New Mexico, 1885: Maggie Gilkeson betreibt eine abgelegene kleine Farm, auf der sie mit ihren beiden Töchtern Dot und Lilly lebt. Außerdem ist sie als Heilerin tätig. Sie hat eine Beziehung mit ihrem Nachbarn Brake Baldwin, der ihr hilft. Eines Tages erscheint Maggies Vater Samuel in der kargen Einöde. Dieser hatte seine Familie verlassen, als Maggie noch ein Kind war, und lebte danach bei Indianern. Maggie ist deswegen immer noch wütend auf ihn und wirft ihn aus dem Haus.
Eine Gang aus desertierten Apachen-Scouts überfällt später Brake, den Dot und Lilly zur Arbeit begleiten. Brake wird ermordet und Lilly entführt. Dot kann sich verstecken und berichtet nachher ihrer Mutter über die Katastrophe. Als der Sheriff sich weigert, die Apachen zu verfolgen, bricht Maggie selbst auf, um Lilly zu befreien. In ihrer Not willigt sie ein, dass ihr Vater sie begleitet, zumal sie die Unterstützung des erfahrenen Fährtensuchers gut gebrauchen kann. Es kommt zu einer kräftezehrenden Verfolgungsjagd, bei der Eile geboten ist, denn die Entführerbande plant, Lilly und andere gefangene Mädchen jenseits der mexikanischen Grenze zu verkaufen …
Der amerikanische Westen Ende des19. Jahrhunderts war keine einfache Welt. An der Ostküste funkelte schon elektrisches Licht, aber hier, in der Einöde New Mexico, konnte das Leben sehr schnell zu Ende sein.
Dieser Film nach dem Roman "The Last Ride" von Thomas Eidson ist ein moderner Abenteuerfilm: Wir bekommen es mit Maggie, einer berufstätigen, allein erziehenden Mutter zu tun, die sich den ehelichen Avancen ihres charmanten Nachbarn widersetzt, ab und zu aber das Bett mit ihm teilt, Motto: Auch taffe Moms brauchen hin und wieder Zärtlichkeit. Gespielt wird sie von der Australierin Cate Blanchett mit feinem Gespür für die einzelne Szene – liebevolle Strenge als Mutter, emotionale Bedürftigkeit als einsamer Mensch, unnachgiebige Härte im Kampf. Blanchett gehört in Hollywood seit ein paar Jahren, nicht erst seit der Herr der Ringe-Trilogie, zum Schatz, der Filme zum Strahlen bringt ("Die Journalistin" – 2003; Der Herr der Ringe – Die zwei Türme – 2002; Heaven – 2002; Schiffsmeldungen – 2001; Banditen! – 2001; The Gift – 2000; Der talentierte Mr. Ripley – 1999; "Turbulenzen – und andere Katastrophen" – 1999; Elizabeth – 1998).
Zu Maggie gesellt sich ihr Vater, der sich früh in deren Leben aus dem Staub gemacht und augenscheinlich das Leben eines vorzeitlichen Hippies geführt hat. Er erzählt dazu das Gleichnis von einem Apachen, der eines Morgens einen Falken sieht: „Er zieht los und kehrt nie mehr zurück. Nach seinem Tod begegnet er seiner Frau in der Geisterwelt. Sie fragt ihn, warum er nicht zurückgekommen ist. Er sagt, der Falke ist immer weiter geflogen.“ der markante Knurrhahn Tommy Lee Jones (Die Stunde des Jägers – 2003; Space Cowboys – 2000; Rules – Sekunden der Entscheidung – 2000; Doppelmord – 1999; Auf der Jagd – 1998; Men in Black – 1997; Volcano – 1997; Batman Forever – 1995; Natural Born Killers – 1994; Der Klient – 1994; "Explosiv – Blown Away" – 1994; Zwischen Himmel und Hölle – 1993; Auf der Flucht – 1993; Alarmstufe: Rot – 1992; JFK – Tatort Dallas – 1991; Airborne – 1990; "Black Moon" – 1986; "Die Augen der Laura Mars" – 1978) spielt ihn als grau gewordenen Aussteiger, der mit seinem Lebenswandel zwischen alle Stühle geraten ist. Diese beiden erfrischend untypischen Figuren für das Genre Abenteuer und Western machen sich auf, die ältere Tochter der Single Mom aus den Klauen von Apachen zu befreien, die auch nicht die typischen Wilden von einst sind. Diese hier haben als Scotts für die Weißen gearbeitet, sind irgendwann desertiert und leben seither das Leben durchschnittlicher Prairie-Outlaws.
