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Plakatmotiv: Die Abenteurer (1967)

Eskapismus mit einem etablierten
und einem kommenden Weltstar

Titel Die Abenteurer
(Les aventuriers)
Drehbuch Robert Enrico & José Giovanni & Pierre Pelegri
Regie Robert Enrico, Frankreich, Italien 1967
Darsteller

Alain Delon, Lino Ventura, Joanna Shimkus, Serge Reggiani, Hans Meyer, Thérèse Quentin, Jean Darie, Jean Trognon, Odile Poisson, Irène Tunc, Valéry Inkijinoff, Raoul Guylad, Jean Landier, Guy Delorme, Patrick Bernhard, Paul Crauchet, Mick Besson u.a.

Genre Abenteuer, Drama
Filmlänge 112 Minuten
Deutschlandstart
21. April 1967
Inhalt

Manu, Roland und Laetitia sind drei Franzosen, wie sie verschiedener nicht sein können. Während der junge Kunstflieger Manu von ein paar Yuppies mit einer nicht unbeträchtlichen Summe dazu verführt wird, mit seiner Maschine durch den Arc de Triomphe zu fliegen, bastelt der in die Jahre gekommene, aber nicht weniger fanatische Autotechniker Roland an einem Geschoss auf Rädern – einem Dragster. Laetitia bedient sich auf Rolands kleinem Autofriedhof. Sie fertigt Kunstobjekte aus Schrottteilen, die sie dann auf einer Ausstellung zeigen will.

Alle drei scheitern. Manu kann nicht durch den Arc de Triomphe fliegen, weil just an diesem Tag die Tricolore im Torbogen gehisst wird. Plakatmotiv (Fr.): Les Aventuriers (1967) Rolands Dragster geht im entscheidenden Versuch in Flammen auf. Laetitia geschweißtes Stahlkunstwerk ist zwar beeindruckend, kommt bei den Kritikern des Feuilletons aber nicht gut an. Einen Trumpf aber haben die Jungs noch im Ärmel. Vielleicht.

Es gibt da ein Geheimnis, das ihnen ein früherer Kunde unter Druck mal anvertraut hat: Im Wrack eines kleinen Flugzeugs, das vor der Küste des Kongo abgestürzt ist, soll sich ein Schatz befinden. Da die beiden finanziell am Ende sind, wollen sie, obwohl sie die Geschichte zunächst für einen weiteren Schwindel halten, der Sache nachgehen. Sie begeben sich zusammen mit Laetitia nach Afrika …

Was zu sagen wäre

Jules und Jim erleben Abenteuer in Rio – so könnte man diesen Film zusammenfassen, wenn der Vorhang im Kino sich gerade geschlossen hat. Ich habe den Film erst Mitte der 1970er Jahre gesehen. Da bin ich gerade volljährig. "Die Abenteurer" von 1967 war da schon ein alter Film, der zwischen dem Truffaut-Klassiker einer Ménage à trois und der französischen Neudefinition eines Abenteuerfilms seine Berechtigung suchte.

Es gibt keinen klaren roten Faden, im Grunde trifft es der Filmtitel "Les aventuriers“ hier mal sehr genau, wenn auch die beiden Jungs sich nicht durch Dschungel oder Wüsten schlagen müssen (was Kino-Abenteurer halt sonst so machen). Es sind Lebenskünstler mit Träumen, die bereit sind, für die Erfüllung dieser Träume viel zu riskieren. Wenn's schief geht, versuchen sie etwas Neues. Zu ihnen gesellt sich ein weiterer Lebenskünstler, der zufällig weiblich ist, Laetitia heißt und mit Schweißgerät umzugehen versteht. Unter der Regie von Robert Enrico reicht diese Konstellation schon, um eine knappe Stunde Film zu füllen.

