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Plakatmotiv: Elemental (2023)

Als Pixar-Film eine
große Enttäuschung

Titel Elemental
(Elemental)
Drehbuch John Hoberg & Kat Likkel & Brenda Hsueh
Regie Peter Sohn, USA 2023
Darsteller
Leah Lewis, Emilia Schüle, Mamoudou Athie, Jannis Niewöhner, Ronnie del Carmen, Michael Iwannek, Shila Ommi, Britta Steffenhagen, Mason Wertheimer, Cyril Baudier, Wendi McLendon-Covey, Eva Maria Bayerwaltes, Catherine O’Hara, Cathlen Gawlich, Matthew Yang King, Tobias Nath, Joe Pera, Thomas Wenke, Wilma Bonet, Katrin Zimmermann, Ronobir Lahiri, Hans Hohlbein u.a.
aufgeführt sind Synchronsprecher der Original- und der deutschen Fassung
Genre Abenteuer, Komödie
Filmlänge 101 Minuten
Deutschlandstart
15. Juni 2023
Inhalt

In Elemental City wohnen Bewohner aller vier Elemente mehr oder weniger friedlich zusammen, bleiben im Allgemeinen aber unter sich.

Die Feuerelemente Brandolf und Glute Lumen ziehen nach Element City, wo sie mit der Fremdenfeindlichkeit der anderen Elemente konfrontiert sind und Schwierigkeiten haben, eine Wohnung zu finden. Sie eröffnen schließlich einen Lebensmittelladen namens Feuerstelle, der im Laufe der Zeit viele Feuer-Kunden anzieht. Brandolf will den Laden an seine Tochter Ember übergeben, wenn sie bereit ist, damit er in Ruhestand gehen kann.

Als er der impulsiven Ember erlaubt, den Laden an einem Tag alleine zu führen, bekommt sie unter dem Stress einen Wutausbruch, durch den Wasser und Wade Ripple, ein Wasserjunge, in den Keller des Ladens fließen. Wade ist ein Inspektor, protokolliert die undichten Rohrleitungen. Von denen gibt es nach Embers Wutausbruch so einige und also gibt er einen entsprechenden Bericht an seine Vorgesetzten weiter, die den Laden sofort dicht machen wollen.

Für Ember wäre das eine Katastrophe, sieht sie in dem Laden doch das Lebenswerk ihres Vaters, für das er alles einschließlich der Heimat aufgegeben hat – und den sie, wenn sie soweit und nicht mehr so hitzköpfig ist, übernehmen soll. Und jetzt ist sie schuld, dass das alles nicht passieren wird. Dieses Dilemma versteht sogar Wade, der Wasserjunge, der Amber nun bei den Behörden helfen und Zeit für eine Lösung herausschlagen will.

Kurzfristig können die beiden das akute Problem mit dem rätselhaft hohen Wasserdruck lösen und Gale, die Abteilungsleiterin der Behörde, überzeugen, den Laden nicht zu schließen.

In der Zwischenzeit aber haben sich Amber und Wade ineinander verliebt … irgendwie … also, soweit man diesen fremden Gefühlen trauen kann … und wie soll das auch gehen, Feuer und Wasser?

Was zu sagen wäre

Die Pixar-Studios machen ungerne halbe Sachen. Wenn sie nicht gerade ihre, wie soll man das nennen, Fließbandware abliefern – also Sachen wie Onward oder Lightyear – dann muss es mindestens eine Unmöglichkeit sein. In diesem Fall sollen sich ein Feuermädchen und ein Wasserjunge ineinander verlieben und sich folglich auch mal küssen, ohne sich dabei gegenseitig umzubringen – sie würde ihn verdampfen, er sie nass machen und folglich löschen.

Und das wäre nur die Grundierung, auf der eine noch größere Geschichte erzählt wird. So, wie bei Alles steht Kopf, WALL•E, Ratatouille oder Toy Story. Erstaunlicherweise geschieht genau das dann nicht. Es geht den ganzen Film über um nichts anderes als die Frage, wie die beiden Ungleichen zusammenkommen können. Und als das dann in der Praxis nach vier Fünfteln des Films geklärt ist, kommen noch die üblichen letzten Hindernisse Plakatmotiv: Elemental (2023) wie Es-geht-doch-nicht und Ich-kann-meinen-Vater-nicht-im-Stich-lassen, die aber kein Zuschauer ernst nimmt. Klar kriegen die sich. Irgendwas geht schließlich immer; ist doch Trickfilm.

