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Plakatmotiv: La Strada – Das Lied der Straße (1954)

Harter Realismus
in Schwarz-Weiß

Titel La Strada – Das Lied der Straße
(La Strada)
Drehbuch Federico Fellini & Tullio Pinelli & Ennio Flaiano
Regie Federico Fellini, Italien 1954
Darsteller

Anthony Quinn, Giulietta Masina, Richard Basehart, Aldo Silvani, Marcella Rovena, Livia Venturini, Pietro Ceccarelli, Giovanna Galli, Gustavo Giorgi, Yami Kamadeva, Mario Passante, Anna Primula, Goffredo Unger, Nazzareno Zamperla u.a.

Genre Drama
Filmlänge 108 Minuten
Deutschlandstart
28. August 1956
Inhalt

Für ein paar Tausend Lire kauft der raue Kraftkünstler Zampano das Mädchen Gelsomina ihrer Mutter ab, damit er für seine Wandervorstellungen eine Assistentin hat. Gelsomina ist ebenso jung wie gutmütig und versucht vergeblich, mit Zampano, der sie als sein Eigentum betrachtet, ins Gespräch zu kommen.

In einem Zirkus lernt sie den Seiltänzer Matto kennen, mit dem sie sich anfreundet. Kurz darauf gerät Matto in einen Streit mit Zampano und wird von diesem erschlagen. Da Gelsomina Mattos Tod seelisch nicht verkraften kann, lässt Zampano sie allein am Straßenrand zurück.

Als er Jahre später zufällig von ihrem Tod erfährt, überwältigt ihn ein Gefühl der Einsamkeit und der Trauer …

Was zu sagen wäre

Eine Alltagsbeschreibung aus der Deutschen Sehnsuchtsland Italien – ohne weltberühmte Sakralbauten oder touristisch erschlossene Badestrände. Der Filmtitel weist den Weg: Es geht um ein Leben, das auf der Straße stattfindet, zwischen Asphalt und einem klapprigen Planwagen, der von einem Motorrad gezogen wird. Selten, dass die Protagonisten mal mit einem festen Dach über dem Kopf schlafen. Federico Fellini zeigt harten italienischen Alltag.

Es ist die Geschichte einer Emanzipation. Die gutmütige Gelsomina ist so gar nicht auf das Leben vorbereitet und wird hinein geworfen, weil ihre Schwester Rosa verstorben ist. Die war Assistentin bei Zampano, dem Straßenkünstler. Nun braucht er eine neue Assistentin und kauft Gelsomina kurzerhand ihrer dankbaren Mutter für 10.000 Lire ab; die kann das Geld gut gebrauchen für die Reparatur ihres Daches. Plakatmotiv: La Strada – Das Lied der Straße (1954) Fellini zeigt das ohne falsche Romantik, weder gibt es Donnergrollen bei dieser Art Menschenhandel noch großäugige Melancholie. Es ist ein normales Geschäft. Kino als Spiegel der harten Realität, während in den Filmstudios nebenan weitere Musketier- und Louis-XIV-Abenteuer produziert werden.

Gelsomina ist wissbegierig, lernt schnell und ist vor allem genügsam, ihrem Käufer eine folgsame Assistentin. Wenn der sich mit einer Hure zurückzieht, muss sie am Straßenrand warten und hoffen, dass er sie hinterher wieder abholt. Erst als Matto in ihr Leben tritt, ein fröhlicher Seiltänzer, der redet wie ein Wasserfall – anders als Zampano, der meist nur mürrisch grummelt – lernt sie, dass auch sie einen Wert hat. „Alles hat eine Bedeutung. Selbst dieser Stein“, sagt Matto. Dennoch schlägt Gelsomina alle Angebote für eine neue Gemeinschaft aus – weder beim Zirkus will sie bleiben, noch bei den Nonnen im Kloster – und bleibt bei Zampano und damit in der freiwilligen Abhängigkeit des Tagelöhners, der sein Geld damit verdient, dass er auf Marktplätzen kraftvoll eine Eisenkette, die seinen Brustkorb umschließt, sprengt. Anthony Quinn spielt diesen Kraftkerl mit melancholischem Blick und sehr kurzer Zündschnur (Viva Zapata – 1952; Ritt zum Ox-Bow – 1943). Warum Gelsomina die Chancen, Zampano zu verlassen, nicht nutzt, bleibt unerklärt und kann wohl damit zusammenhängen, dass sie den freien Willen nicht gelernt hat. Zu wissen, dass sie einen Wert hat, bringt ihr noch nicht die Freiheit.

Unerklärt bleibt auch die Wandlung des Zampano, der, als er Jahre, nachdem er Gelsomina am Straßenrand sitzen ließ, erfährt, dass sie inzwischen verstorben ist, seine Fassung verliert und sich abends hemmungslos besäuft. Im Laufe des Films hat er einen Menschen getötet, andere aggressiv angegangen, hat schließlich Gelsomina sitzen lassen. Dass er Jahre später wegen der Frau, die ihm offensichtlich nichts bedeutet hat, am nächtlichen Strand in Tränen ausbricht, erklärt sich nicht – dass er alleine ist, niemanden hat, wird ihm wohl in den Jahren nach Gelsomina schon aufgefallen sein.

Fellinis "La Strada" ist ein beeindruckender Film, weil er das Kino, Heimat des Eskapismus, mit dem harten Realismus der Straße verbindet. In der Motivation der Charaktere bleiben aber Unklarheiten, die nicht ausgeräumt werden.

Wertung: 3 von 6 D-Mark
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