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Plakatmotiv: Tombstone (1993)

Potenziell großer Western, der an seinen
Produktionsbedingungen zugrunde geht

Titel Tombstone
(Tombstone)
Drehbuch Kevin Jarre
Regie George P. Cosmatos (+Kevin Jarre), USA 1993
Darsteller

Kurt Russell, Val Kilmer, Sam Elliott, Bill Paxton, Dana Delany, Michael Biehn, Powers Boothe, Charlton Heston, Jason Priestley, Jon Tenney, Stephen Lang, Thomas Haden Church, Paula Malcomson, Lisa Collins, Dana Wheeler-Nicholson, Joanna Pacula, Michael Rooker, Harry Carey Jr. u.a.

Genre Western, Biografie
Filmlänge 130 Minuten
Deutschlandstart
17. Februar 1994
Inhalt

Die USA im Jahr 1881: Wyatt Earp kommt gemeinsam mit seinen Brüdern Virgil und Morgan in die Goldgräberstadt Tombstone, wo sie sich mit ihren Ehefrauen zur Ruhe setzen wollen. Dort treffen sie Wyatts alten Freund Doc Holliday, der schwer an Tuberkulose erkrankt ist und sich in der trockenen Umgebung von Arizona Linderung erhofft.

Die Gebrüder Earp schaffen es innerhalb kürzester Zeit, mit 25 Prozent Teilhaber am örtlichen Glücksspielgeschäft zu werden und sich so ein Auskommen zu sichern. Doch das friedliche Rentner-Dasein währt nicht lange: Die "Cowboys", eine organisierte Bande von gewinnsüchtigen Gaunern, halten die Stadt mit ihren skrupellosen Verbrechen in Atem. Einzig die Gebrüder Earp stellen sich den Gesetzlosen entgegen.

Als Morgan erschossen wird, rüsten sich Wyatt und Doc für einen Rachefeldzug …

Was zu sagen wäre

Die großen amerikanischen Mythen werden im Kino immer wieder erzählt, so wie bei uns die Märchen der Gebrüder Grimm immer neue Versionen erhalten. Der Revolverheld Wyatt Earp gehört in den USA zu den größten Legenden überhaupt, bei uns meistens im Zusammenhang mit der Schießerei am O.K. Corral. Die Schießerei ist historisch belegt (26. Oktober 1881). In vielen Western mythologisiert und heroisiert wurde sie zu einem Symbol für den Kampf von Recht und Gesetz gegen offenes Banditentum in den Grenzstädten, wo die Spannungen des Bürgerkrieges nachwirkten und Strafverfolgung eher spärlich war.

Seit 1946 sind mindestens sieben Filme gedreht worden, in denen Wyatt Earp auftaucht (Faustrecht der Prärie – 1946 von John Ford; "Wichita" – 1955 von Jacques Tourneur; Zwei rechnen ab – 1957 von John Sturges; Cheyenne – 1964 von John Ford; Die fünf Geächteten – 1967 von John Sturges; "Doc" – 1971 von Frank Perry; "Sunset – Dämmerung in Hollywood" – 1987 von Blake Edwards) und jetzt kommen noch zwei hinzu. "Tombstone" ist der eine und Wyatt Earp – Das Leben einer Legende, der in Deutschland im kommenden September startet, ist der nächste. Beide Filme sind miteinander verwandt: Kevin Costner sollte in "Tombstone" ursprünglich die Hauptrolle übernehmen. Aber er wurde sich mit Drehbuchautor Kevin Jarre nicht einig, stieg aus und machte sich an seine eigene Wyatt Earp-Verfilmung.

Nun spielt Kurt Russell den Wyatt Earp in "Tombstone" ("Captain Ron – 1992; Fatale Begierde – 1992; Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen – 1991; Tango und Cash – 1989; Tequila Sunrise – 1988; "Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser" – 1987; Big Trouble in Little China – 1986; "Silkwood" – 1983; Das Ding aus einer anderen Welt – 1982; Die Klapperschlange – 1981; "Elvis – The King" – 1979). Er will sich dort mit seinen Brüdern und den jeweiligen Frauen zur Ruhe setzen. Der Verlauf des Films hat wenig mit dem biografischen Wyatt Earp zu tun, sondern folgt frei erfundenen Handlungssträngen, Namen und Begebenheiten – „Wenn die Legende zur Wahrheit wird, druck die Legende!“, heißt es in John Fords Klassiker Der Mann der Liberty Valance erschoss (1962). Wir müssen uns also nicht mit Spitzfindigkeiten aufhalten, die Schießerei am O.K. Corral immerhin hat's gegeben.