Zu dem sehr kleinen Rettungstrupp gehört noch Dot, Maggies jüngste Tochter, die in der Wildnis unter härtesten Bedingungen aufgewachsen ist. Die erst zehnjährige Jenna Boyd (Die Stunde des Jägers – 2003) spielt sie derart überzeugend, dass wir uns nicht weiter wundern, dass sie mit auf diese gefährliche Mission geht; dafür muss sie unterwegs dann ein paar Mal in Fährnisse geraten, in denen sie auch mal ängstlich schreien darf. Aber sie ist in den anderen Szenen kein unglaubwürdiger Klotz am Bein, der ein junges Publikum ziehen sollte. Im Gegenteil wirft ihre Anwesenheit ein Schlaglicht auf jene Zeit, in der Kinder selten Zeit bekamen, plüschig aufzuwachsen.
Für ein jüngeres Publikum ist der ab 12 Jahre freigegebene Film ohnehin nicht geeignet. In Österreich ist er gar erst ab 16 freigegeben, was mit den brutalen Bildern zusammenhängt, die dem Zuschauer im bequemen Kinosessel klarmachen, dass man sich damals an keine höhere Instanz wenden, auf keine Menschenrechtskonvention pochen konnte. Der Sheriff, an den sich Maggie als erstes natürlich wendet, winkt bedauernd ab. Er habe gerade den Jahrmarkt in der Stadt, da brauche er hier jeden verfügbare Mann.
"The Missing" ist ein bildgewaltiger, brachialer Abenteuerfilm in großartigen Landschaftspanoramen, dem es an Handlung fehlt. Irgendwann driftet das vielschichtige Drama – Tochter/Vater, Menschenjagd, lebensgefährliche Wildnis – in spirituelle Sphären, übernehmen Zauberei und Geisterbeschwörung den Platz, an dem es eben noch handfeste Schießereien gegeben hat. Daraus entwickelt sich aber nichts. Es hat keine Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Films. Vielleicht hätte dem Film an dieser Stellung eine Strahlung gut getan, der mit zweieinviertel Stunde ohnehin sehr lang geraten ist – es gibt eine Extended Version, die 17 Minuten länger dauert. Dass er nicht langweilig geraten ist, dafür steht Ron Howard als Regisseur. Howard ist ein versierter Handwerker, der sich in keine Genreschublade stecken lässt, er findet für Drama so eigene Szenen wie für Thriller, Western oder Weltraumabenteuer (A Beautiful Mind – 2001; "Der Grinch" – 2000; EDtv – 1999; Kopfgeld – 1996; Apollo 13 – 1995; Schlagzeilen – 1994; In einem fernen Land – 1992; Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen – 1991; "Eine Wahnsinnsfamilie" – 1989; Willow – 1988; "Gung Ho" – 1986; Cocoon – 1985; Splash: Jungfrau am Haken – 1984; "Nightshift – Das Leichenhaus flippt völlig aus" – 1982). In "The Missing" setzt er seine sehr moderne Heldengruppe (s.o.) in einen existenziellen Überlebenskampf; nichts in dieser Welt ist schön oder gemütlich, gleich in der ersten Sequenz muss Maggie, die als Heilerin ihr Brot verdient (wenn denn die Patienten zahlen können), einer alten Frau ohne Betäubung ihren letzten Zahn ziehen. Die Landschaft sieht schön aus, ist aber staubig und dreckig und bevölkert von Arschlöchern und Soldaten, die streng nach Vorschrift reiten und jetzt gerade nicht helfen können – die Kavallerie als Vorläufer des modernen Beamtentums.
Ungefähr 60 Millionen Dollar Produktionsbudget standen Ron Howard zur Verfügung. An den weltweiten Kinokassen hat der Film 38,4 Millionen Dollar eingespielt.