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Plakatmotiv: The Dark Knight rises (2012)

Im Schatten des Vörgängers
auf hohem Niveau gescheitert

Titel The Dark Knight rises
(The Dark Knight rises)
Drehbuch Jonathan Nolan & Christopher Nolan & David S. Goyer
nach Charakteren von Bob Kane
Regie Christopher Nolan, USA, UK 2012
Darsteller

Christian Bale, Michael Caine, Tom Hardy, Gary Oldman, Anne Hathaway, Joseph Gordon-Levitt, Morgan Freeman, Liam Neeson, Juno Temple, Aidan Gillen, Joey King, Matthew Modine, Josh Stewart, Daniel Sunjata, Nestor Carbonell, Christopher Judge, Josh Pence, Aramis Knight, Ian Bohen, Brett Cullen, Burn Gorman, Reggie Lee, Tom Conti, Cillian Murphy u.a.

Genre Comic-Verfilmung
Filmlänge 165 Minuten
Deutschlandstart
26. Juli 2012
Website BatmanWiki.de
Inhalt

Nach dem Tod des Staatsanwalts Harvey Dent alias "Two-Face" nahm Batman die Schuld für dessen Morde auf sich, um dessen Ruf zu schützen. Daher wurde er vom Gotham City Police Department gejagt und verließ die Stadt.

Acht Jahre später: Immer noch gedenkt die Stadt ihrer Toten, dem toten Helden Harvey Dent, dem sie ein Gesetz zu verdanken haben, das es den staatlichen Organen erlaubt, sehr einfach einen eines Verbrechen Beschuldigten auf unbestimmte Zeit wegzusperren. Ohne Chance auf Bewährung. Es waren acht – vergleichbar – gute, friedliche Jahre. Die Menschen gehen ihrem Leben nach, die Verbrecher werden gefasst, die Polizei – Gotham's Finest – kümmert sich mehr um die eigene Karriere, statt um Gerechtigkeit. Ein neuer Sündenpfuhl … unter friedlichem Antlitz?

Bruce Wayne hat sich seit damals im Ostflügel seines wieder aufgebauten Wayne Manors verbarrikadiert. Er trauert. Um Maggie. Um sein Leben. Daraus befreit ihn Selina Kyle. Unfreiwlllig. Die Safeknackerin wird von Wayne auf frischer Tat ertappt, aber sie ist samt geraubter Perlenkette raus aus dem Fenster, schneller, als Wayne braucht, um der Diebin lange Beine zu bestaunen. Er wird auch schnell von anderem abgelenkt. Ein gewisser Bane macht die Stadt unsicher … im Sinne des Wortes unsicher.

Bane durchlöchert die Stadt. Er vernichtet Batman im Kampf und wirft ihn in ein Erdloch am anderen Ende der Welt, ein Loch, „aus dem es kein Entkommen gibt”. Bane sperrt mit einem ausgeklügelten Täuschungsmanöver nahezu die komplette Gotham City Police in die Kanalisation. Er befreit die nach den Dent-Gesetzen Verurteilten. Er sprengt die Brücken in die Stadt. Er riegelt Gotham ab und ruft die Anarchie aus – die nach sechs Monaten ein natürliches Ende fände durch die dann erfolgende Detonation einer Atombombe. Bane will, behauptet er, Rache nehmen an Batman/Bruce Wayne. Butler Alfred hatte herausgefunden, dass Bane zur Armee der Schatten gehört, jener Ninja-Truppe Ra's Al Ghuls, die Gotham schon einmal heimgesucht hat.

In seinem Gefängnis am anderen Ende der Welt bekommt der schwer verletzte Bruce Wayne via CNN mit, was in Gotham geschieht; aber er kann nichts tun. Bane hat ihm Rückenwirbel ausgerenkt, Wayne kann sich kaum bewegen. Aber es gibt andere im Erdloch, Männer, die bereit sind, ihm zu helfen, aus einem Loch zu entfliehen, aus dem bisher nur – vor vielen Jahren – ein Kind fliehen konnte.

Wayne muss viele Liegestütze machen, muss das Vertrauen seiner Mitgefangenen gewinnen und scheitert dennoch daran, aus dem Loch zu kommen. Einmal. Zweimal …

Was zu sagen wäre

Christopher Nolan und sein Team sind umgezogen. Von Chicago nach New York. In die Nine-eleven-Stadt, die Chaos kennen gelernt hat. New York, genuines Vorbild für den dunklen Moloch Gotham City. Welcome Home! Welcome? Die Stadt ist friedlich geworden, seit damals mit der Sache um Harvey Dent. Die Verbrecher, auch die nur kleinster Vergehen Verdächtigter, sitzen hinter Gittern, der Markt blüht, der Reichtum prosperiert, die Stadt erstickt in ihrer Selbstzufriedenheit. Als Bane die Börse überfällt, umstellt die Polizei das Gebäude, greift weiter aber nicht ein, Begründung: „Ich riskiere nicht meine Männer für Ihr Geld!

