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Plakatmotiv: In einem fernen Land (1992)

Großes Unterhaltungskino
mit nicht zu viel Tiefgang

Titel In einem fernen Land
(Far and Away)
Drehbuch Bob Dolman & Ron Howard
Regie Ron Howard, USA 1992
Darsteller

Tom Cruise, Nicole Kidman, Thomas Gibson, Robert Prosky, Barbara Babcock, Cyril Cusack, Eileen Pollock, Colm Meaney, Douglas Gillison, Michelle Johnson, Wayne Grace, Niall Toibin, Barry McGovern, Gary Lee Davis, Jared Harris, Steven O'Donnell, Peadar Lamb, Mark Mulholland, P.J. Brady, Wesley Murphy, Jimmy Keogh. J.G.Devlin, Gerry Walsh, Brendan Cauldwell, Derry Power, Noel O'Donovan, MacDara O'Fatharta, Eileen Colgan, Kate Flynn, Joan O'Hara u.a.

Genre Abenteuer, Drama
Filmlänge 140 Minuten
Deutschlandstart
6. August 1992
Inhalt

Irland, 1892: Der Bauernbursche Joseph Donnelly will sich für den Tod seines Vaters an dem unmenschlichen Großgrundbesitzer und Pachtherren Daniel Christie rächen.

Der Plan schlägt fehl und nach einigen Wirren flüchtet Joseph mit Christies snobistischer Tochter Shannon nach Boston. Joseph und Shannon träumen von einem eigenen Stück Land in Amerika, ihr Ziel: Der Oklahoma Land Run am 16. September 1893 – an diesem tag will der Staat Land verschenken an jene, die schneller sind als die anderen. Doch sie sind nicht die einzigen Glückssucher aus der alten Welt. Und so stellt sie der Neuanfang im fremden Land vor einige Herausforderungen.

Konnte Joseph nach Ankunft in Boston das nötige Geld für Unterkunft und Leben als Boxer verdienen, findet das anfängliche Glück nach einer Niederlage bei einem wichtigen Kampf ein jähes Ende. Und plötzlich stehen Joseph und Shannon bei eisiger Kälte obdachlos auf der Straße. Ihre Wege trennen sich und Joseph findet einen neuen Job bei der Eisenbahn.

Doch er erinnert sich immer wieder an den ursprünglichen Traum vom eigenen Land und Wohlstand. Als er sich schließlich die Anrechte auf ein Grundstück sichern will, begegnet er Shannon – die sich nicht ganz freiwillig wieder mit ihrem ehemaligen Verlobten zusammengetan hat. Wird es Joseph und Shannon gelingen, in den Wirren des Landrauschs von Oklahoma doch noch ihr gemeinsames Glück zu finden ..?

Was zu sagen wäre

Es ist der amerikanische Traum aus der Sicht eines Iren: Der unterjochte, überschuldete Bauernjunge träumt vom eigenen Land, kämpft sich durch die Niederungen menschlicher Gemeinheiten, gibt seinen Traum nie auf und hat am Ende sein eigenes Stück Land und das Mädchen, das er schon so lange liebt.

Regisseur Ron Howard durchsetzt sein romantisches Abenteuer mit makellosen Totalen erhabener Landschaften, wuchtiger Berge und saftiger Täler mit mäandernden Flusslandschaften; und, damit das alles auch ordentlich zur Geltung kommt auf der Leinwand, filmt er es mit der 70mm-Kamera, durch die Filmmaterial rattert, das doppelt so groß ist, also doppelt so viel Licht verarbeiten kann, wie das übliche 35mm-Material und also schärfere Bilder und größere Tiefenschärfe erreicht. Plakatmotiv (US): Far and Away (1992) Zu diesen Bildern komponiert John Williams (Indiana Jones und der letzte Kreuzzug – 1989; Star Wars – 1983; Der weiße Hai – 1975) einen irisch angehauchten Score, der in Kombination schon Gänsehaut im Kinosessel erzeugt, bevor sich überhaupt eine Geschichte anbahnt.

