaft ihr Testament zu seinen Gunsten geändert und ihm eine beträchtliche Summe zugedacht hat, hat er ein handfestes Motiv. Leonard Vole beteuert jedoch seine Unschuld, von dem Testament habe er nichts gewusst.

Während des Prozesses werden bei der Beweisaufnahme zunächst der Inspektor Hearne von Scotland Yard und danach Janet McKenzie, die alte und ergebene Haushälterin der Witwe als Zeugen der Anklage, die durch den Staatsanwalt Myers vertreten wird, vernommen. Sir Wilfrid gelingt es aber, die Glaubwürdigkeit beider Zeugen in Zweifel zu ziehen. Überraschend präsentiert die Anklage dann als dritte und letzte Zeugin die aus Deutschland stammende Ehefrau des Angeklagten, Christine. Sie tritt unter dem Namen Christine Helm auf, beweist, dass ihre Ehe mit Leonard Vole nicht gültig ist, widerlegt sein Alibi und belastet ihn mit ihrer Aussage schwer.

Plakatmotiv (US): Zeugin der Anklage (1957)Sir Wilfrid, der Barrister Brogan-Moore und Mr. Mayhew versuchen alles, um auch diese Zeugin als unglaubwürdig darzustellen, doch die Stimmung im Gerichtssaal und bei den Geschworenenen tendiert trotzdem zur Schuld des Angeklagten. Als einzigen Zeugen der Verteidigung kann Sir Wilfrid nur den Angeklagten selbst aufbieten und muss ihn anschließend dem Kreuzverhör der Anklage überlassen, wobei weitere belastende Aspekte ans Licht kommen. Danach erscheint die Lage für Leonard ausweglos und seine Hinrichtung unabwendbar …

Was zu sagen wäre

„Der äußere Anschein mag täuschen“, sagt Sir Wilfried. „Man weiß in solchen Fällen nie was in einer Frau vorgeht!“ DIeser Sir Wilfred ist ein in seinem Beruf alt gewordener Lebemann, gerade dem Tod von der Schippe gesprungen, dafür betraft mit einer enervierenden Pflegerin, die ihm streng alles verbietet, was Spaß macht – was er ebenso starrköpfig hinterrtreibt. Charles Laughton und Elsa Lanchester spielen dieses hitzige Paar und es gibt der Paarung noch einen Schuss Würze hinzu, wenn man weiß, dass die beiden privat ein echtes Paar sind. Wunderbar, wie sie sich die Bälle zuspielen, und wie Sir Wilfried immer neue Wege findet, an Zigarren zu kommen, seinen Brandy zu trinken – und natürlich, diesen Mordfall mit dem absolut glaubwürdig-unschuldigen Angeklagten und dessen absolut unglaubwürdiger Ehefrau zu übernehmen. Charles Laughton (Herr im Haus bin ich – 1954; Der Fall Paradin – 1947; "Der Glöckner von Notre Dame" – 1939; "Meuterei auf der Bounty" – 1935), der an seiner Rolle augenscheinlich einen Heidenspaß hatte, soll sich bei seiner Darstellung vornehmlich an dem Engländer Florance Guedella orientiert haben – sein und Marlene Dietrichs Anwalt.

Marlene Dietrich spielt diese Ehefrau Christine kontrolliert unterkühlt, versichert bei ihrem Auftritt in des Anwalts Bürofluchten, vor Gericht so glaubwürdig zu sein, wie es nötig sei, um die Geschworenen zu beeindrucken. Weil die Dietrich sie spielt (Die rote Lola – 1950; Eine auswärtige Affäre – 1948; Die Freibeuterin – 1942; Der Teufel ist eine Frau – 1935; Der blaue Engel – 1930) – zweifeln auch wir; nicht an ihrem Auftritt vor Gericht, aber an ihrer Glaubwürdigkeit. Dann aber erfahren wir, wie sie und der Angeklagte sich einst im Nachkriegs-Hamburg kennenlernten. Da sang Christine in einem Etablissement, das – wohl in Anlehnung an Sternbergs "Der blaue Engel" – "Die blaue Laterne" heißt.