"The Dark Knight Rises" ist das Finale einer Trilogie, in der Christopher Nolan seinen Titelhelden gegen sein dunkles Selbst und gegen sein Gegenteil in die Schlacht geführt hat. Jetzt muss das Titelheld gegen das antreten, was entsteht, wenn die gute Absicht gewonnen hat, auch wenn die auf einer Lüge basiert, mit der das tatsächlich Gute dämonisiert wird. Denn … was ist das Gute? In Gotham leben die wohl Situierten in Saus und Braus, aber der Rest von der Hand in den Mund oder gleich auf der Straße. Das Elend ist nicht verschwunden, das Böse hat nur eine neue Maske übergestreift. Und prompt steht da ein neuer Gegner. Ein vierschrötiger Muskelberg mit komischer Atemmaske, der die Einflussreichen der Stadt, die digitale Infrastruktur und schließlich die Massen unter seine Kontrolle zwingt. Denn – auch das gehört zum Niedergang im Wohlstand der Stadt Gotham, die im Batman-Kosmos immer für die westliche Zivilisation insgesamt steht – die Profiteure der saturierten Gesellschaft vernachlässigen – sollen sich die Domestiken drum kümmern – die Sicherheit ihrer Computersysteme und ihre physischen Grenzen.

Keine Sekunde langweilig – Aber unberührbar

"The Dark Knight Risse" erzählt ein Drama shakespearschen Ausmaßes, vom beginnenden Ende allen Seins, das fragt, wie lange eine Gesellschaft alle Menschen umfasst; erzählt in wuchtigen Bildern. Wally Pfister hat die oscarnominierte Kunst, die er mit seiner Kamera entfacht, verfeinert. Seine Actionbilder – teils gedreht wieder mit der großformatigen IMAX-Kamera – sind dreidimensional auch ganz ohne Brille. Der Film langweilt nicht, haut mich aber dennoch nicht aus dem Sessel. Zieht man den artverwandten, vor einigen Wochen gestarteten Amazing Spider-Man als Vergleich heran, ist Nolans dritter Batman-Film ein tiefgründiger und sehr anrührender Actionfilm.

Nolans Helden-Thriller findet phantastische, neue Bilder für das Genre, aber kein Zentrum. Da stand vor sieben Jahren Liam Neeson als Ra's Al Ghul. Da stand vor vier Jahren Heath Ledger als Joker. Heute steht da Tom Hardy als Bane. Nichts an dem Kerl macht mich an. Er ist ein Fleischklops mit amputierter Darth-Vader-Maske, aber keiner, der mich interessiert, gar faszinieren würde. Er prügelt Batman windelweich und schmeißt den auf den Müllhaufen der Menschheit am anderen Ende der Welt. Der große Detektiv mit den Fledermausohren hat ausgedient, seine Mischung aus Intellekt und physischer Stärke ist nicht mehr gefragt. In Banes Kosmos herrscht das schwarz-weiße Wir gegen Die. Dabei muss als Motivation die Idee reichen, dass schon Ra's al Ghul versucht hat, Gotham als angeblich nicht mehr zu rettenden Hort des Bösen zu zerstören. Das will jetzt Bane auf Teufel komm raus umsetzen, mit einem elaborierten, von langer Hand vorbereiteten Plan. Er will Wayne/Batman beweisen, dass Gotham – also die menschliche Gesellschaft – aus lauter Egoisten und über-Leichen-Gehern besteht. Er will das, was schon Ra's Al Ghul wollte, was auch schon der Joker wollte: Beweisen, dass der Mensch sich nicht retten kann, weil er gierig ist, egoistisch und dumm. Das ist als These im Kino aber wirklich nicht neu. Schon im Weißen Hai (1975) gab es Bürgermeister, die den Tourismus lukrativer als Haie blutig fanden. Bane bleibt eine Leerstelle.

Bane geht in der Joker-Rolle unter

Diesem Schurken-Diktat stellt Nolan (Inception – 2010; Prestige – Die Meister der Magie – 2006; "Insomnia" – 2002; Memento – 2000) seine humanistische Sicht der Dinge entgegen und stellt fest: Wenn's drauf ankommt, ist der Mensch des Menschen bester Freund. Diese Vision ist das Thema seiner Trilogie, die er in immer neuen Spielformen durchdekliniert. Für den dritten Teil hat Nolan aber keine überzeugende Story gefunden. Der neue Film sieht aus wie ein Dark-Knight-Reboot – mit Bane statt Joker. Und Bane trägt nicht. Was, wie sich dann herausstellt, tatsächlich daran liegt, das Bane nur eine Marionette ist und die an deren Fäden Ziehenden zu lange ohne Gesicht und Storyline bleiben.

Nolans BATMAN-Trilogie trägt die Headline "Superhelden sind Mist". In Nolans Welt brauchen die Menschen keine maskierten, anonymen Helden, müssen aber an maskierte, anonyme Helden glauben dürfen (die Heinzelmännchen-Theorie), um dann im wahren Leben an entscheidender Stelle ebenso über sich hinauswachsen zu können. Im vorliegenden Teil gerät das Thema ins Stottern, weil der Film nicht ausbalanciert ist. Bleischwer liegt das große Thema auf diesem Drama, das durch keine Figur im Film gestützt wird. Bane kann das nicht leisten, weil der beim Zuschauer kein Interesse weckt … da fällt seine we-don't-need-no-Superheroes-Attitüde schon eher als Belästigung auf.