Auf dem Filmplakat steht Tom Cruise, der auf der Leinwand schon eine beachtliche Karriere als Sonnyboy, Draufgänger, Liebhaber und ernstzunehmender Schauspieler hinter sich hat (Tage des Donners – 1990; Geboren am 4. Juli – 1989; Rain Man – 1988; Cocktail – 1988; Die Farbe des Geldes – 1986; Top Gun – 1986; Legende – 1985; Der richtige Dreh – 1983; Die Outsider – 1983; Lockere Geschäfte – 1983; Die Kadetten von Bunker Hill – 1981) und sich hier nun auf ungewohntem Terrain, einem Kostümfilm, ausprobiert. Sein letzter Versuch, Ridley Scotts Legende, war nicht von Erfolg gekrönt. Jetzt zieht er sich die kratzenden Hosen des Landarbeiters an und schlägt sich zur Jahrhundertwende mit nacktem Oberkörper durch kerzenbeschienene Kaschemmen und eine Welt ohne Strom, ohne Kampfjets und ohne die Möglichkeit, Bikinimädels mit frechem Grinsen zu erobern. Cruise schlägt sich wacker durch dieses Gelände.

Unter ihm auf dem Plakat steht der Name von Nicole Kidman, einer australischen Schauspielerin, die nicht nur seit den gemeinsamen Dreharbeiten an Tage des Donners auf dem Boulevard eine schlagzeilenkräftige Liebesbeziehung mit Mr. Cruise pflegt, sondern die auch in ihren bisherigen Auftritten künstlerisch nachdrücklich auf sich aufmerksam gemacht hat ("Billy Bathgate" – 1991; Tage des Donners – 1990; "Todesstille" – 1989). Für "Far and Away" wurden Nicole Kidman und Tom Cruise bei den MTV Movie Awards 1993 als bestes Leinwand-Duo nominiert.

Diese Produktion ist auf Erfolg getrimmt. Ron Howard ist nicht daran gelegen, das Drama der Auswanderer aus sozialem Elend aus philosophischem, humanistisch-kritischem Blick zu erzählen; diese Themen werden brav durch dekliniert, es gibt brutale Landlords, die ihren Bauern deren undichte Strohhütten anzünden, wenn die die üppige Pacht nicht rechtzeitig bezahlen. Dabei verliert Howard aber niemals die Heldenstory des mutig seinen Träumen nachjagenden Bauern – oder Sklaven, wenn man so will – aus dem Blick. Howard hat eine gute Hand für eine publikumswirksame Inszenierung des sozialen Aufstiegs, ohne mit moralischem Zeigefinger zu winken (Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen – 1991; "Eine Wahnsinnsfamilie" – 1989; Willow – 1988; Cocoon – 1985; Splash: Jungfrau am Haken – 1984). Der 1954 in Duncan im US-Bundesstaat Oklahoma geborene Ronald William "Ron" Howard hat seit Kindheitstagen in Fernsehserien und Hollywoodfilmen gespielt. Dann wechselte er ins Regiefach und baute mit Brian Grazer die Produktionsfirma Imagine Entertainment auf, mit einigen vielbeachteten Produktionen, auch unter eigener Regie.