Die Brüder wollen in Tombstone friedlich mit ihren Ehefrauen alt werden, gleichzeitig steigen sie in Glücksspielgeschäft ein, das selten von friedlichen Figuren bevölkert ist. Dann gibt es in der Gegend eine Bande, die "Cowboys", die vom Off-Sprecher (im Original: Robert Mitchum), der den Film eingangs und ausgangs begleitet, als Vorläufer der Organisierten Kriminalität bezeichnet wird und die auch gleich zu Beginn des Films eine fröhliche Hochzeitsgesellschaft zusammen schießt. Die Bande ist historisch natürlich nicht verbürgt, gibt dem Drehbuch aber die Möglichkeit, einige der historisch sehr wohl verbürgten Gegner Earp in Tombstone einzuführen, ohne die Realität erzählen zu müssen, was in der Tat langwierig geworden wäre. Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt, heißt es und also geraten sich die Männer in die Haare, es kommt zur weltberühmten Schießerei, die aber auch schon zur Hälfte des Films vorbei ist. Danach trennen sich die Brüder – der eine ist tot, der andere geht mit seiner Frau nach Kalifornien und Earp Ehefrau, die wegen fortwährender Kopfschmerzen Laudanum schluckt wie andere Wasser, verlässt Opiumsüchtig ihren Mann, der allein mit seinem Freund Doc Hollyday zurückbleibt. Den Doc spielt Val Kilmer (Karen McCoy – Die Katze – 1993; True Romance – 1993; "Halbblut – Thunderheart" – 1992; The Doors – 1991; Willow – 1988; Top Gun – 1986; "Was für ein Genie" – 1985; "Top Secret" – 1984). Sein schwindsüchtiger Ex-Killer ist elegant, redegewand und auf herrliche Weise furztrocken.

Dann folgt eine wirre Rache-und-Gegen-Rache-Story, in der auch Charlton Heston einen sinnlosen Kurzauftritt als knurriger aber aufrechter Farmer Henry Hooker hat (U-Boot in Not – 1978; Erdbeben – 1974; Airport '74 – Giganten am Himmel – 1974; Planet der Affen – 1968; El Cid – 1961; Ben Hur – 1959), und schließlich knospt die Liebesgeschichte, die schon den ganzen Film über keimte und nie irgendwohin führte – Earp ist ja lange Zeit verheiratet und Sicht sich als Ehrenmann hier auch in der Pflicht. Aber weil der echte Wyatt Earp halt Jahrzehnte lang bis zu seinem Tod mit Josephine Marcus zusammen war, taucht sie im Film als immer mal wieder ins Bild stolpernde Schönheit auf, mit der nichts passiert. Dass Josephine Marcus erst lange nach Tombstone in Earp Leben trat, geschenkt.

Nach zwei Stunden und zehn Minuten sagt der Off-Sprecher noch, dass Earp noch 46 Jahre lebte und friedlich einschlief. Daran schließt sich nochmal der Vier-Kerle-Aufmarsch zum O.K. Corral an (in Zeitlupe), über den die Abspanntitel laufen. Die Szenen vor der Schießerei waren auch das Aufregendste, was wir gezeigt bekommen. Daneben erleben wir beinahe homoerotische Männerfreundschaften und lustige Cowboys, die meistens betrunken sind, dafür aber Latein beherrschen. Es gibt Duelle und kernige Drohungen. Und die Moral von der Geschicht': Trau den bösen Buben nicht – und wenn Du schneller schießt und besser triffst, als alle anderen, tanzt Du am Ende mit Deinem Mädchen im Schneegestöber.

Wertung: 3 von 10 D-Mark
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