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Plakatmotiv: Das Geheimnis von Santa Vittoria (1969)

Ein gut gelaunter Film,
in dem zu wenig passiert

Titel Das Geheimnis von Santa Vittoria
(The Secret of Santa Vittoria)
Drehbuch Ben Maddow & William Rose
nach dem gleichnamigen Roman von Robert Crichton
Regie Stanley Kramer, USA 1969
Darsteller

Anthony Quinn, Anna Magnani, Virna Lisi, Hardy Krüger, Sergio Franchi, Renato Rascel, Giancarlo Giannini, Patrizia Valturri, Eduardo Ciannelli, Leopoldo Trieste, Gigi Ballista, Quinto Parmeggiani, Wolfgang Jansen, Peter Kuiper, Pino Ferrara, Curt Lowens, Aldo De Carellis, Carlo Capannelle u.a.

Genre Komödie, Drama
Filmlänge 139 Minuten
Deutschlandstart
27. Februar 1970
Inhalt

In dem kleinen italienischen Winzerdorf Santa Vittoria lagert ein riesiger Weinvorrat. Im zweiten Weltkrieg kommen deutsche Truppen, die auf ihrem Rückzug in Richtung Santa Vittoria unterwegs sind.

Die Deutschen wollen die Stadt besetzen und sich das Weindepot sichern, das die finanzielle Grundlage der Stadt darstellt. Bürgermeister Italo Bombolini will den Wein retten, indem er die Einwohner die Weinflaschen in eine alte römische Höhle außerhalb der Stadt transportieren lässt. Eine Million Weinflaschen werden dorthin geschafft, bevor die deutschen Truppen ankommen.

Nazi-Kommandeur Von Prum wundert sich schon bald wo der Wein geblieben ist …

Was zu sagen wäre

Wie erfrischend: Zwischen deutschen Besatzungstruppen und Besetzten geht es einmal nicht um Kanonen oder Millionenschätze. Es geht um Wein.Wein, der für die Dorfbewohner so wertvoll ist wie ein Millionenschatz, „der Wein ist unsere Seele“ sagen sie. Aber natürlich geht es ihnen auch darum, nicht klein beizugeben gegen die blonden Besatzer mit den rüden Manieren.

Dieser Film feiert das Einfache, den Simplicissimus. Ihr Held ist ein grob unterbelichteter Weinhändler, der meistens besoffen am Brunnen auf dem Marktplatz hockt und der am Tag, als Benito Mussolini stirbt, eine Jubelparole für den Duce überpinselt von der Dorfbevölkerung deshalb zum neuen Bürgermeister ernannt wird. In seinen wenigen nüchternen Momenten wird dem ehemaligen Weinhändler klar, dass so ein Amt eine große Herausforderung darstellt, lässt sich von einem Trinkkumpan das Buch "Der Fürst" von Niccolò Machiavelli erklären und ist gerade dabei, eine duschchoreographierte Regierung aufzubauen, als die Nachricht von den Deutschen, die alle Dörfer besetzen, die Runde macht. Und fortan geht es um den Wein, den die Weinbauern den Deutschen nicht überlassen wollen.

Stanley Kramer inszeniert eine überlange Bauernposse ("Rat mal, wer zum Essen kommt" – 1967; Urteil von Nürnberg – 1961; Wer den Wind sät – 1960; Flucht in Ketten – 1958), die gefühlt ist mit Stereotypen. Und die in gut 80 Minuten locker auserwählt wäre. Aber Kramer nimmt sich 140 Minuten Zeit und zeigt uns dann ausführlich, wie etwa das gesamte Dorf eine Menschenkette bildet, um eine Millionen Flaschen Wein in ein geheimes Versteck zu verfrachten; gefühlt wandern die Flaschen eine halbe Filmstunde aus ihrem angestammten Keller ins Versteck, aufgelockert durch Dialogszenen, die den Film inhaltlich nicht voranbringen.

Anthony Quinn tobt sich in der Rolle des meist angetrunkenen, in seiner Schlichtheit charmanten Bombolini aus ("In den Schuhen des Fischers" – 1968; "Alexis Sorbas" – 1964; Lawrence von Arabien – 1962; Die Kanonen von Navarone – 1961; Der letzte Zug von Gun Hill – 1959; "Die schwarze Orchidee" – 1958; Der Glöckner von Notre Dame – 1956; "Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft" – 1956; Die Fahrten des Odysseus – 1954; La Strada – Das Lied der Straße – 1954). Alles, was er tut, tut er leidenschaftlich. Jammert seiner Frau hinterher, die ihn gering schätzt, gibt gegenüber dem deutschen Hauptmann den sehr devoten Untertan und wenn er lacht, lacht er immer zu laut. Seine Ehefrau spielt Anna Magnani (Die tätowierte Rose – 1955) als strenge, desillusionierte Dörflerin, die von ihrem Mann nichts mehr Gutes erwartet, dann aber doch insgeheim beeindruckt ist von seinen Tricks.

Für wenigstens ein bisschen Drama sorgen Virna Lisi und Sergio Franchi als Baronessa und einfacher Soldat auf der Flucht, die sich allein schon deshalb ineinander verlieben, weil sonst gerade niemand von für sie angemessenem Stand vor Ort ist. Sie deklinieren im Drehbuch die sozialen Schichten, die Menschen gemeinhin trennen und können darüber trefflich aneinander vorbei streiten – und sich dann küssen. Als deutscher Hauptmann strahlt Hardy Krüger mit seinen blauen Augen in die Kamera (Das rote Zelt – 1969; Der Flug des Phönix – 1965; Hatari! – 1962; Taxi nach Tobruk – 1961). Er gibt einen freundlichen Offizier, angemessen angeekelt von den Methoden der Waffen-SS und mit wenig deutschem Durchsetzungsdrang, den Hollywoodfilme gemeinhin für deutsche Nazisoldaten bereit halten.

Der Film gibt sich gut gelaunt und kann einigermaßen kaschieren, dass die meiste Zeit zu wenig passiert, was eine große Leinwand füllt. Das titelgebende große Geheimnis ist das Versteck der eine Million Weinflaschen, das für uns ja kein Geheimnis ist, außer vielleicht, dass nicht klar wird, was die Deutschen eigentlich im Frühjahr 1945, als ihre Niederlage bereits am Horizont schimmert, noch mit diesem ganzen Wein anfangen wollen. Es gelingt dem Film immerhin, den Wert italienischen Weines deutlich zu machen und, wie sinnlos es ist, sich mit Waffen gegenüberzustehen, um strategische Ideen ferner Herren in Realität umzusetzen.

Wertung: 3 von 8 D-Mark
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