Die "publikumswirksame Inszenierung" bietet einen männlichen Blick auf das Abenteuer. Shannon, die junge Frau aus gutem Hause, hat die Idee, nach Amerika zu gehen, sie beißt sich, als sie dort alle Privilegien verliert, gegen anfängliche Ekligkeiten durch und steht tapfer ihren, nunja, Mann. Jammern tut sie nur einmal, dann nie wieder und stellt sich dem neuen Leben. Aber ohne ihren Bauernjungen wäre sie nicht weit gekommen, würde noch Jahre später Hühner rupfen, um das Geld zu verdienen, mit dem sich die Fahrt nach Oklahoma längst nicht mehr lohnen würde, weil dort längst alles gelaufen wäre. Das große Geld verdient er, der Kerl. Beim Boxen, der männlichsten aller Sportarten. Aber er lässt sich vom Applaus verführen, verliert zwischen schicken Anzügen und albernen Hüten, die er sich kauft, statt das Geld anzusparen, das große Ziel aus den Augen. Shannon versucht, ihm das klarzumachen, aber er hört nicht – schnell viel Geld sammeln und bejubelt werden ist schließlich besser, als das Geld centweise zu erarbeiten und nie vorwärts zu kommen –, muss sie dafür kurz darauf aber aus den schwitzig-geilen Fingern seines Gönners befreien, was ihn prompt die Boxkarriere und das angesparte Vermögen kostet. Plakatmotiv: In einem fernen Land (1992) Ehe sie sich's versehen, liegen beide mitten im schneereichen Winter in der Gosse der Stadt. Ein moralisches Gewissen konnte man sich zu jener Zeit, in der jeder für sich kämpft, kaum leisten. Um so heroischer sein Akt, die Frau aus Männerhänden zu retten. Hätte er das gelassen, wäre er fein raus; auf der Leinwand herrschen für Männer die Gesetze des Gentleman.

An dieser Stelle erlaubt sich der Film zehn Minuten romantisches Elend im weihnachtlich verschneiten Boston. Im klassischen Drama ist der Held nun an seinem tiefsten Punkt angelangt. Von nun an geht es langsam aufwärts bis zum – das muss man gar nicht verschweigen, das ist in der publikumswirksamen Machart dieses Films angelegt – von Fanfaren begleiteten Abstecken des eigenen Stücks Land. Das unvermeidliche Arschloch ist vertrieben, der schurkische Halsabschneider im stets nasskalten Boston überwunden, jetzt scheint die Sonne über der gemeinsamen Zukunft der Liebenden.

Es wäre ein langweiliger Film, wenn er zwei Stunden, 20 Minuten lang nur dieses bisschen Handlung bei schön gefilmten Landschaften präsentierte. Auf der Leinwand ist dauernd was los. Der Film liefert ein historisches Panorama, das uns einen Eindruck jener Zeit vermittelt, neugierig macht, wie das damals war, als die fürs Kino aufbereiteten Geschichten aus dem Wilden Westen Ende des 19. Jahrhunderts an ihr Ende kamen und immer neue Siedler an die Ostküste der Vereinigten Staaten drängten. Wir erleben irische Landarbeiter, die sich selbst auf- und dem Whisky ergeben haben. Wir bekommen einen Eindruck davon, wie und auf welche Weise sich absolut ahnungslose Einwanderer in den schlammigen Vierteln der Städte durchschlugen, in denen sowas wie Recht und Gesetz dem gehörte, der besser zahlte. Und landen schließlich im Irrsinn des historisch verbürgten Oklahoma Land Run, den es fünfmal zwischen 1889 und 1895 gab – der größte war der im Film gezeigte vom September 1893. Die Land Runs gelten als historischer Markstein, der symbolisch das Ende der Pionierzeit markiert, die heute als Wilder Westen bezeichnet wird: das letzte nicht organisierte Gebiet wurde besiedelt und die Frontier verschwand. Für das Kino war er historische Grundlage unter anderem in den Filmen "Pioniere des wilden Westens" (Wesley Ruggles, 1931), Oklahoma Kid (Lloyd Bacon, 1939) und "Cimarron" (Anthony Mann, 1960), welcher die Neuverfilmung von "Pioniere des Wilden Westens" darstellt.

Mit "Far and Away" kommt ein großartiger Unterhaltungsfilm ins Kino, der alles mitbringt, was es für die große Leinwand im großen Saal braucht: Bilder, Emotionen, Gänsehautscore und sympathische Helden.

Wertung: 9 von 10 D-Mark
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