IMDB

Plakatmotiv: True Romance (1993)

Ein Wunderwerk
von einem Film

Titel True Romance
(True Romance)
Drehbuch Quentin Tarantino
Regie Tony Scott, USA, Frankreich 1993
Darsteller

Christian Slater, Patricia Arquette, Dennis Hopper, Val Kilmer, Gary Oldman, Brad Pitt, Christopher Walken, Bronson Pinchot, Samuel L. Jackson, Michael Rapaport, Saul Rubinek, Conchata Ferrell, James Gandolfini, Anna Levine, Victor Argo u.a.

Genre Crime, Romantik
Filmlänge 120 Minuten
Deutschlandstart
27. Januar 1994
Inhalt

Clarence Worley lernt in einem Kino das Callgirl Alabama Whitman kennen. Beide verlieben sich ineinander und heiraten kurzum.

Als Clarence durch einen Vorwand gegenüber Alabama ihre Sachen bei dem Zuhälter Drexl Spivey abholen möchte, kommt es zu einer Auseinandersetzung, bei der Clarence Drexl und seinen Leibwächter tötet. Der vermeintliche Koffer mit Alabamas Hab und Gut entpuppt sich jedoch als Behältnis von Kokain.

Das Pärchen beschließt, den Drogenkoffer in Los Angeles in bares Geld umzuwandeln. Beide ahnen noch nicht, dass sich sowohl die Mafia als auch die Polizei schon längst an ihre Fersen geheftet haben …

Was zu sagen wäre

Schon das Kinoplakat lässt schweren Scheiß-Trash vermuten. Das Stück heißt was mit Romance und daneben ist ein durchschossenes Herz und eine Bildungsferne im Zebrafell und Kaugummiautomaten-Sonnenbrille abgebildet. Kurz: Harte Kerle, BallerBaller, Sexploitation.

Hans Zimmer – Aufrechte Liebe – Granatenhafte Dialoge

Dieser Film funktioniert wegen der Musik von Hans Zimmer, weil Clarence und Alabama sich die wahre, aufrichtige Liebe schwören und der Film nie einen Zweifel an diesem Schwur aufkommen lässt und wegen der granatenhaft guten Dialoge von Drehbuchautor Quentin Tarantino. Tony Scott (Last Boy Scout – 1991; Tage des Donners – 1990; Beverly Hills Cop II – 1987; Top Gun – 1986) hat all das zu einem optisch aufregenden Blumenstrauß geflochten.

Quentin Tarantino hat ganz offenbar eine Affinität zum Bahnhofskino, in dem chinesische Kung-Fu-Filme für gewöhnlich laufen. Clarence redet über nichts anderes als Filme – wenn er nicht gerade Elvis Presley verehrt, mit dem er sich ab und an das Bad teilt. Sein Script strotzt vor Brutalitäten, die noch im Kinosessel weh tun und gleich vermuten lassen, dass man trotz „FSK 18“-Freigabe im Kino und auf DVD nicht den vollständigen Film sieht. Es wechselt mit unglaublich komischen (wiewohl wieder brutalen) Szenen, wenn etwa Dennis Hopper, der hier Christian Slaters Vater spielt, einem Mafiakiller aus Sizilien, den Christopher Walken (Batmans Rückkehr – 1992; James Bond 007 – Im Angesicht des Todes – 1985; Dead Zone – 1983; Projekt Brainstorm – 1983; Heaven's Gate – 1980; Die durch die Hölle gehen – 1978; Der Stadtneurotiker – 1977) hohlwangig kalt spielt, klar macht, dass dessen Ur-Urgroßmutter „mit einem Nigger gefickt haben“ muss, weil damals die Mauren Sizilien besetzt hielten und die „Mauren nun mal Nigger sind. Das heißt: Sie und alle anderen Sizilianer sind zum Teil Nigger!“ Damit, weil er den Stolz des Sizilianers herausgefordert hat, erspart sich Hopper eine anstehende, lange Folter, bevor er getötet wird – dafür ist der Sizilianer nun viel zu sauer.

Eine große Bühne für Hopper und Walken

Es fällt schwer, diesen doch so brutalen Film mit Begriffen wir „sanft“, „Zärtlichkeit“, „Romantik“ zu verbinden. Aber er hat all das. Die beschriebene Szene mit Hopper und Walken ist traurig und gleichzeitig erhaben, weil klar ist, wie sie für Hopper nur enden kann und weil es eine Überraschung ist, wie Hopper die Zügel in die Hand bekommt ("Red Rock West" – 1993; "Indian Runner" – 1991; Jack, der Aufreißer – 1987; Blue Velvet – 1986; Das Osterman-Weekend – 1983; Rumble Fish – 1983; Apocalypse Now – 1979; Der amerikanische Freund – 1977; Easy Rider – 1969; Hängt ihn höher – 1968; Der Unbeugsame – 1967; Die vier Söhne der Katie Elder – 1965; Giganten – 1956; … denn sie wissen nicht, was sie tun – 1955). Ein drmaturgischer Kniff dieses Films ist es, dass er sich nie lange mit zwischenmenschlichen Verwerfungen aufhält, die eventuell nachwirken könnten.

Clarence klärt das Problem mit Alabamas ehemaligem Zuhälter einmal und für immer. Die schwierige Beziehung zwischen Clarence und seinem Vater wird einmal thematisiert, dann durchdekliniert und nach 15 Filmminuten (inklusive der oben angesprochenen Szene) ist das Vater-Thema für immer vom Tisch. Tarantino und Scott brauchen nur einen dramaturgischen Über-Bogen – das ist der Koffer mit dem Kokain, der bis zum Ende der MacGuffin ist, um den herum sich lauter solcher Miniaturen finden – mal wunderbare Dialoge, mal eine schmerzhafte, bemitleidenswerte Verprügelung, mal traumhafte Totalen der kalifornischen Küste im Sonnenuntergang. Die unbedingte Liebe der beiden Helden. Die fröhliche Musik von Hans Zimmer. An diesem Film passt einfach alles.

Wertung: 10 von 10 D-Mark
IMDB