Anne Hathaway macht alles richtig unter kluger Regie

Da gibt es ja auch noch Anne "Plötzlich Prinzessin" Hathaway (Zwei an einem Tag – 2011; Valentinstag – 2010; Der Teufel trägt Prada – 2006; Brokeback Mountain – 2005) ... als "Catwoman". Die ist grandios inszeniert. Grandios, weil sich kaum jemand vorstellen konnte, wie das denn gehen sollte: "Catwoman" und Anne Hathaway im selben Kostüm! Christopher Nolan lässt Hathaway wenig Spielraum, mit den Wimpern über ihren sehr großen Augenkugeln zu klimpern. Meist erwehrt sie sich Sprüche klopfend einer Übermacht aus marodierenden Männern oder sitzt im engen Catsuit (sic!) rittlings auf dem BAT-Bike. Das gibt sie so comicfigurenhaft, wie das comicfigurenhaft nur geht. Bedauerlich, dass dabei nichts für ihre ich-bin-eine-ernstzunehmende-Schauspielerin-Kartei herausspringt. Aber: erotisierender Catwoman-Faktor, Eins-Plus!

Marion Cotillard spielt auch mit. Während sie in diesem nie langweiligen Film so rum steht und man sich fragt, was die Oscar-Preisträgerin (für "La vie en rose" – 2007) eigentlich für eine Rolle spielt und es einem mit der Zeit dämmert, dass da was nicht stimmt, nebelt einen der nie langweilige Film wieder ein. Aber sie ist da, spielt eine Rolle, überrascht am Ende aber nicht.

Was an diesem Film falsch ist, wurde schon 2008 gesät

Der Film scheitert einerseits an den Antagonisten, die mich nicht fesseln, weil sie austauschbar sind – erst Ra's al Ghul, dann der Joker, jetzt will eben auch Bane nochmal zeigen, dass die Welt schlecht ist (kann nicht mal jemand einfach und vor allem Banken ausrauben wollen? Oder die gute alte Weltherrschaft anstreben?). Umso heller müsste in dieser Situation der Held strahlen, der Titel gebende aufstehende Dark Knight. Der steht aber nicht auf. Wir erleben einen depressiven Bruce Wayne, der zunächst einmal liegen bleibt, den der Tod seiner geliebten Maggie so mitnimmt, dass er aus seinem muffelnden Ost-Flügel seit acht Jahren (das ist länger, als seine Flucht im Prolog zu Batman begins in den Himalaya und in die Ausbildung durch die Armee der Schatten gedauert hat) nicht mehr herausfindet. Ein Milliardär und ein Philosoph der Kampfkunst. Ein brillanter Tüftler und Detektiv. Zählt alles nicht, Batman pflegt seine Depri und treibt sogar den getreuen Butler Alfred in die Flucht.

Der Film ist nicht langweilig. Die Figuren drumrum unterhaltsam – Morgan Freeman als Lucius Fox, Michael Caine als Butler Alfred (Die Reise zur geheimnisvollen Insel – 2012; Inception – 2010; The Dark Knight – 2008; 1 Mord für 2 – 2007; Prestige – Die Meister der Magie – 2006; Batman begins – 2005; Miss Undercover – 2000; Get Carter – 2000; Gottes Werk & Teufels Beitrag – 1999; Hannah und ihre Schwestern – 1986; Der 4 1/2 Billionen Dollar Vertrag – 1985; Die Hand – 1981; Dressed to Kill – 1980; Freibeuter des Todes – 1980; Die Brücke von Arnheim – 1977; Der Adler ist gelandet – 1976; Der Mann, der König sein wollte – 1975; Die schwarze Windmühle" – 1974; Jack rechnet ab – 1971; Charlie staubt Millionen ab – 1969; Ein dreckiger Haufen – 1969; Das Milliarden Dollar Gehirn – 1967; Siebenmal lockt das Weib – 1967; Finale in Berlin – 1966; Ipcress - streng geheim – 1965), Gary Oldman als Jim Gordon oder Joseph Gordon-Levitt als junger Polizist mit scharfem Blick. Dazu widersteht die 250-Millionen-Dollar-Produktion dem Impuls, möglichst hektische Action zu inszenieren. Sie nimmt sich Zeit, um das große Drama zu entfalten. Im ersten Drittel ist es ein Film des Wortes. Da werden dauernd moralische Sätze deklamiert, die im Weiteren den Grundton setzen, leichtes Moll, die Welt ist schlecht und man kann in ihr nur glücklich werden, wenn man im Straßencafé eines südeuropäischen Landes mit einer jungen Frau einen Pastis trinken kann – egal, was die Reichen derweil tun.

Das war's an Erkenntnis nach 450 Trilogieminuten? Echt jetzt?

Wertung: 3 von 7 €uro
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