Harry Hinkle wird, als er einen Einsatz als Kameramann bei einem Football-Spiel hat, von dem Spieler Luther „Boom Boom“ Jackson überrannt, geht k.o. und landet im Krankenhaus. Sein Schwager, der gerissene Winkeladvokat Willie Gingrich, wittert seine Chance. Der Rechtsanwalt verdient sein Geld mit dem Einklagen von Schadenersatzansprüchen.
Willie überredet Harry, so zu tun, als ob er teilweise gelähmt wäre. Auf diese Art möchte er der Versicherung eine hohe Entschädigung abringen. Harry ist zunächst dagegen, bis er hört, dass seine Ex-Frau Sandy, eine nur mäßig erfolgreiche Darstellerin von Werbespots, ihn besuchen will. Er gibt also vor, schwer verletzt zu sein, auch um sie wieder für sich zu gewinnen.
Die Versicherungsgesellschaft vermutet Täuschung und setzt den Detektiv Purkey auf Harry an, der Harrys Wohnung verwanzt und vom gegenüber liegenden Haus aus beobachtet und filmt. Doch Harry spielt die Rolle des Gelähmten perfekt, übersteht sogar ärztliche Untersuchungen, bis er sich immer mehr mit Luther Jackson anfreundet. Dieser glaubt, schuld an Harrys Schicksal zu sein und betäubt seine Schuldgefühle mit Alkohol, wodurch er auch seine Sportlerkarriere gefährdet. Inzwischen hat Sandy von dem Spielchen erfahren, das Gingrich eingefädelt hat. Sie spielt mit, weil auch sie ein Stück vom Kuchen abhaben will …
Die erste Zusammenarbeit von Jack Lemmon und Walter Matthau und Matthau (Charade – 1963; Der Mann aus Kentucky – 1955) zieht alle Register, er weiß ja, was Lemmon kann, der Erfolg und die Qualität der Filme Manche mögen's heiß, Das Appartement und Irma La Douce und Lemmons Anteil daran werden ihm nicht entgangen sein. Matthau war nicht erste Wahl, Billy Wilder wollte Frank Sinatra oder Jackie Gleason haben. Aber Lemmon bestand auf Matthau und der legt sich ins Zeug. Sein Auftritt allein in den ersten 15 Minuten des Films, diese Fleischwerdung der Sätze, die ihm Wilder und I.A.L. Diamond ins Script geschrieben haben, ist das Eintrittsgeld wert.
Für diese Geschichte aus der Welt einer Haifischbranche namens Schadensregulierung scheint Matthau geboren. „Was läuft denn da?“ „Ein alter Film über Abraham Lincoln.“ „Lincoln? Genialer Präsident, lausiger Anwalt!“ „Und wenn ich davon eine Blutvergiftung bekomme, was dann?“, fragt Harry, als der Pferdedoktor ihn zurecht spritzt. „Dann verklagen wir das Krankenhaus wegen Verwendung rostiger Nadeln!“, raunzt Willie Gingrich. Nach dieser erfolgreichen Zusammenarbeit traten Lemmon und Matthau noch in neun weiteren Filmen gemeinsam auf. Matthau wurde als Supporting Actor mit dem dem Oscar ausgezeichnet.
Lemmon fällt der Kraftakt zu, neben all den Widerlingen, die um ihn herumwuseln, auch dann als der sympathische Aufrechte zu erscheinen, wenn er sich am Betrug seines Schwagers beteiligt. Lemmon macht das – auch hier wieder – souverän. Bewundernswert ist sein Umgang mit dem motorisierten Rollstuhl, den Lemmon bedient, als hätte er sein Leben darin verbracht. Einmal tanzt er sogar mit dem Rollstuhl durch die enge Wohnung. Über drei Minuten dauert die ungeschnittene Szene. Wilder musste sie nur einmal drehen.
Eine Komödie ist der Film, weil Wilder + Diamond den Figuren lustige Sätze in den Mund legen. Ansonsten käme man nicht unbedingt auf die Idee, einer Komödie zuzusehen. Wilder zeigt uns eine Welt, die so unsympathisch ist wie die Widerlinge, die sie bevölkern. Selbst die Romanze ist widerlich, weil die Frau widerlich ist. Die Entwicklung mit Ex-Frau Sandy tut beim Zuschauen weh – er mit lauter Herzchen in Auge und Mund, sie mit nacktem Kerl unter der Dusche beim geldgierigen Süßholzraspeln.
<Nachtrag 2017>Die Dramaturgie ist stilbildend für das Kino der Jahrzehnte, die folgen sollten bis es zum Synonym für – zum Beispiel – die deutsche TV-Produktionsanstalt DEGETO wurde. Das Happy End ist so süßlich, dass es heute maximal für den Freitagabend reichen würde, wenn die Großeltern den Enkel hüten, während die Eltern tanzen gehen. Billy Wilder gehört zu jenen, die es, muss man konstatieren, erfunden haben. Es ist eine wunderbare Entwicklung hin zum wunderbaren Finale in dieser Dramödie.</Nachtrag 2017>
Regisseur Billy Wilder auf der Leinwand
Billy Wilder (* 22. Juni 1906 als Samuel Wilder in Sucha, Galizien, damals Österreich-Ungarn, heute Sucha Beskidzka, Polen; † 27. März 2002 in Los Angeles, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Drehbuchautor, Filmregisseur und Filmproduzent österreichischer Herkunft.
Wilder wirkte stilbildend für die Genres Filmkomödie und -drama. Sein Werk umfasst mehr als 60 Filme, die in einem Zeitraum von über 50 Jahren entstanden sind. Er wurde als Autor, Produzent und Regisseur 21-mal für einen Oscar nominiert und sechsmal ausgezeichnet. Allein bei der Oscarverleihung 1961 wurde er als Produzent, Drehbuchautor und Regisseur für den Film Das Appartement dreifach ausgezeichnet, was bis heute nur insgesamt sieben Regisseuren widerfahren ist.
- Böse Brut (Mauvaise graine, 1934)
- Der Major und das Mädchen (The Major and the Minor, 1942)
- Fünf Gräber bis Kairo (Five Graves to Cairo, 1943)
- Frau ohne Gewissen (Double Indemnity, 1944)
- Das verlorene Wochenende (The Lost Weekend, 1945)
- Die Todesmühlen (Death Mills, 1945)
- Ich küsse Ihre Hand, Madame (The Emperor Waltz, 1948)
- Eine auswärtige Affäre (A Foreign Affair, 1948)
- Boulevard der Dämmerung (Sunset Boulevard, 1950)
- Reporter des Satans (Ace in the Hole, 1951)
- Stalag 17 (1953)
- Sabrina (1954)
- Das verflixte 7. Jahr (The Seven Year Itch, 1955)
- Lindbergh – Mein Flug über den Ozean (The Spirit of St. Louis, 1957)
- Ariane – Liebe am Nachmittag (Love in the Afternoon, 1957)
- Zeugin der Anklage (Witness for the Prosecution, 1957)
- Manche mögen’s heiß (Some Like It Hot, 1959)
- Das Appartement (The Apartment, 1960)
- Eins, Zwei, Drei (One, Two, Three, 1961)
- Das Mädchen Irma la Douce (Irma la Douce, 1963)
- Küss mich, Dummkopf (Kiss Me, Stupid, 1964)
- Der Glückspilz (The Fortune Cookie, 1966)
- Das Privatleben des Sherlock Holmes (The Private Life of Sherlock Holmes, 1970)
- Avanti, Avanti! (Avanti!, 1972)
- Extrablatt (The Front Page, 1974)
- Fedora (1978)
- Buddy Buddy (1981)