Das Trio tingelt durch sein spezielles, nicht mit unserem Schul-, Büro- oder Dachdeckeralltag vergleichbaren Leben. Und wir schauen ihm gerne dabei zu. Enricos Film ist purer Eskapismus.

Wenn nicht die jeweiligen Träume der Drei für spannende Szenen und Bilder sorgen – Alain Delon (Der eiskalte Engel – 1967; Brennt Paris? – 1966; Der Leopard – 1963; Rocco und seine Brüder – 1960; Nur die Sonne war Zeuge – 1960) als Manu fliegt mit seinem Doppeldecker die Champs Elysée entlang auf den Triumphbogen zu, Lino Ventura (Einer bleibt auf der Strecke – 1965; Taxi nach Tobruk – 1961; Der Panther wird gehetzt – 1960; Tatort Paris – 1959; Fahrstuhl zum Schafott – 1958) als Roland testet seinen hochmotorisierten Dragster, Laetitia sucht ihre Stellung unter der Haute Volée der Pariser Kunstszene – dann nimmt uns das Trio selbst gefangen. Diese spezielle Ménage à trois ist, durchaus anders als bei Jules und Jim, keine romantisch konnotierte. Roland, Laetitia und Manu verstehen sich wie drei Kumpels, bei denen einer an der sonnigen Atlantikküste halt zufällig einen Bikini statt einer Badehose trägt. Plakatmotiv (WA): Die Abenteurer (1967) Viel später kommen Gefühle ins Spiel, die die Beziehung der drei untereinander aber kaum beeinflussen.

Für den Teenager im Sessel des Weißhauskinos in Köln ist das in den hysterischen Zeiten von Alice Schwarzer und Esther Villar eine Erlösung: Die beiden Freunde führen keine Gockelkämpfe auf, die Frau ist nicht kompliziert und alle drei versuchen gemeinsam, ihren Weg zu gehen. Das ist das Kino seit meiner Kindheit: Eskapismus. Und so mäandert der Film ohne echtes Ziel durch seine Handlung und hält sich ziemlich lange in einer Art Bacardi-Werbung auf, wenn die drei Freunde mit Segelboot an afrikanischer Küste entlang gleiten auf der Suche nach einem Millionen-Schatz. 1967 waren allein diese Bilder für das Zielpublikum das Eintrittsgeld wert. Rund zehn Jahre später ist die Dramaturgie für den späten, von Airport, Towering Inferno oder Star Wars verwöhnten Teenager ein wenig lahm, aber die Bilder fesseln immer noch.

Kino ist natürlich kein Reisebüro, in dem einem schöne Bilder verkauft werden. Irgendwann muss Robert Enrico seine Geschichte zu einem Ende bringen und da tauchen dann die Figuren auf, die wir bis dahin so gar nicht vermisst haben, die aber in einer Geschichte, in der es um einen millionenschweren Schatz geht, zwangsläufig auftauchen. Typen in dunklen Trenchcoats und Sonnenbrille tauchen auf, schrauben Schalldämpfer auf automatische Waffen und nicht alle erleben den Abspann lebend. In einer noch zu schreibenden Hitparade der zehn schmerzhaftesten Verluste der Kinogeschichte wird "Die Abenteurer" einen vorderen Platz einnehmen. Aber fingernägelkauend spannend wird es nie. Es passiert halt, was dem Drehbuch nach passieren soll und dann ist das Drama vorbei. Die an einen Hubschrauber gekettete Kamera entfernt sich vom finalen Schauplatz und während die Schlusstitel laufen, können wir uns im noch dunklen Kinosaal denken, was wir möchten.

"Die Abenteurer" ist kein nachhaltiger Film, keiner, der Geschichte schreibt. Er bietet eine schöne Flucht aus dem Alltag. Und das Schöne daran: Je älter der Film in unserer durchkomponierten, ausgerechneten Kino-Welt wird, desto entspannter wird unsere Flucht darin.

Wertung: 5 von 8 D-Mark
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