Entworfen hat die Geschichte der Südkoreaner Peter Sohn, der hier die Geschichte seiner Eltern verfremdet, die eines Tages ihre Heimat (Südkorea) verlassen, sich in der Fremde (den USA) gegen Vorurteile und Ablehnung durchsetzen mussten und ihrem Sohn ein Leben mit allen Möglichkeiten eröffneten – dafür dankt er ihnen unter einem Foto der realen Eltern im Abspann seines Films.

Nach dem noch lange nachhallenden, durch Sexismusvorwürfe erzwungenen Abtritt von Pixar-Mastermind John Lasseter geht man es dort weniger sophisticated, dafür internationaler an. Für Turning Red (2022) hatte die Chinesin Domee Shi ihre Erinnerungen als Mädchen aus chinesischer Familie in Kanada verarbeitet. Jetzt verfilmt Peter Sohn seinen Migrationshintergrund; ursprünglich hatte er einen Superheldenfilm geplant. Kino als Dankeschön-Postkarte an die Eltern.

In der Stadt der vier Elemente haben die Feuermenschen nicht wirklich Platz. Sie verbrennen ja alles, was sie berühren. Die Wasser-, Erde- und Luftwesen können ganz gut miteinander, jubeln gemeinsam im Stadion der örtlichen Mannschaft zu. Die Feuerwesen werden als Gefahr behandelt – ähnlich den Asiaten in den USA, denen im Zweiten Weltkrieg und danach mit großem Misstrauen begegnet wurde. Und als dann in der Elemente-Stadt durch eine undichte Stelle im Kanalsystem das Viertel der Feuerwesen unterzugehen droht, interessiert das im Rathaus niemanden; sollen die sich doch selber drum kümmern. Ember kümmert sich und das war's dann im Prinzip.

Der Rest ist brillante Bildtechnik, hohe Schauwerte und Tränenzieher-Szenen, also das, was Disney schon bis in die späten 1960er und ab den frühen 1990er Jahren wieder beherrschte. Darin steckt die große Enttäuschung, die den Film noch ein bisschen lahmer macht, als er bei Lichte besehen vielleicht ist: Es ist zu viel 90er-Jahre-Disney in diesem ambitionierten Pixar.

Aber den eigentlich Todesstoß hat Peter Sohn seinem Film verpasst, als er mit der Stadt der vier Elemente eine andere Trickfilm-Stadt aus den Disney-Studios in Erinnerung rief, in der schon mal in aller Unmöglichkeit – damals – Säugetiere miteinander und nebeneinander lebten. In Zootopia mussten sich 2016 eine Hasendame und ein gerissener Fuchs zusammenraufen, aber nicht, Plakatmotiv: Elemental (2023) um ein Liebespaar zu werden, sondern um eine Mordserie und eine Verschwörung aufzudecken, die der titelgebenden Stadt einen fantastischen, emotionalen Überbau verlieh. Damals machte die – auf den ersten Blick – Unvereinbarkeit der beiden Hauptcharaktere aus der simplen Kriminalstory ein großes Filmereignis. In "Elemental" ist die Unvereinbarkeit der beiden Hauptcharaktere schon die eigentlich Story, die lediglich mit einem kitschigen Erkenne-Dich-selbst-Familiendrama unterfüttert wird.

Der emotionalste Moment in "Elemental" ist erreicht, wenn Wade seine Feuerfreundin in einer von der Abteilungsleiterin Gale (ein Luftwesen) geschaffenen Luftblase unter Wasser zu einer Pflanze führt, von deren Besichtigung Ember ihr ganzes Leben geträumt hat. Als keines Mädchen waren sie und ihr Vater abgewiesen worden – Feuerwesen haben hier keinen Zutritt; jetzt helfen ein Wasser- und ein Luftwesen dabei, diese Fremdenfeindlichkeit zu revidieren. Und bieten Feuer und Wasser zudem einen kurzen Moment inniger Romantik. Aber die alles zerstörende Flutwelle kommt später natürlich trotzdem noch über das Viertel der Feuerwesen – da gilt die alte Kinoregel: Wenn Du ein Gewehr zeigst, muss das Gewehr auch benutzt werden, oder: Wenn Du eine Flutwelle androhst, muss die auch kommen. Diese Flutwelle kommt einfach; sie ist nicht Ergebnis einer gemeinen Verschwörung Anderer wie in Zootopia. Sie hat dann auch keine so schwerwiegenden Folgen, denn „ein paar Monate später“ ist das Viertel der Feuerwesen schon wieder aufgebaut und – oh Wunder – nun auch zahlreich von Erd-, Wasser- und Luftwesen besucht. Warum das einst verfemte Viertel plötzlich so beliebt ist, bleibt unerklärt. Es haben sich jetzt einfach alle lieb.

Wertung: 3 von 8 €uro
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