Israel in den späten 50er-Jahren. Drei hormonell erwachte Jünglinge begeben sich auf die Jagd nach ersten sexuellen Erlebnissen. Der Scheueste von ihnen, Benny, beginnt sich erst langsam auf den Parties seiner Kumpanen wohlzufühlen.
Als er sich in die scharfzüngige Nili verliebt, weiß er weder ein noch aus: Das stolze Mädchen aus gutem Haus will von ihm nichts wissen – von Bennys smarten Freund Momo allerdings um so mehr. Momo und Nili verlieben sich, was nicht ohne Folgen bleibt: Das Mädchen wird schwanger. Nun ist es Benny, der sich um seine große Liebe aufopferungsvoll kümmert. Aber wird sich Nellie dafür auch dankbar zeigen?
Die Leiden und Nöte der Teenager, die beginnen zu verstehen, dass der Körper mehr ist, als eine Konstruktion für den Stoffwechsel, sind ein unerschöpfliches Thema in der Kunst, ja, vielleicht sogar das Thema. Gibt es was Aufregenderes als die erste Liebe, die ersten hormonellen Wallungen? Ist nicht später alles nur eine Wiederholung von Bekanntem, aber eben nie mehr das Neue? Das kann ich nicht beantworten, ich bin selber gerade erst 17 geworden, als der Film bei uns im Weißhauskino in Köln läuft.
Aber mit Benny kann ich mich gut identifizieren. In ein Mädchen verliebt sein. Sich nicht trauen, sie anzusprechen. Und dann greift Dein draufgängerischer Kumpel zu und Du gehst alleine durch die Nacht nach Hause. Der Film, eine israelisch-deutsche Co-Produktion, spielt in Tel Aviv. Aber Teenagerschmerzen sind da dieselben, wie in Köln. Oder in Kalifornien, wo Krieg der Sterne-Erfinder George Lucas vor fünf Jahren, 1973, sein American Graffiti inszeniert hat, in dem es auch um Nöte und Sehnsüchte gereifter Teenager ging, ums erste Mal und um falsche Versprechungen.
Das Genre des Teenagerfilms gibt es schon lange. In Deutschland wurde mit Peter Kraus die Jugendzeit zu einer Rock'n'Roll-Party. In den 50ern eroberte Marlon Brando als Der Wilde (1953) die Leinwand ohne romantischen Dusel, James Dean portraitierte die Verzweiflung in dieser Entwicklungsphase in …denn sie wissen nicht, was sie tun (1955). Das sind heute historische Filme, die mit meinem Leben, Jahrgang 1961, nicht viel zu tun haben. Als 1976 "Her mit den kleinen Engländerinnen" ins Kino kam, betraf mich das schon eher: ein Film aus Frankreich, dessen Sprache in der Schule meine erste Fremdsprache war, Sommerurlaube in England hatte ich zwei gemacht, und es ging um Jungs und Mädchen, also um lauter Aspekte aus meinem Leben. Die "kleinen Engländerinnen" war kein guter Film, hatte ein für mich aber aufregendes Thema. "Eis am Stil", der so heißt, weil die Jugendlichen in ihren Eiscafés und Bars Softeis und am Strand Zitroneneis am Stil lutschen, stößt in diese Kerbe und verbindet die historischen mit den aktuellen Bezügen.
Der Film spielt in den 50er Jahren, an den Litfaßsäulen hängen James Dean-Plakate, der Soundtrack feuert einen Fifties-Klassiker nach dem anderen ab, aber die Probleme der Figuren sind keine Marlon Brando- oder James Dean-Probleme, sondern Teenager-in-den-70er-Jahren-Probleme. Der erwähnte Soundtrack erfüllt keinen dramaturgischen Zweck, will keine Spannung unterstreichen. Ohne Gespür für den Rhythmus seines Films haut Regisseur Boaz Davidson die Rock'n'Roll-Schlager nach Stimmung auf die Tonspur – bei Partylaune "Tutti Frutti", bei Schmuseszenen "Put Your Head on my Shoulder", bei tiefer Trauer "Mister Lonely" – damit wir im Kinosessel immer wissen, wie die Stimmung gerade ist. Und die Schallplatte zum Film mit den ganzen Hits von früher lässt sich natürlich auch gut verkaufen.
Die Geschichte des Films dreht sich um wenig. Ausführlich bekommen wir die Figuren vorgestellt – den schüchternen Benny, den gut aussehenden Momo und den dicken Johnny, der jederzeit über ordentliche Mengen Geld verfügt, das er seinen Freunden gegen Schuldscheine leiht; warum er so viel Geld hat, bleibt unklar – Johnny, Benny und Momo gehen alle in dieselbe Klasse. Dass Momo bei Bennys großer Liebe zugreift, wo der noch schmachtet, ist dramatisch, schmerzhaft, kann den Film aber emotional nicht über die Zeit retten. Da müssen dann notgeile rumänische Mütter die Leinwandzeit füllen und Prostituierte, bei denen die Jungs sich Filzläuse einhandeln. Das bleibt im weiteren Verlauf alles folgenlos, aber gehört ja vielleicht zu den Erfahrungen des ein oder anderen Teenagers im Kinosaal dazu. Die oben im Inhalt erwähnte ungewollte Schwangerschaft und Bennys rührende Sorge um die Traumfrau, die vor einer Abtreibung vom Kind seines besten Kumpels steht, wird erst in der letzten halben Stunde zum Thema, dann allerdings zu einem – jedenfalls – für die männliche Teenager im Kinosaal bitteren.
Anders, als es der Titel vermuten lässt, ist "Eis am Stil" kein Partyfilm für Teenager mit den Beilagen Romantik, Schmerz und Sex. "Eis am Stil" ist ein melancholischer Blick in die Seele eines enttäuschten Jungen.
Eis am Stil im Kino
- "Eis am Stil" (1978)
- Eis am Stil 2 – Feste Freundin (1979)
- Eis am Stil 3 – Liebeleien (1981)
- Eis am Stil 4 – Hasenjagd (1982)
- Eis am Stil 5 – Die große Liebe (1983)
- Eis am Stil 6 – Ferienliebe (1985)
- Eis am Stil 7 – Verliebte Jungs (1987)
- Eis am Stil 8 – Summertime Blues (1988)
- "Eis am Stil 9 – The Party goes on" (2001)