Leonard Vole betritt die Kneipe nach einer Polizeirazzia, der er wohlweislich aus dem Weg ging, um sich dann die blonde Sängerin zu greifen: Er kauft sie sich buchstäblich, macht sie sich mit Kaffee, Zucker, Milch und ein paar Scheiben Salami gefügig – eine Art Menschenhandel in der Nachkriegszeit. Das macht die rätselhafte Verschlagenheit der Deutschen schon wieder verständlich … sympathisch – schnell ist sie, wie oben beschrieben: Man weiß in solchen Fällen nie was in einer Frau vorgeht!

Plakatmotiv: Zeugin der Anklage (1957)

Dietrich gibt hier perfekt das, was man femme fatal nennt – wörtlich übersetzt tödliche Frau – rätselhaft, durchtrieben und verführerisch. Tyrone Power wandelt sich vom zunächst unschuldig Harmlosen über den hilflos Verzweifelten hin zum doppelgesichtigen Bastard. Auch dies eine schauspielerische Leistung, die beeindruckt.

So gut also die Schauspieler, so gut aber auch die Dialoge und die Kameraarbeit. Hier passt alles und es entsteht einer der schönsten irrwitzigsten Kriminalfilme der bisherigen Filmgeschichte. Er geht zurück auf Agatha Christies Kurzgeschichte „Traitor’s Hands“, die am 31. Januar 1925 erstmals in der britischen Zeitschrift Flynn’s erschien. Wallace Douglas machte daraus ein Theaterstück, ergänzte die Kurzgeschichte, die mit dem Geständnis von Leonards Ehefrau endete, über den Mord Bescheid zu wissen, um die Ermordung Leonards.

Die Filmrechte sicherte sich auf Umwegen für 430.000 US-Dollar Edward Small, der den Film schließlich mit Arthur Hornblow Jr. und Billy Wilder als Regisseur realisierte. Wilder hatte nach ernsten Filmen wie „Frau ohne Gewissen“, „Das verlorene Wochenende“ oder Boulevard der Dämmerung überwiegend als Regisseur an leichten Stoffen (Sabrina, Das verflixte 7. Jahr, Ariane – Liebe am Nachmittag) gearbeitet und öffnete gemeinsam mit den Autoren Larry Marcus und Harry Kurnitz die Theatervorlage für weitere Schauplätze außerhalb des Gerichtssaals (u. a. die Rückblende im Nachkriegsdeutschland, die an Wilders Eine auswärtige Affäre − ebenfalls mit Marlene Dietrich − erinnert). Weitere Änderungen waren u. a. der Austausch des Namens der weiblichen Hauptfigur von Romaine in Christine sowie die Hinzufügung der Figur von Sir Wilfrids gestrenger Krankenschwester Miss Plimsoll.

Obwohl „Zeugin der Anklage“ ursprünglich in London gedreht werden sollte, fand die britische Hauptstadt nur für einige wenige Hintergrundbilder Verwendung. Alle Innenaufnahmen fanden in den Filmstudios von Samuel Goldwyn in Hollywood statt. Da die Londoner Behörden weder Dreharbeiten noch Fotoaufnahmen im Gerichtsgebäude Old Bailey zuließen, musste Szenenbildner Alexandre Trauner die Dekorationen anhand ein paar schnell gefertigter Skizzen entwerfen. Dieser Filmset ließ auf Forderung Billy Wilders zu, die Kamera flexibel einzusetzen – die Zwischenwände aus imitiertem Eichenholz konnten leicht entfernt werden, so dass der Gerichtsraum nach Bedarf vergrößert oder verkleinert werden konnte. Kameramann Russell Harlan orientierte sich bei seiner Arbeit an Lee Garmes Einstellungen aus Alfred Hitchcocks Der Fall Paradin (1947).

Wertung: 7 von 7 D-Mark
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